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Schumis Saisonbilanz

14. November 2010

Ein Rekordsieger als Statist: Vorne mitfahren konnte Michael Schumacher in seiner Formel-1-Comeback-Saison nicht. Sein Auto war nicht gut genug, seine Fahrkünste auch (noch) nicht.

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Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher bei Rennvorbereitungen in Bahrain (AP Photo/Luca Bruno)
Schumachers Saisonbilanz: Mittelfeld statt TitelkampfBild: AP
Michael Schumacher neben FIA-Präsident Jean Todt Foto: Jens Kalaene dpa/lbn
Titeljäger Schumacher im Smoking statt im RennanzugBild: picture alliance/dpa

Im edlen Smoking nahm Michael Schumacher Anfang November aus den Händen Jean Todts, des Präsidenten des Automobil-Weltverbands FIA, den Titel 2010 in Empfang. Der hatte allerdings nur wenig mit der Formel-1-WM zu tun: "Mann des Jahres" in der Kategorie Sport, der Preis eines deutschen Lifestylemagazins. In der Laudatio tauchte allerdings ein Satz auf, der den Bogen zum Sport schlug: Schumacher erhielt den Preis "für seinen epischen Mut zum Comeback." Es war jedoch ein Comeback, dass sich der Rekordrennfahrer etwas anders vorgestellt hatte.

Drei Jahre Pause fordern Tribut

"Es war ein viel härteres Jahr, als wir erwartet haben", sagte Schumacher. Dieser Satz hat wohl zwei Dimensionen. Zum einen war Schumachers Dienstwagen, der Mercedes-Silberpfeil, in diesem Jahr nicht titeltauglich. Erstmals seit 55 Jahren waren die Schwaben als reines Werksteam in die Saison gegangen, aber selbst viel Geld, Erfahrung und der angeworbene Weltmeister-Teamchef Ross Brawn konnten den Rückstand des neu formierten Teams zur Konkurrenz nicht schließen. Zum anderen wurden Schumachers fahrerische Defizite offenkundig. Nach drei Jahren Rennpause hatte der siebenfache Weltmeister Mühe, seine Form zu finden.

Vom jungen Teamkollegen in Schach gehalten

Nico Rosberg in seinem Silberpfeil beim Training zum GP in Ungarn (AP Photo/Armando Franca)
Teamkollege Rosberg war meist schnellerBild: AP

"Ich brauchte Zeit, um die feinen Details zu lernen", kommentierte Schumacher selbstkritisch, "das hat länger gedauert als erwartet." Mit seinem schon fast mythischen Ruf als Rennfahrer hatte der 41-Jährige zu Beginn der Saison seinen Teamkollegen Nico Rosberg zumindest medial in den Schatten gestellt. Fragen nach der Hackordnung im Team wurden laut. Auf der Rennstrecke aber war der 25-jährige Rosberg konstant schneller unterwegs und verdiente sich so den Respekt des Altmeisters. "Ich schätze Nicos Leistung hoch ein", sagte Schumacher nach dem vorletzten Saisonrennen in Brasilien. Er ließ Rosberg in Sao Paulo sogar freiwillig vorbeifahren, weil sein Teamkollege die besseren Reifen hatte.

Ohne Top-Platzierung, aber konstant im Ziel

Schumacher selbst schrammte dreimal knapp am Podium vorbei: in Spanien, der Türkei und Südkorea wurde er Vierter. Das waren die besten Platzierungen der Saison. Der Rest liest sich aus Sicht des Rekordweltmeisters eher trostlos: Plätze im Mittelfeld, manchmal wurde er sogar überrundet. Für Schumachers Erfahrung spricht, dass er trotz manch harten Manövers fast immer ins Ziel kam. Nur beim Grand Prix von Malaysia schied er aufgrund einer defekten Radmutter vorzeitig aus. Wegen seines aggressiven Fahrstils geriet Schumacher auch in dieser Saison ins Visier der Rennkommissare. Sie pfiffen ihn zurück, nachdem er in Monaco wenige Meter vor dem Ziel den völlig verdutzten Ferrari-Piloten Fernando Alonso während einer Safety-Car-Phase überholt hatte. Eine Aktion, die noch als kalkulierte Attacke gegen einen ungeliebten Konkurrenten aus früheren Tagen durchgehen konnte. In Ungarn aber überspannte Schumacher den Bogen: Im Kampf um den zehnten Platz drängte er seinen ehemaligen Ferrari-Teamkollegen Rubens Barrichello bei knapp 300 Stundenkilometern fast an die Begrenzungsmauer. Nur Zentimeter fehlten zum Crash. Schumacher wurde im darauffolgenden Rennen um zehn Startplätze zurückgestuft - und entschuldigte sich.

Mit neuem Auto gute Hoffnung für 2011

Mercedes Teamchef Ross Brawn mit Kopfhörer im Kommandostand (AP Photo/Luca Bruno, Pool)
Teamchef Brawn und Schumacher setzen auf 2011Bild: AP

Michael Schumacher hat die Saison mit 72 Punkten auf Platz neun der Fahrerwertung beendet. Er nahm es mit der Gelassenheit eines Rekordchampions. Mit ungebrochenem Ehrgeiz will er im kommenden Jahr angreifen. Und es spricht einiges dafür, dass er dann weiter vorne mitfahren kann. Nach dem enttäuschenden Saisonstart konnte sich das Team von Mercedes GP schon früh darum kümmern, ein neues Auto für 2011 zu entwickeln. Mit dieser Strategie war Teamchef Ross Brawn schon einmal erfolgreich. "Ich habe das immer als Langfristprojekt gesehen", ließ Schumacher verlauten. Bei Ferrari habe es fünf Jahre bis zum ersten Titel gedauert. Bei Mercedes hoffe er, es schneller zu schaffen. Michael Schumachers Vertrag läuft bis Ende 2012 – Zeit genug, noch einmal den "richtigen" Titel als Formel-1-Weltmeister zu holen.

Autor: Jens Krepela/sid/dpa
Redaktion: Wolfgang van Kann