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Start ins EM-Jahr durch Terror getrübt

22. März 2016

Die Vorbereitung der Nationalmannschaft auf die ersten Länderspiele nach der schlimmen Nacht von Paris werden gleich wieder vom Terror überlagert. Wird die Sorge um die Sicherheit zum ständigen Begleiter Richtung EM?

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Oliver Bierhoff vor dem Grand Hyatt Hotel in Berlin (Foto: Kay Nietfeld/dpa picture-alliance/dpa/K.Nietfeld)
Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Vor dem Start der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in das EM-Jahr wird das Sportliche nach den Terroranschlägen in Brüssel erneut vom Thema Sicherheit verdrängt. "Wir werden uns natürlich als Sportliche Leitung zusammensetzen und überlegen, wie wir damit auf die Mannschaft zugehen", sagte Teammanager Oliver Bierhoff am Dienstag nach seiner Ankunft am DFB-Quartier in Berlin. Man müsse sehen, wie jeder einzelne Spieler auf die Ereignisse reagiere. Vor dem Treffpunkt der 26 von Bundestrainer Joachim Löw für die Länderspiele gegen England (26. März, 20:45 Uhr MEZ) und Italien (29. März, 20:45 Uhr MESZ) nominierten Akteure wurde die Polizeipräsenz rund um das DFB-Teamhotel sichtbar erhöht.

"Es wird mit Sicherheit ein Thema sein, das die Spieler nach den Ereignissen von Paris auch beschäftigen wird", sagte Bierhoff in Erinnerung an das von Anschlägen überschattete Länderspiel der deutschen Mannschaft im vergangenen November gegen EM-Gastgeber Frankreich. "Wenn man selbst beteiligt war, weiß man, wie es den Leuten in Brüssel jetzt geht", sagte Weltmeister Shkodran Mustafi. "Ich glaube, jeder Mensch hat Angst. Man muss lernen, mit dieser Angst umzugehen", sagte der 23 Jahre alte Abwehrspieler, der beim FC Valencia unter Vertrag steht. "Man kann sich nicht verstecken, man kann nicht sein ganzes Leben ändern", sagte Lukas Podolski nach der Ankunft am Hotel. Der Profi von Galatasaray Istanbul sah sich zuletzt in der Türkei bei Anschlägen in Ankara und Istanbul erneut mit dem Terror konfrontiert.

Schlimme Erinnerungen an Paris

"Das ist jetzt eine schwierige Situation", sagte Podolski zur Lage in seiner aktuellen Wahlheimat Istanbul. Beim Länderspiel der DFB-Auswahl im vergangenen November in Paris gegen Frankreich waren bei mehreren Terrorakten 130 Menschen getötet worden. Auch das Stade de France war damals Ziel der Terroristen gewesen. Außerhalb kam es damals zu Explosionen.

Frankreich Terror in Paris Stade de France, Zuschauer auf dem Rasen (Foto: picture-alliance/dpa/Revierfoto)
Wegen der Explosionen rund um das Stade de France begaben sich die Zuschauer nach Abpfiff auf dem RasenBild: picture-alliance/dpa/Revierfoto

Das DFB-Team um Kapitän Bastian Schweinsteiger verbrachte im November die komplette Nacht nach dem Freundschaftsspiel im EM-Endspielstadion. Das anschließende Länderspiel in Hannover gegen die Niederlande musste kurz vor Anpfiff wegen Sicherheitsbedenken abgesagt werden. "Es ist ein Thema, das uns in den letzten Wochen und Monaten immer wieder trifft und beschäftigt", sagte Bierhoff zur Terrorgefahr: "Und es beschäftigt uns natürlich auch in der Vorbereitung auf die Europameisterschaft."

Die DFB-Auswahl wird im Juni beim Turnier in Frankreich bereits zu zwei Gruppenspielen nach Paris zurückkehren. Bierhoff setzt Vertrauen in die verschiedenen Sicherheitsbehörden. Der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Hendrik Große-Lefert, mache alles Mögliche. Das gelte für die anstehenden Länderspiele ebenso wie für die Vorbereitung auf die Europameisterschaft. Man versuche, alles auszuschließen, aber das sei nicht immer möglich, sagte Bierhoff. "Aber muss die besten Voraussetzungen schaffen, dass nichts passieren kann."

Viele junge Spieler

Sportlich stehen mit den Tests gegen England und Italien zwei hochkarätige Spiele an, bei denen vor allem die vielen jungen Spieler im Kader die Möglichkeit bekommen sollen, sich zu zeigen. Mit Verteidiger Jonathan Tah von Bayer 04 Leverkusen ist ein echter Neuling dabei. Außerdem hat Joachim Löw vier Torhüter nominiert. Möglicherweise werden alle vier, Manuel Neuer, Kevin Trapp, Marc-André ter Stegen und Bernd Leno jeweils eine Halbzeit lang im Tor stehen. Gar nicht erst nach Berlin angereist ist Max Kruse, der dort am Wochenende noch in einer Diskothek seinen Geburtstag gefeiert hatte. Der Wolfsburger Angreifer war am Montag von Löw wegen wiederholter Disziplinlosigkeiten aus dem Kader gestrichen worden und wird zumindest die Länderspiele gegen England und Italien verpassen. Kruse hatte in einem Club seinen Geburtstag gefeiert und war beim Tanzen von einer Frau mit dem Handy fotografiert worden. Er nahm ihr das Handy ab und löschte die Fotos. Hinterher stellte sich heraus, dass die Frau eine Reporterin der "Bild"-Zeitung ist.

Bierhoff: "Kruse hat Bogen überspannt"

Teammanager Bierhoff bezeichnete Kruses Suspendierung als unbedingt erforderlich. "Irgendwie hatten wir aufgrund der Anhäufung der Geschichten nicht den Eindruck, dass es das richtige Zeichen wäre, wenn er hier dabei ist", sagte Bierhoff. Kruses Chancen auf eine EM-Teilnahme tendieren gegen Null, auch wenn Bierhoff den Spieler nicht verdammen wollte: "Deshalb muss man jetzt nicht den Stab über ihn brechen. Aber es war nicht das Verhalten, das für einen Nationalspieler, der sich auf die EM vorbereitet, richtig war." Bierhoff sprach von "einer Ansammlung von Punkten", auf die die Sportliche Leitung um Bundestrainer Joachim Löw reagiert habe.

Joachim Löw mit Max Kruse beim Training der Nationalmannschaft (Foto: picture-alliance/dpa/M.Brandt)
So bald wird Max Kruse (l.) wohl nicht zur Nationalmannschaft zurückkehrenBild: picture-alliance/dpa/M.Brandt

"Wir haben gesagt - gerade nach dem Gespräch von Jogi Löw mit Max Kruse vergangene Woche - jetzt ist irgendwie der Bogen überspannt. Das kann man so nicht durchgehen lassen", sagte Bierhoff. "Unsere Verhaltensregeln haben wir ja. Die Werte, für die wir stehen, sind auch ganz wichtig." Eine EM und die Vorbereitung darauf beginne "schon Wochen und Monate vor dem eigentlichen Start", betonte Bierhoff. Dazu zähle auch ein entsprechendes Verhalten in der Öffentlichkeit. "Aufgrund der ganzen Handykameras und der Öffentlichkeit ist es manchmal schwieriger, aber darauf muss man sich einstellen und sich entsprechend verhalten." Zudem müsse man als Spitzensportler auch privat entsprechend leben, um Topleistungen bringen zu können. "Das verlangen wir gerade auch im Bezug auf solche wichtige Spiele wie jetzt gegen England und Italien."

asz/to (dpa, sid)