1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Strandurlaub im Krisenland

Wulf Wilde12. Juli 2013

Trotz einer Teilreisewarnung des Auswärtigen Amtes für Ägypten: Die deutsche Reisebranche glaubt nicht an ein Ende des Tourismusbooms in dem krisengeschüttelten Land. Ein Veranstalter baut sein Angebot sogar aus.

https://p.dw.com/p/196TE
Tourist sonnt sich Strand des Roten Meeres (Foto: Adam Butler (Foto: AP)
Bild: AP

Seine Reiselust lässt sich der Deutsche so schnell nicht verderben - weder von der Euro-Krise noch von politischen oder gar gewaltsamen Unruhen in potenziellen Urlaubsländern. Zur Freude der deutschen Reiseveranstalter, die sich anschicken, das vergangene Rekordjahr noch einmal zu übertreffen. "Wir rechnen mit einem einstelligen prozentualen Wachstum bei Teilnehmern und beim Umsatz", sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband.

Ägypten profitiert ...

... sogar überdurchschnittlich von der deutschen Reiselust - trotz anhaltender Proteste und tödlicher Gewalt auf den Straßen Kairos. "Im vergangenen Winter hatten wir ein zweistelliges prozentuales Buchungsplus für Ägypten und auch jetzt im laufenden Sommer haben wir wieder ein zweistelliges prozentuales Buchungsplus", berichtet Christian Müller, Sprecher von FTI, dem viertgrößten deutschen Reiseveranstalter.

Grund genug für das Unternehmen, sein Engagement in dem nordafrikanischen Land trotz der anhaltend unsicheren politischen Situation weiter auszubauen. Schon für diesen Sommer hat FTI sein Ägypten-Angebot erweitert, im kommenden Winterhalbjahr wird die Auswahl an Reisen und Unterkünften noch größer sein. Ein Trend, der auch bei anderen deutschen Reiseveranstaltern zu beobachten ist, wie Verbands-Sprecher Schäfer weiß: "Ägypten gehört zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Dementsprechend haben die deutschen Reiseveranstalter ihr Angebot an Ägyptenreisen in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut und investieren weiter in neue Hotelanlagen oder in die Ausweitung des Angebots."

Torsten Schäfer (Foto: Deutscher Reiseverband)
Torsten Schäfer: "Ägypten gehört zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen"Bild: Deutscher Reiseverband

Für die nähere Zukunft versprechen sich die Veranstalter weiter rasant wachsende Urlauberzahlen, vornehmlich in den ägyptischen Badeorten am Roten Meer. Auch wenn das Auswärtige Amt - nach dem Militärputsch und gewaltsamen Ausschreitungen in mehreren ägyptischen Großstädten - von Reisen nach Ägypten "dringend abrät" und für Teile des Landes eine Reisewarnung ausgesprochen hat, bleiben die deutschen Reiseveranstalter optimistisch. Sie rechnen weiterhin damit, dass sich die Prognosen für die laufende Saison erfüllen. Diese sagen ähnliche Zahlen wie im Rekordjahr 2010 voraus. Damals registrierte Ägypten 1,4 Millionen deutsche Urlauber. "Die meisten Veranstalter sprechen von einer sehr, sehr positiven Entwicklung für Ägypten in diesem Jahr", weiß Verbandssprecher Torsten Schäfer.

Ferienressort am Strand von El Gouna (Foto: Mohamed Bdawi)
Ferienresort am Roten Meer: Weit weg von Demonstrationen und ProtestenBild: Mohamed Bdawi

Erfahrungen aus dem Arabischen Frühling

Zwar verzeichnen die Unternehmen in den vergangenen Tagen einen leichten Rückgang bei den Neubuchungen, wie Christian Müller von FTI verrät. Beunruhigt sei man darüber aber nicht. "Wir bauen auf die Erfahrungen aus dem Arabischen Frühling. Damals war die Lage ähnlich und es kam zu keinerlei Beeinträchtigungen für Touristen in den Baderegionen des Landes", sagt Müller. Auch mehr Stornierungen als gewöhnlich gebe es nicht. "Da sind die Gäste offenbar sehr besonnen und können gut unterschieden zwischen den Geschehnissen und Demonstrationen in Kairo und der Lage in den Badeorten, die teilweise bis zu 600 Kilometer entfernt von Kairo liegen", so Müller im DW-Interview.

"Wir hatten in unseren Callcentern und Reisebüros lediglich einen erhöhten Informationsbedarf", ergänzt Anja Braun, Pressesprecherin von TUI Deutschland. Sie verweist zudem drauf, dass in Ägypten derzeit Nebensaison ist. Reisen nach Kairo und in die Touristenzentren am Nil, von denen das Auswärtige Amt ausdrücklich abrät, würden in diesem Zeitraum generell kaum nachgefragt. "Dazu ist es dort viel zu heiß."

Touristen auf dem Weg zu den Pyramiden von Gizeh in Ägypten (Foto: dpa)
Touristenziel ägyptische Pyramiden: In den Sommermonaten zu heißBild: picture-alliance/dpa

Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands urlauben derzeit gerade einmal 35.000 Deutsche in Ägypten, in den Wintermonaten sind es knapp dreimal so viele. Die "Buchungssaison" beginne dann erst nach den Sommerferien so richtig, so Verbandssprecher Torsten Schäfer. Und bis dahin kann sich die Lage am Nil ja vielleicht auch schon wieder beruhigt haben.

Reiseindustrie setzt auf den Wirtschaftsfaktor Tourismus

"Der Tourismus spielt für Ägypten eine enorm wichtige wirtschaftliche Rolle", so Schäfer. "Wenn die Touristen wegbleiben, bedeutet das eine enorme Belastung und wird die Krise weiter verschärfen." Deshalb werde seiner Ansicht nach auch die neue Regierung alles dafür tun, um den Tourismus zu stärken. "Das haben wir schon in den vergangenen Jahren gesehen. Ägypten hat alles unternommen, um die Sicherheit zu gewährleisten, an den Badeorten, an den Sehenswürdigkeiten und den Flughäfen."

Strand von El Gouna in Ägypten (Foto: Mohamed Bdawi)
Sandstrand in Ägypten: sonnenhungrige Urlauber als WirtschaftsfaktorBild: Mohamed Bdawi

Dass kurzfristig andere Urlaubsländer von der Krise in Ägypten profitieren, glaubt Schäfer indes nicht. "Die Buchungsmonate für den Sommerurlaub sind meistens Januar, Februar, März." Das heißt: Wer in den nächsten Wochen Urlaub macht, hat zumeist schon gebucht. Für längerfristige Vorhersagen ist es dagegen noch zu früh.

Reiseveranstalter FTI will jedenfalls an seinem eingeschlagenen Weg in Ägypten festhalten. Man lasse seine Geschäftspartner nicht im Stich, wenn in einem Land Schwierigkeiten auftauchen, erläutert Unternehmenssprecher Müller das Vorgehen und nennt als Beispiel Griechenland, das im Zusammenhang mit der Finanzkrise im vergangenen Jahr einen großen Einbruch beim Tourismus verkraften musste. "Da haben wir ähnlich verfahren. Wir sind dem Land treu geblieben und haben unser Angebot sogar ausgebaut", so der FTI-Sprecher. "Und in diesem Jahr zahlt sich die Strategie aus."