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Stichwort: Transitzone

Andreas Gorzewski2. November 2015

Um den Flüchtlingsstrom zu kanalisieren, wollen CDU und CSU Transitzonen für Flüchtlinge errichten. Der Koalitionspartner SPD lehnt das ab und schlägt dafür "Einreisezentren" vor. Welche Grundlage haben diese Pläne?

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Flüchtlingsunterkunft an der deutsch-österreichischen Grenze - Foto: Daniel Scharinger (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Scharinger

Um die anhaltend hohen Flüchtlingszahlen in den Griff zu bekommen, setzen Politiker der Regierungsparteien CDU und CSU auf die Einrichtung von Transitzonen. In möglichst grenznahen Einrichtungen sollen diejenigen herausgefiltert werden, die keine nennenswerte Chance auf Asyl in Deutschland haben. Wer etwa aus einem Balkanstaat kommt, soll direkt zurückgeschickt werden. Das soll die überfüllten Aufnahme-Einrichtungen entlasten. Außerdem werde der Bearbeitungsstau beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geringer, wenn die Zahl der Neuanträge auf Asyl sinke - so die Hoffnung der Befürworter der Transitzonen.

Auch der Koalitionspartner SPD möchte die Verfahren beschleunigen. Allerdings favorisieren die Sozialdemokraten die Einrichtung von dezentralen Einreisezentren. Die Flüchtlinge wären damit schon auf deutschem Boden, um registriert zu werden. Und sie könnten diese Einreisezentren - anders als Transitzonen - jederzeit verlassen.

Als Vorbild für die von den Unionsparteien geplanten Transitzonen dient in kleinem Maßstab das an deutschen Flughäfen übliche Verfahren. Grundlage dafür ist Paragraf 18a des Asylverfahrensgesetzes. Wer ohne Papiere oder mit gefälschtem Ausweis landet und Asyl beantragen will, wird zunächst im Transitbereich des Flughafens festgehalten. Das gilt auch für Flüchtlinge aus den als sicher eingestuften Drittstaaten. Dazu gehören unter anderen das Kosovo, Mazedonien, Serbien, Albanien und Montenegro.

Entscheidung binnen Tagen

Am Airport wird innerhalb weniger Tagen entschieden, ob die Schutzsuchenden direkt wieder zurückgeschickt werden oder ob sie Asyl erhalten können. Dabei dürfen sie die zugewiesenen Räumlichkeiten am Flughafen nicht verlassen. Sie gelten faktisch als noch nicht eingereist. Oft langwierige Asylverfahren sollen so vermieden werden. Außerdem wird eine Rückführung unkomplizierter, wenn ein abgelehnter Bewerber bereits am Flughafen ist. Allerdings betraf das in den vergangenen zehn Jahren jeweils nur einige Hundert Menschen jährlich. Im Jahr 2014 waren es insgesamt 643 Personen.

Flüchtlinge werden am 25.09.2015 in Berlin registirert - Foto: J. Heinrich (Imago)
Aufnahmezentrum in Berlin: Transitzonen sollen helfen, die langen Flüchtlingsschlangen zu verkürzenBild: Imago/J. Heinrich

In Transitzonen an den deutschen Grenzen müssten dagegen Zehntausende Fälle in Schnellverfahren abgearbeitet werden. Ob dabei tatsächlich ein erheblicher Teil der ankommenden Menschen direkt wieder in einen Bus, Zug oder ein Flugzeug zurück in die Heimat gesetzt werden kann, ist fraglich. Die Zahl der Flüchtlinge aus den als sicher eingestuften Balkanstaaten ist zwar noch hoch, doch andere Staaten wie Afghanistan rücken immer mehr in den Vordergrund. Die meisten Schutzsuchenden kommen ohnehin seit langem aus dem Bürgerkriegsland Syrien und erhalten meist Asyl.

Noch aus einem weiteren Grund könnten Transitzonen die hoch gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. An der langen deutschen Grenze wäre es für Flüchtlinge leicht, die Zonen zu umgehen und sich erst weiter im Inland bei den Behörden zu melden.

EU-Richtlinien unklar

Die aktuellen Überlegungen für Transitzonen beruhen unter anderem auf der EU-Richtlinie zum Asylverfahren von 2013. Demnach dürfen die Mitgliedstaaten solche Zonen grundsätzlich einrichten. Allerdings finden sich in der umfangreichen Richtlinie keine Details, wie diese konkret auszusehen haben. Der Text lässt viel Spielraum für Interpretationen. Als Ungarn seine Grenzen immer weiter abschottete, richtete es ebenfalls Transitzonen ein, bei denen es mehrfach zu Tumulten kam.

Die EU-Richtlinien zielen vor allem auf Transitzonen an den Außengrenzen der Gemeinschaft ab. Zwischen Mitgliedstaaten - wie zwischen Deutschland und Österreich - wären sie ein Novum. Die EU-Kommission in Brüssel betont, dass solche Einrichtungen nach EU-Recht nur im Ausnahmefall und zeitlich begrenzt denkbar sind. Ein Ausnahmefall wäre etwa eine Gefahr für die innere Sicherheit. Ob solch eine Gefahr vorliegt, ist zwischen den politischen Lagern umstritten.

Transitzonen, in denen über Weiter- oder Rückreise der Flüchtlinge entschieden wird, wären jedoch nur in Verbindung mit erneuten Grenzkontrollen sinnvoll. Nach den Abkommen des Schengen-Raums, zu dem fast die gesamte EU gehört, sind solche Kontrollen nur in Ausnahmefällen zulässig. Sie müssen außerdem nach zwei Monaten enden. Zwar kann die Frist auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Dann müsste jedoch die EU-Kommission zustimmen.