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Stoßgebete nach Zorneding

Theresa Krinninger7. März 2016

Zorneding ist eine 9000-Seelen-Gemeinde in Oberbayern. Sie hat einen schwarzen Pfarrer, der nach rassistischen Beleidigungen und Morddrohungen zurücktritt. Afrikanische Priester in Deutschland erleben aber auch anderes.

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Bayern Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende
Bild: picture-alliance/dpa/S.Rossmann

Beschimpfungen, Schmähmails und sogar Morddrohungen - das musste sich der kongolesische Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende in der oberbayerischen Gemeinde bei München gefallen lassen. Jetzt wurde es ihm zu viel. Er verlässt den Ort, in dem er seit 2012 als Pfarrer tätig war. Ab April nimmt er einen neuen priesterlichen Dienst an. Sein künftiger Einsatzort steht noch nicht fest.

Tshiende fühlte sich zu Beginn sehr freundlich von der Gemeinde aufgenommen. Im Herbst 2015 kippte dann die Stimmung. Auslöser war eine Bemerkung der CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher. Sie hatte sich abfällig über ankommende Flüchtlinge in Bayern geäußert.

Daraufhin distanzierte sich der Pfarrer öffentlich von den flüchtlingsfeindlichen Aussagen der Lokalpolitikerin und stand von nun an am Pranger. Der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Johan Heindl nannte den Geistlichen einen 'Neger'. "Das hat mich bestürzt und tief verletzt", sagte Tshiende dem Bayerischen Rundfunk im November. Schockierend sei auch gewesen, dass die Äußerung von einem Glaubensbruder kam. Boher und Heindl traten später auf Druck der Parteispitze zurück. Die Abfolge der Ereignisse löste eine Hetzkampagne gegen den Pfarrer aus.

Zorneding bleibt eine Ausnahme

"Es wäre dramatisch gewesen, wenn das von der ganzen Gemeinde ausgegangen wäre", sagt der katholische Pater Dismas Iyakaremye aus Ruanda. Er lebt seit zwanzig Jahren in Deutschland. Seit 2006 ist er zuständig für die französischsprachige Glaubensgemeinde im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg. Fremdenfeindlichkeit habe er in all den Jahren aber noch nie erlebt.

Symbolbild Priesterweihe christliche Theologie
Seine Gemeinde steht hinter TshiendeBild: picture-alliance/dpa

"Wenn Tshiende sich bedroht fühlt, dann gibt es keine andere Lösung als einen Ortswechsel", sagt Iyakaremye im DW-Gespräch. Nun müsse das Erzbistum einschreiten und das Gespräch mit den CSU-Politikern suchen. Außerdem müsse öffentlich klargestellt werden, dass die Merheit der Gemeinde schockiert sei und hinter dem Pfarrer stehe.

Der nigerianische Pfarrer Stephen Oranuba kümmert sich um Bonns internationale Christengemeinde. Bislang hat auch er noch keine negativen Erfahrungen in Deutschland gemacht. "Und wenn mal etwas vorkam, war es ein Missverständnis, das wir schnell wieder klären konnten", sagt er im DW-Interview. Die Erfahrungen, die andere afrikanische Priester mit ihm teilten, seien sehr unterschiedlich. "An manchen Orten akzeptieren die Gemeinden ihren ausländischen Priester sehr schnell. Anderswo machen es ihnen die Leute aber schwieriger. Das ist besonders belastend, vor allem wenn man ohne seine Freunde und Familie weit weg von der Heimat ist."

Tshiende studierte bereits in den 1990er Jahren in München und ist nach einer zwischenzeitlichen Rückkehr in seine Heimat seit 2005 als Seelsorger im Erzbistum tätig. Inzwischen ist er auch deutscher Staatsbürger.

Rückhalt im Netz

Der Pfarrer war in seiner Gemeinde beliebt. Das zeigen deutlich die Kommentare in den sozialen Medien.

Screenshot Facebook Ebersberberger Zeitung
Eine Welle der Empörung rollt durch die sozialen MedienBild: Screenshot Facebook

Auch die bayrischen Landtagsgrünen melden sich zu Wort. Sie fordern von der CSU, das Schweigen zu brechen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause forderte CSU-Parteichef Horst Seehofer auf, dem Pfarrer durch einen Besuch vor Ort öffentlich beizustehen. Die CSU-Spitze müsse sich nun klar gegen fremdenfeindliche Hetze positionieren. Der Auslöser sei "eine abstoßende, rassistisch motivierte Privatfehde von CSU-Funktionären mit dem Geistlichen" gewesen, so Bause.

Das Erzbistum München und Freising teilte in einer Pressemitteilung mit, dass es Tshiendes Entscheidung sehr bedaure. Es träge diese aber mit und stehe an der Seite des Pfarrers." Der Pressesprecher des Münchner Erzbistums, Bernhard Kellner, sagte der katholischen Nachrichtenagentur, dass ihm bislang kein weiterer solcher Fall bekannt sei.

Das Bamberger Erzbistum hingegen reagierte entrüstet. Auf Twitter betitelte es den Zornedinger Skandal als "Trauerspiel":

Aktuelle Zahlen darüber, wie viele ausländische Priester in der katholischen Kirche in Deutschland tätig sind, gibt es derzeit nicht. Die Universität Münster geht etwa von 1.300 Geistlichen aus. Nach indischen und polnischen Priestern bilden Afrikaner mit 11,8 Prozent die drittgrößte Gruppe.