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Still und leise ...

Jens Thurau27. September 2002

Die Tage nach einer Wahl sind immer Tage des Neubeginns und des Abschieds, der Abrechnungen und der neuen Bündnisse. Dann wird, wie DW-Korrespondent Jens Thurau meint, auch einiges deutlich.

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Zum Beispiel, dass die Politik ein herzloses Geschäft ist, dass die Medien schnelllebig und die Helden von gestern heute schon keine Kameraschwenks mehr wert sind.

Hier nur eine kleine Liste: Christine Bergmann war vor vier Jahren eine wichtige Figur für die ostdeutschen Sozialdemokraten, jetzt legt sie ihre Ministerfunktion still und leise nieder, keiner weint ihr eine Träne nach. Herta Däubler-Gmelin hat ihren Wahlkreis verloren und ihr Ministeramt. Unbemerkt schleicht auch der Bundestagsabgeordnete Rudolf Scharping durch den Reichstag, niemanden interessiert, ob und wohin er demnächst fliegen wird. Und am Dienstag nach der Bundestagswahl fand die traditionelle gemeinsame Sitzung von alter und neuer Unions-Fraktion statt. Norbert Blüm nahm dabei zum letzten Mal an einer Sitzung im Bundestag teil, Rita Süßmuth auch. Ach ja, und wenigstens einige Blitzlichter zuckten auf, als ein massiger Mann den Reichstag verließ: Helmut Kohl verabschiedete sich in den Ruhestand.

Einige verschwinden fürs erste in der zweiten Reihe, kommen aber vielleicht noch einmal wieder. Friedrich Merz musste Platz machen an der Unions-Fraktionsspitze für Angela Merkel – und seitdem redet er offener als alle anderen über seine Partei und das Wahlergebnis. Wir hatten keine Strategie, meint er nun, wir haben klar verlorenen, die Union hat vor allem jungen Großstädtern fast nichts mehr zu sagen.

So ungefähr muss man das machen, wenn man abgeschoben wird und um Aufmerksamkeit buhlen muss. Beim nächsten Mal will Merz offenbar nicht zu denjenigen gehören, auf die sich kein Kamera mehr richtet.