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Sprachverwirrung

Janis Vougioukas7. Mai 2007

In Schanghai werden inzwischen selbst Backöfen mit Airbags verkauft - wenn man der Verpackung glauben darf.

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Ich ziehe bald um. Die vergangenen Wochenenden habe ich zum größten Teil in Möbel- und Einrichtungsgeschäften verbracht. Am Sonntag haben wir neue Küchen angeschaut. Das Geschäft warb damit, dass sämtliche Produkte eigentlich für den Export bestimmt seien, in China aber besonders günstig verkauft würden. Um das zu beweisen, waren sämtliche Arbeitsplatten und Regale mit europäischen Fahnen und fremdsprachigen Aufklebern dekoriert. Für die chinesischen Kunden muss tatsächlich alles sehr westlich ausgesehen haben.

Auch ich war anfangs überzeugt. Dann sah ich auf einem Backofen einen großen runden Aufkleber mit der Aufschrift: "Un optional esclusivo scelta intelligene AIRBAG!" Erst überlegte ich, welche Sprache das wohl sei. Dann dachte ich: "Ein Ofen mit Airbag?" Dabei hätte ich wissen müssen, dass ausländische Sprache in China wir dekorative Elemente eingesetzt wird.

Auch Jahre nach der Öffnung Chinas sehen ausländische Buchstaben für die Menschen hier immer noch so rätselhaft aus wie Botschaften aus einer fremden Welt. Viele Firmen versuchen, ihre Produkte mit ausländischen Wörtern und Fantasiemarkennamen aufzuwerten. In meiner alten Straße wirbt ein Elektrohändler mit dem Namen "Simens" - das klingt immerhin international und den meisten Kunden fällt das fehlende "e" gar nicht auf.

Besonders kreativ sind die Immobilienbarone, den den glasfunkelnden Prachtbauten immer absurdere Namen geben. In Schanghai stehen Wohnanlagen, die "Harvard Impression" und "Oriental Rome" heißen. In Peking (wo noch weniger Menschen eine Fremdsprache beherrschen) gibt es sogar ein "Chateau Edinburgh" und ein Wohnblock wirbt mit dem kryptischen Slogan: "Shangri-la is in your mind, but your buffalo is not" - Hauptsache es wirkt irgendwie teuer und importiert.

Das unterhaltsam Blog Riesenmaschine (www.riesenmaschine.de) berichtete kürzlich über chinesische Zahnseide mit dem Namen "Heidelberg", angeblich hergestellt von einer Firma mit dem Namen "Bayerische Gesundheitsideologie GmbH". Selbst Warnschilder sind oft offenbar vor allem aus optischen Erwägungen mit ausländischen Buchstaben dekoriert - so wie das Schild "Danger Landslide Area" neben der Treppe eines Pekinger Restaurants. Weil die dortige Stadtverwaltung fürchtet, sich bei den Olympischen Spielen vor den ausländischen Besuchern zu blamieren, berät der pensionierte amerikanische Armeeoffizier David Tool künftig die Stadtregierung bei Formulierungsfragen.

Doch die Menschen haben schon jetzt jeden Respekt vor dem geschriebenen Wort verloren. Wir Westler sind übrigens nicht besser. Die Website Hanzi Smatter dokumentiert, wie chinesische Schriftzeichen im Westen verballhornt werden. Justin Timberlake, zum Beispiel, spielt in dem sonst nicht weiter beachtenswerten Film "Alpha Dog" einen bedrohlich tätowierten Drogendealer. Auf seinem linken Oberarm prangt ein Kreuz und die zwei Zeichen "liu bing" - übersetzt bedeutet das Schlittschuhfahren.