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Der BND und Amerika

Kersten Knipp30. Oktober 2013

Vertreter der US-Geheimdienste werfen ihren deutschen Kollegen vor, in den USA zu spionieren. Deutsche Politiker und Experten finden das abwegig. Und zwar aus mehreren Gründen.

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Der mit einem stilisierten Bundesadler und einem Schild gestaltete Eingangsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach bei München, Aufnahme vom 07.09.2006 (Foto: Robert B. Fishman/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Geheimdienstdirektor James Clapper ging in die Offensive. Während der Anhörung im US-Kongress zu Spionageaktionen gegen befreundete Staaten erklärte er, dass nicht nur die Amerikaner spioniert hätten. Er sei überzeugt, dass auch die Verbündeten der USA spioniert und die nordamerikanischen Geheimdienste oder Spitzenpolitiker ihrerseits ausgekundschaftet hätten. Einem Bericht der "Washington Post" zufolge beschuldigen verschiedene US-Beamte auch den deutschen Bundesnachrichtendienst, in Amerika spioniert zu haben. Demnach habe der Bundesnachrichtendienst (BND) im Jahre 2008 rund 300 US-Bürger überwacht.

Dieser dementierte prompt. "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", erklärte BND-Chef Gerhard Schindler in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit".

BND-Chef Gerhard Schindler, 07.11.2011. (Foto: BMI/Hans-Joachim M. Rickel)
BND-Chef Gerhard Schindler: "Keine deutsche Fernmeldeaufklärung in Washington"Bild: picture-alliance/dpa

Das sieht auch der Publizist und Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom so. Die Vorwürfe aus Washington seien "abwegig", erklärte er im Gespräch mit der DW. "Der BND bekommt seine Aufträge aus dem Kanzleramt. Da gibt es eine politische Auftragsteuerung, und die schreibt bestimmte Kernaufträge fest." Die geheimdienstliche Beobachtung der US-Regierung gehöre nicht zu diesen Kernaufgaben. Diese konzentrierten sich auf ganz andere Bereiche: "Das ist in erster Linie die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Das ist die Beobachtung von Krisengebieten, also gerade im Augenblick Syrien. Das ist die militärische Absicherung von Operationen der Bundeswehr - Stichwort Afghanistan. Das ist die Bekämpfung der organisierten Kriminalität." Zwar erstelle der BND auch Analysen über die Politik von Verbündeten. Aber dabei stütze er sich auf Material aus diplomatischen Quellen und Kanälen, sowie auf Informationen von Partnerdiensten. "Anzunehmen, der BND würde europäische oder transatlantische Verbündete der Bundesrepublik Deutschland ins Visier nehmen, das ist abwegig."

Staatlich genehmigte Spionage

Ähnlich sieht es auch der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, das die deutschen Geheimdienste überwacht. Zutreffend seien die Vorwürfe insofern, als auch der Bundesnachrichtendienst im Ausland Spionage, Ausforschung und Datensammlung betreibe. Das sei auch seine gesetzliche Bestimmung, erklärte er im DW-Interview. Allerdings müsse jede Überwachung in anderen Weltregionen vom parlamentarischen Kontrollgremium genehmigt werden. Es sei allerdings kaum vorstellbar, dass auch gegen die USA gerichtete Spionagetätigkeiten genehmigt würden. Denn der wesentliche Unterschied zwischen NSA und Bundesnachrichtendienst sei ist nicht nur einer von Größe und Kapazitäten. "Er besteht vor allem darin, dass der Bundesnachrichtendienst bisher auf dem Standpunkt gestanden hat - uns jedenfalls immer versichert hat - Freunde spioniere er nicht aus."

Hans-Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter für die Partei Bündnis 90/Die Grünen und und Mitglied des Gremiums spricht am 12.08.2013 im Bundestag (Foto: dpa)
Kontrolleur der Spione: Hans-Christian StröbeleBild: picture-alliance/dpa

Diplomatie statt Spionage

Der Publizist und Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom 04.07.2013. (Foto: imago)
Erich Schmidt-Eenboom: "Spionagevorwürfe sind abwegig"Bild: imago stock&people

In anderen Weltregionen seien die Geheimdienste der Bundesrepublik selbstverständlich aktiv, erklärt Schmidt-Eenboom. "Die Bundesrepublik hat natürlich - nehmen wir den Schwerpunkt Afghanistan - Interesse daran, herauszufinden, was in der Regierung Karsai tatsächlich abläuft. Wir haben dieses Interesse weltweit auf bestimmten Sektoren."

Das heiße allerdings nicht, dass die Bundesrepublik an geheimdienstlichen Erkenntnissen über die USA kein Interesse habe, erklärt Christian Ströbele. Informationen über die Positionen und Strategien von Verhandlungspartnern etwa seien für die strategische Vorbereitung von großer Bedeutung. "Und so freundschaftlich Deutschland mit den USA umgeht, haben beide Staaten etwa bei Verhandlungen über Handelsabkommen wie etwa dem SWIFT-Abkommen unterschiedliche Interessen. Da ist es immer gut, wenn man Bescheid weiß, was die andere Seite im Köcher hat."

Besonders engagiert sei der deutsche Geheimdienst im Hinblick auf Sicherheitsfragen, so Ströbele weiter. Dies gelte derzeit vor allem für Afghanistan. Dort sei derzeit noch die Bundeswehr im Einsatz. Daher hätten nicht nur die Bundeswehr, sondern auch deutsche Diplomaten ein erhebliches Aufklärungsinteresse. Darum gelte: "Solange es Spionage gibt, wird es in diesen Ländern immer legitimiert werden."