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"Sprechen Sie Deutsch?"

Hilke Fischer, Washington29. November 2012

Deutsch macht sich gut im Lebenslauf. Aber bessere Karriere-Chancen sind längst nicht die einzige Motivation für US-Amerikaner, an ihren Feierabenden die Schulbank zu drücken.

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Deutsch-Unterricht am Goethe Institut in Washington D.C Datum: 20.11.2012 Autor: Hilke Fischer
Bild: DW/H.Fischer

Deutschunterricht am Goethe Institut in Washington D.C. In dem fensterlosen Klassenraum sitzen acht Erwachsene an ihren Tischen und grübeln über einen Lückentext zum Champions-League-Spiel Bayern gegen Valencia. Schoss Thomas Müller den Ball im Dativ oder im Akkusativ ins Tor? Die jüngste Kursteilnehmerin ist Mitte 20, der älteste weit über 70. Was sie eint ist der Ehrgeiz, Deutsch sprechen zu können - und dafür ihre Abende mit den Tücken der deutschen Grammatik zu verbringen.

Eric Haxthausen ist einer von ihnen. Er arbeitet bei einem deutschen Think Tank. Ein Großteil der Korrespondenz finde auf Deutsch statt, erzählt er. "Deswegen finde ich es sinnvoll, mein Deutsch wieder aufzufrischen und zu verbessern."

Deutsch als Karriere-Helfer

So wie Eric Haxthausen stehen die meisten der jährlich bis zu 700 Deutschlerner am Washingtoner Goethe Institut mitten im Berufsleben, oder unmittelbar davor. Viele Jobs in der Hauptstadt haben einen internationalen Bezug - da zahlen sich Sprachkenntnisse aus, meint Klaus Brodersen. Er leitet die Sprachabteilung des Instituts. Die stärksten Motive, Deutsch zu lernen, hingen mit besseren Berufschancen zusammen: "Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner. Viele lernen Deutsch, um ihren Lebenslauf noch ein bisschen attraktiver zu gestalten."

Klaus Brodersen, Leiter der Sprachabteilung am Goethe Institut in Washington D.C Datum: 20.11.2012 Autor: Hilke Fischer
Klaus Brodersen, Leiter der Sprachabteilung am Goethe Institut in Washington D.CBild: DW/H.Fischer

Die 24-jährige Katie Baxter hat Politik und Internationale Beziehungen studiert. Sie ist sich sicher, dass sie mit ihren Deutschkenntnissen bessere Aussichten auf einen guten Job hat als mit Spanisch oder Französisch: "Es gibt hier nur wenig Menschen, die Deutsch sprechen, das hilft mir sehr. Ich habe einige Jobangebote nur deswegen bekommen."

Exot mit Tradition

Dass Deutsch "etwas Besonderes" ist, hat Katie Baxter schon zu Schulzeiten dazu motiviert, die Sprache zu lernen - ganz unabhängig von Karriere-Gedanken. Als sie die Wahl zwischen Deutsch, Spanisch und Französisch hatte, entschied sie sich für den Exoten: "Ich dachte mir: Deutsch ist cool, Deutsch ist anders", sagt sie. "Als ich 13 war, da war ich in dieser Phase, in der ich immer genau das machen wollte, was sonst keiner macht - deswegen habe ich Deutsch gewählt."

Auch für Eric Haxthausen ist es nicht nur die Karriere bei seinem deutschen Arbeitgeber, weswegen er seine Freizeit im Deutschkurs verbringt: Wie fast jeder vierte US-Amerikaner hat auch der 45-jährige deutsche Vorfahren - und den Wunsch, die eigene Familiengeschichte besser zu verstehen. Seine Urgroßeltern wanderten im späten 19. Jahrhundert nach Texas aus und gründeten dort eine deutsche Zeitung. "Durch dieses Erbe habe ich eben auch eine Verbindung zu Deutschland."

Eric Haxthausen, lernt Deutsch am Goethe Institut in Washington D.C Datum: 20.11.2012 Autor: Hilke Fischer
Viele Deutschlerner hoffen auf einen Karrieresprung.Bild: DW/H.Fischer

Deutschland als zweite Heimat

Als 11-jähriger war Eric Haxthausen zum ersten Mal in Deutschland. Mit seiner Familie lebte er ein halbes Jahr lang in Berlin und ging dort auch zur Schule. Seitdem reist er regelmäßig in das Land seiner Vorfahren.

Auch Katie Baxter hat das Deutschland-Fieber gepackt: Erst lebte sie als Au Pair in München, später studierte sie vier Monate lang in Berlin. "Ich mag Deutschland total gerne", sagt sie und kommt ins Schwärmen: "Ich mag das Essen, ich mag die Kultur, ich mag die Leute." Die Menschen seien viel entspannter als in den USA - und Bars und Discos hätten die ganze Nacht lang geöffnet.

Jetzt will die 24-jährige unbedingt wieder nach Deutschland ziehen. Sie hofft auf einen Job in Berlin - und dafür drückt sie gerne abends im Goethe Institut die Schulbank und füllt Lückentexte aus.