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Germanwings-Copilot flugunfähig

11. Juni 2015

Wie krank war der Copilot, der die Germanwings-Maschine zum Absturz brachte - und wer hätte es merken müssen? Nach Ansicht der Ermittler litt er nicht nur unter Depressionen.

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Staatsanwalt Brice Robin (Mitte) auf der Pressekonferenz in Paris (Foto: STEPHANE DE SAKUTIN/AFP/Getty Images)
Staatsanwalt Brice Robin (Mitte) auf der Pressekonferenz in ParisBild: Getty Images/AFP/S. de Sakutin

Der 27-jährige Copilot der abgestürzten Germanwings-Maschine hat in den vergangenen fünf Jahren 41 verschiedene Mediziner aufgesucht; sieben Arztbesuche lagen im letzten Monat vor dem Absturz. Zu manchen Terminen sei er von seiner Mutter oder seiner Freundin begleitet worden.

Der Copilot sei niedergeschlagen, instabil und psychisch krank gewesen - und damit zum Zeitpunkt des Unglücks flugunfähig, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft Marseille mit. Zuvor hatten sich etwa 200 Angehörige der Opfer in Paris mit Staatsanwalt Brice Robin getroffen, um sich über den Stand der Untersuchungen informieren zu lassen.

"Lichtblitze wie bei Netzhautablösung"

Andreas L. habe befürchtet, sein Augenlicht zu verlieren und dadurch arbeitslos zu werden, so die Ermittler. "Er sah zu 30 Prozent dunkel und hatte Lichtblitze wie bei einer Netzhautablösung", sagte Staatsanwalt Robin. Denkbar sei, dass auch die Sehstörungen auf eine psychische Erkrankung zurückgingen.

Nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" suchte L. noch kurz vor dem Unglücksflug im Internet nach Möglichkeiten, sich Zyankali, rezeptfreies Valium und tödliche Medikamenten-Cocktails zu beschaffen. Dies habe die Auswertung eines seiner Computer ergeben.

Ein Konvoi aus Leichenwagen mit Opfern des Germanwings-Absturzes fährt am 10.06.2015 in Richtung Haltern am See (Foto: dpa)
Leichenwagen-Konvoi auf dem Weg nach Haltern am See, woher 16 Schüler aus der Unglücksmaschine kamen (10.06.)Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung

Der Copilot, der im März an zehn Tagen krankgeschrieben war, habe versucht, seine Probleme zu verheimlichen. Bisher gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Anklage gegen die Fluggesellschaft wegen etwaiger Verletzung der Sorgfaltspflicht. Aufgrund der Verschwiegenheitspflicht der konsultierten Ärzte hätten medizinische Details nicht an den Arbeitgeber des Copiloten übermittelt werden dürfen.

Staatsanwalt Robin kündigte jedoch weitere Ermittlungen auch gegen Germanwings und Lufthansa an. Er werde drei Untersuchungsrichter mit einem Verfahren gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung beauftragen, so Robin.

Vorwürfe gegen Lufthansa-Mediziner

Der Germanwings-Muttergesellschaft Lufthansa war nach dem Unglück vorgehalten worden, den Copiloten womöglich nicht ausreichend medizinisch überprüft zu haben. So wurde die Frage gestellt, warum Lufthansa-Mediziner den Copiloten während seiner Ausbildung 2009 für flugtauglich erklärt hätten, obwohl bekannt gewesen sei, dass er weiterhin psychologisch behandelt werden müsse.

Der Germanwings-Airbus war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen zerschellt. Alle 150 Insassen kamen ums Leben. Den Ermittlungen zufolge hat der Co-Pilot, der schon länger unter Depressionen litt, das Flugzeug absichtlich abstürzen lassen.

jj/stu (dpa, afp)