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Verordnete Konjunktur

Andrea Grunau25. November 2008

Nach den Banken-Rettungsplänen jetzt die Konjunkturprogramme. Das Signal dazu setzte schon der Weltfinanzgipfel Mitte November in Washington. Jeder Staat geht dabei eigene Wege - und doch ähneln sich die Rezepte.

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Gerüste und Baukräne vor einem Hochhaus in der Innenstadt Pekings
Bauen, was das Zeug hält - so wollen viele Staaten der Wirtschaft auf die Sprünge helfenBild: picture-alliance/ dpa

Barack Obama hat einen aggressiven Plan zur Wirtschaftsbelebung angekündigt. Die Zeit drängt: Am 20. Januar 2009 übernimmt er von Präsident George W. Bush die Verantwortung für die massiv kriselnde US-Wirtschaft. Während Bush eher gelassen auf die Rezessionssorgen reagierte und sagte, die USA würden auch diese Krise überstehen, sieht Obama sich unter Zeitdruck gesetzt: "Wenn wir nicht schnell und entschlossen handeln, davon gehen Experten aus, werden wir nächstes Jahr Millionen Jobs verlieren."

Bauen und Steuern senken - wer soll das bezahlen?

Konjunkturprogramm USA Strassenbau Baustellenschild in Kalifornien
Von wegen Hindernis: Baustellen sollen die US-Wirtschaft in Fahrt bringenBild: picture-alliance/ dpa

Zweieinhalb Millionen Arbeitsplätze will Obama schaffen und erhalten, das ist sein Ziel. Er will Straßen und Brücken erneuern, Schulen modernisieren und in alternative Technologien des 21. Jahrhunderts investieren. Der Automobilindustrie will er helfen, verlangt dafür aber Wettbewerbskonzepte. Steuern will Obama senken, nur Spitzenverdiener sollen ausgenommen werden.

Was das alles kosten soll und wie er es bezahlen will, darüber schweigt Obama. Sein Wirtschaftsteam soll Konzepte dafür ausarbeiten. In der US-Presse kursieren Schätzungen von 500 oder gar 700 Milliarden US-Dollar. Auf jeden Fall eilt die Sache.

Wieviel Schulden verträgt Großbritannien?

Sofort Geld in die Wirtschaft stecken, diese Devise gab auch die britische Regierung aus. Dafür nimmt sie eine drastische Erhöhung der Staatsverschuldung in Kauf. Das britische Konjunkturpaket soll 24 Milliarden Euro kosten. Neue Einkünfte versprechen nur eine Reichensteuer und neue Abgaben auf Alkohol, Tabak und Benzin. Die Verbraucher sollen entlastet werden.

Als Finanzminister Alistair Darling vor dem Unterhaus in London erklärte, er wolle die Mehrwertsteuer bis Ende nächsten Jahres von 17,5 Prozent auf 15 Prozent senken, erntete er laute Buh-Rufe. Mit dem riesigen Schuldenberg werde das Land an den Rand des Bankrotts gebracht, kritisierte die konservative Opposition. Tatsächlich soll die Staatsverschuldung sich im Jahr 2008 verdoppeln und auch 2009 noch einmal kräftig ansteigen.

Kleiner als erhofft: Sarkozys Staatsfonds

French President Nicolas Sarkozy speaks during a meeting organized by Paris Europlace on ?Strengthening the Contribution of Finance to Sustainable Development? at the Economy University Paris Dauphine, in Paris, France, 24 November 2008. European commission President Jose Manuel Barroso attempts the meeting too. EPA/YOAN VALAT +++(c) dpa - Report+++
Präsident Sarkozy fordert europäische Wege aus der KriseBild: picture-alliance / dpa

Die europäischen Nachbarn auf dem Festland reagierten höflich: Eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer sei vielleicht für manche Länder eine Antwort, aber für Deutschland und Frankreich eigentlich nicht, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy stimmte zu. Er hat immer wieder auf europäische Konjunkturmaßnahmen gedrängt. In Frankreich selbst wollte Sarkozy eigentlich 100 Milliarden Euro zur Stützung der Konjunktur investieren. Doch das Geld reichte nicht: Der Staatsfonds muss wohl mit 20 Milliarden Euro auskommen. Das Geld soll den französischen Mittelstand stabilisieren und französische Konzerne vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland schützen. Sarkozy fürchtet Interessenten aus Russland, den Golfstaaten oder China.

Weltbank lobt chinesische Konjunkturpolitik

China hatte schon vor dem Weltfinanzgipfel ein Konjunkturpaket in Rekordhöhe verabschiedet, um die Exportverluste aufzufangen. Mit umgerechnet 470 Milliarden Euro soll die Binnenwirtschaft angekurbelt werden - durch den Bau neuer Straßen und Wohnungen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Mehrausgaben für Gesundheit und Bildung. Zusätzlich wurden mehrmals die Zinsen gesenkt, Verwaltungsgebühren gestrichen und Zölle gekürzt.

Trotzdem hat die Weltbank die Prognose für das chinesische Wirtschaftswachstum im Jahr 2009 von 9,2 auf 7,5 Prozent gesenkt. Weltbank-Ökonom Louis Kuijs benennt die Probleme, findet aber auch lobende Worte: "Eine schwache Außenwirtschaft und eine wirklich schwache private Nachfrage - aber die Regierung greift ein und versucht alles zu tun, um das Wachstum auf einer vernünftigen Höhe zu halten."

Wer die Krise überwinden will, braucht Geduld

Auch wenn Konjunkturprogramme gerade richtig Konjunktur haben, warnen doch viele vor überzogenen Erwartungen an ein schnelles Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise. So auch der designierte US-Präsident Obama: "Es gibt weder Abkürzungen noch schnelle Lösungen für diese Krise, die über viele Jahre entstanden ist. Es wird wahrscheinlich erst mal schlimmer werden, bevor sich die Wirtschaft wieder richtig erholt."