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Spinnen haben die größte Fleischeslust

15. März 2017

Wir werden immerzu daran erinnert, Fleisch und Fisch nur in Maßen zu essen. 400 Millionen Tonnen vertilgt die gesamte Menschheit im Jahr. Darüber können Spinnen nur müde lächeln.

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Springspinne Phidippus mystaceus saugt eine Mücke aus
Diese Springspinne (Phidippus mystaceus) lässt sich eine Mücke schmeckenBild: Peckham Society/D. E. Hill

Alle Spinnen der Welt fressen im Jahr zusammen zwischen 400 und 800 Millionen Tonnen Insekten und andere Kleinsttiere. Das haben Forscher aus der Schweiz, Schweden und Deutschland hochgerechnet. Ein beachtlicher Wert! Denn damit stecken uns die Tierchen in die Tasche. Denn wir Menschen essen jährlich etwa 400 Millionen Tonnen Fleisch und Fisch, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin "The Science of Nature" schreiben.

Spinnen nehmen es sogar mit den größten Säugetieren unseres Planeten auf: den Walen. Sie fressen pro Jahr zwischen 280 und 500 Millionen Tonnen Fische, Kraken, Seehunde, Wasservögel, Krebsen, Algen, Plankton oder Krill. 

Jahrzehntelange Forschung

Um herauszufinden, was und wie viel Spinnen vertilgen, war viele Jahre Forschungsarbeit nötig. Martin Nyffeler von der Universität Basel, Erstautor der Studie, beschäftigt sich seit 40 Jahren mit den Krabbeltieren.

Die neueste Studie beruht auf zwei Berechnungsmethoden. Zum einen wurde mit den bereits vorhandenen Daten die Gesamtspinnenpopulation (25 Millionen Tonnen) in sieben verschiedenen Umgebungen und deren Nahrungsmittelbedarf ermittelt. Dann wurde weiter die durchschnittliche Beute der Spinnen pro Quadratmeter auf Basis bestehender Untersuchungen berechnet. Aus diesen Daten ergab sich dann die Schätzung von 400 bis 800 Millionen Tonnen Insekten pro Jahr.

Infografik Fleischeslust: Wer vertilgt wie viel? DEU Spinnen

Die große Schwankung ist auf die verschiedenen Ökosysteme zurückzuführen, in denen der Beutefang der Tiere stark variieren kann - zum Beispiel in Wüste, Wald, Wiese oder Tropen. "Wenn die Vorhersagen auf Datensätze basieren, muss man diese Abweichung mit einrechnen", so Martin Nyffeler.

Große Vielfalt, große ökologische Bedeutung

Insgesamt gibt es mehr als 45.000 Spezies und Besiedlungsdichten von bis zu 1000 Individuen pro Quadratmeter. Damit gehören die Spinnen zu den artenreichsten und weitverbreitesten räuberischen Tierarten. Allerdings entgehen sie uns oft, da viele nachtaktiv sind oder sich einfach gut in der Vegetation tarnen. Vielen Menschen mag das auch lieber sein.

Dennoch zeigt dieses Ergebnis den Forschern erstmals, welch große ökologische Bedeutung die Tiere als Insektenfresser haben.  

"Durch unsere Berechnungen lässt sich erstmals global quantifizieren, dass Spinnen wichtige natürliche Feinde von Insekten sind. Zusammen mit den übrigen Insektenfressern - wie etwa Ameisen und Vögel - tragen sie dazu bei, die Populationsdichten von Insekten signifikant zu reduzieren", sagt Martin Nyffeler. "Spinnen tragen dadurch wesentlich zur Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes der Natur bei."

Das mache sich besonders in Wäldern und Grasland bemerkbar: Hier töten Spinnen weit mehr Insekten als in den übrigen Habitaten. Zahlreiche Forst- und Graslandschädlinge fallen ihnen hier zum Opfer.

Springspinne Phidippus apacheanus saugt eine Rhododendronzikade Graphocephala coccinea aus
Diese Springspinne (Phidippus apacheanus) saugt gerade eine Rhododendronzikade aus - natürliche Schädlingsbekämpfung!Bild: Peckham Society/D. E. Hill

Entgegen der Erwartungen der Forscher zeigte sich jedoch auch, dass Spinnen kein nennenswerter Feind von Pflanzenschädlingen sind. Dies lasse sich dadurch erklären, dass die intensiv bewirtschafteten Kulturfelder "gestörte Systeme" darstellen. Die ungünstigen Lebensbedingungen sind für die Spinnen nicht sonderlich attraktiv. Auch in Wüstengebieten oder der arktischen Tundra ist die Insektenvertilungsrate der Spinnen gering.

Unsere achtbeinigen Freunde wertschätzen

Also - was lernen wir daraus? Der nächsten Spinne, die uns begegnet, sollten wir etwas mehr Respekt zollen. Zum einen, weil sie und ihre Kumpels womöglich in der Überzahl sind, zum anderen, weil sie alle eine wichtige Rolle in Wald und Wiese übernehmen.

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.