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Kunst

Jim Rakete: Starfotograf wird 70

Maria John Sánchez
1. Januar 2021

Seit mehr als 50 Jahren porträtiert Jim Rakete Rockstars wie Mick Jagger, Schauspieler und Politiker. Sein Markenzeichen: starke Schwarz-Weiß-Porträts.

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Fotograf Jim Rakete wird 70
Die Berliner Studentenunruhen gaben ihm 1968 den entscheidenden Impuls: Fotograf Jim RaketeBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Seine Fotografien sind eine Retrospektive über 50 Jahre Film, Pop- und Rockmusik und deutsche Politik. Die Portraits zeigen internationale und deutsche Berühmtheiten der Vergangenheit und der Gegenwart - und kommen dabei ohne Glamour, Glitter und spektakuläre Inszenierungen aus.

Jimi Hendrix, David Bowie, Nina Hagen, Natalie Portman - sie alle standen schon vor der Linse von Jim Rakete. Er fotografiert mit Vorliebe in Schwarz-Weiß. In seinen ausdrucksstarken, oft großformatigen Porträts zeigt er die Menschen unverstellt und ganz nah.

Anstoß durch 68er Bewegung 

Geboren wurde Günther Rakete am 1. Januar 1951 in Berlin. Schon früh beschäftigt er sich mit dem Fotografieren. Mit vier Jahren bekommt er seine erste Kamera geschenkt: eine Praktica. Gegen Ende seiner Schulzeit macht Rakete ein Praktikum bei einer Agentur und fängt an, als freier Pressefotograf zu arbeiten. Er wird dadurch zum Chronist einer politischen Revolte, die in Berlin ihren Anfang nimmt.

Proteste 1968 in Berlin: Demonstranten und Fotografen stehen vor einem Wasserwerfer
Studentenproteste 1968 in Berlin - mittendrin Fotografen, die Demos und Polizeieinsätze dokumentierenBild: picture-alliance/dpa

In dieser Zeit - wir befinden uns im Jahr 1968 - protestieren in Berlin tausende Studenten gegen den Vietnamkrieg, die fehlende Auseinandersetzung mit der deutschen Nazi-Vergangenheit, gegen das verstaubte Hochschulwesen und die große Koalition aus den Volksparteien CDU und SPD.

Zusammen mit dem Agenturchef und seinem Lehrmeister, dem Fotografen Ludwig Binder, ist der 17-jährige Rakete bei den Straßenprotesten mittendrin dabei. Jim Rakete, wie er sich später nennt, sieht diesen Zeitpunkt und die Geschehnisse damals als Beginn seiner Berufung. Durch Binder sei er zum Fotografen geworden, sagt er rückblickend.

Chronist der internationalen Musikwelt

Dann aber wendet sich der junge Fotograf der Branche zu, die ihn und seine Portraits später zu Ikonen der Fotografie machen werden: der Musik. Er wird zum Chronisten der deutschen und auch der internationalen Musikszene, die er nicht nur in seinen Fotografien festhält, sondern auch künstlerisch beeinflusst.

Rakete lichtet die Rock- und  Soul-Legenden Mick Jagger, Jimi Hendrix, Ray Charles und David Bowie ab. Und auch für die deutsche Musikszene interessiert er sich. Ab Ende der 1970-er Jahre ist er maßgeblich an der Entstehung der Neuen Deutschen Welle beteiligt: anfangs eine Untergrundbewegung, deren Ursprünge auf die britische Punk- und New-Wave-Musik zurückgeht. Aber mit zunehmender Kommerzialisierung werden Musik und Texte seichter und kommerzieller.

In seiner 1977 gegründeten "Fabrik Rakete", einer von ihm geführten Foto-Agentur, fotografiert und entwirft der Fotograf legendäre Plattencover für die Neue Deutsche Welle-Berühmtheiten Nina Hagen, Nena und Co.. Heute wertvolle Sammlerstücke und Kult. Zwischenzeitlich mischt er auch als Musikmanager mit.

Schwarz-Weiß Porträt von Schauspielerin Birgit Minichmayr: Sie stütz ihren Kopf auf ihrem Arm ab und schaut in die Kamera. Davor Musesumsbesucherinnen
Zahlreiche Schauspieler wurden von Jim Rakete abgelichtet - hier Birgit MinichmayrBild: Hans Klaus Techt/APA/picture alliance

Auf Augenhöhe mit Polit-Stars

Ab den späten 1980-er Jahren widmet sich Jim Rakete - inzwischen ein etablierter Name in der internationalen Fotoszene - mehr dem Fotografieren von prominenten Schauspielern: Jürgen Vogel, Til Schweiger, Natalie Portman und Meret Becker, um nur einige zu nennen. Und er dreht Musikvideos und künstlerische Werbespots.

Sogar die offizielle Politik hält Einzug in sein fotografisches Werk: Politiker wie Altbundeskanzler Gerhard Schröder und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lassen sich von Jim Rakete ablichten. Dass er 2018 den Verdienstorden der Bundesrepublik verliehen bekommt, ist Rakete eher etwas peinlich. Im Herzen ist er immer noch Punk.

Cover des Bildbandes "1/8. sec": Schwarz-Weiß-Nahaufname von Schauspielerin Jana Pallaske
Cover des Bildbandes "1/8. sec" mit Schauspielerin Jana Pallaske

Seine Liebe zur analogen Fotografie hat sich Jim Rakete all die Jahre erhalten. Für seinen Werkzyklus "1/8 sec. - Vertraute Fremde", der 2007 veröffentlicht wurde und als Fotoband erschien, fotografierte er mit ganz altmodischer Technik: mit einer riesigen Linhof-Plattenkamera.

Die Belichtungszeit, 1/8 Sekunde, ist für die heutigen digitalen Verhältnisse relativ lang. Die Folge: Zeit und  Bewegung stehen quasi eine Zeit lang still. Dieser Moment wird auf den Bildern festgehalten und sorgt für die ganz besondere Ästhetik.

Der Filmemacher: Doku "Now"

Die Vorliebe für altmodische Technik bedeutet aber nicht, dass Jim Rakete Neuem gegenüber abgeneigt ist. Und so hat er ganz aktuell ein neues Medium für sich ausprobiert: den Kinofilm.

Sein Dokumentarfilm "Now", der im Frühjahr 2021 in die Kinos kommt, porträtiert eine Generation, die für den Klimaschutz und einen nachhaltigen Planeten kämpft. Für den Film traf er junge Aktivisten, die für die "Generation Greta" stehen, unter anderem Luisa Neubauer von "Fridays for Future" und Nike Mahlhaus von der Anti-Atom- und Anti-Kohlekraft-Bewegung "Ende Gelände".

Ein paar von seinen alten Freunden und Weggenossen sind auch dabei, wie der Regisseur und Fotograf Wim Wenders."In meinem Leben ist dieser Film eine Pointe", erklärt Rakete in einem aktuellen Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. "Ich bin ja mal Fotograf geworden in der 68er Revolte, und habe dafür auch die Schule sausen lassen. Und nun schließt sich ein Kreis."

Maria John Sánchez Autorin