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Streit um Russland-Strategie

4. September 2014

Beim NATO-Gipfel in Wales müssen die Staats- und Regierungschefs abstecken, wie sie mit Russland umgehen. Die Meinungen gehen auseinander.

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Wegweiser NATO und Osten Symbolbild (Foto: DPA)
Bild: picture alliance/chromorange

Das Verhältnis zu Russland ist das beherrschende Thema beim NATO-Gipfel, der im walisischen Newport beginnt. Nach der Annexion der Krim und der Unterstützung der Separatisten im blutigen Konflikt in der Ostukraine hat die Allianz die Beziehungen zu Moskau auf Eis gelegt. Offen ist, ob die 28 Bündnispartner bereit sind, auch Verträge mit Russland aufzukündigen. Darüber wird vor allem in den baltischen Staaten und Polen nachgedacht. Diese Staaten fühlen sich durch ein aggressives Russland bedroht und fordern dauerhafte NATO-Stützpunkte in ihren Ländern.

Kündigung der Gründungsakte?

Das wäre im Rahmen der sogenannten Gründungsakte des NATO-Russlands-Rates, die eigentlich nach Ende des Kalten Krieges eine Partnerschaft begründen sollte, nicht möglich. Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak stellte die Gründungsakte offen infrage. Der "Welt" sagte er, die Beziehungen der NATO zu Russland müssten grundsätzlich neu ausgerichtet werden. Die Verbündeten sollten bei Sicherheitsfragen nicht beschränkt werden. "Die NATO muss ihre Mitglieder verteidigen und nicht auf Dokumente schauen", sagte Siemoniak. Nicht alle Verbündeten wollen so weit gehen wie die Osteuropäer. Deutschland ist beispielsweise dafür, an Verträgen mit Russland festzuhalten.

Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte vor Beginn des Gipfels in Wales, dass die Allianz an der Gründungsakte festhalten wolle. "Allen ist klar, dass Russland die Grundprinzipien der NATO-Russland-Gründungsakte gebrochen hat", sagte der nach dem Gipfel aus dem Amt scheidende Däne. "Dennoch sind wir starke Unterstützer einer auf Regeln basierenden Sicherheitsarchitektur in Europa." Deswegen solle an dem Vertrag festgehalten werden.

Schnelle Eingreiftruppe für Ost- und Mitteleuropa

US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron schrieben in einem Beitrag für die "Times", die NATO solle eine dauerhafte Präsenz in Osteuropa sicherstellen. Russland habe die Regeln mit der illegalen Annexion der Krim und Soldaten auf ukrainischem Boden verletzt. "Wir sollten das Recht der Ukraine, seine eigene demokratische Zukunft zu bestimmen, unterstützen", erklärten Obama und Cameron.

Der US-Präsident hatte am Mittwoch bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn den baltischen Staaten den Schutz vor jedweder Aggression garantiert. Um die Bereitschaft der NATO zu demonstrieren, wollen die Staats- und Regierungschefs eine schlagkräftige, möglicherweise 4000 Soldaten starke Eingreiftruppe aufstellen. Die Einheiten sollen sehr schnell verlegt werden können, wenn Alliierte in Ost- und Mitteleuropa von Russland bedroht werden.

Hoffnung auf Waffenruhe

Derweil keimt Hoffnung auf ein Ende der Gewalt auf. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko kündigte nach einem Telefongespräch mit Kremlchef Wladimir Putin am Mittwoch überraschend eine Waffenruhe an. Schon an diesem Freitag könnten die Ukraine und die prorussischen Rebellen bei Gesprächen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk über die Waffenruhe verhandeln, sagte Poroschenko.

Die moskautreuen Separatisten in der Ostukraine berichteten bereits in der Nacht von einem massiven Rückzug der ukrainischen Regierungstruppen. Putin forderte eine internationale Kontrolle der geplanten Feuerpause und stellte einen Sieben-Punkte-Plan zur Beilegung des Konflikts auf. Nötig sei auch ein Gefangenenaustausch und die Einrichtung eines Korridors für Flüchtlinge. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte in einem Telefonat mit Poroschenko dessen Bereitschaft zu einer Feuerpause. Die Kanzlerin hofft nach Angaben eines Regierungssprechers, "dass es tatsächlich zu einem beidseitigen Waffenstillstand kommt". Russland bleibe zugleich verpflichtet, alles zu tun, um einen weiteren Nachschub von Waffen und Kämpfern über die Grenze in die Kampfzone zu verhindern.

NATO fordert Taten von Russland

NATO-Generalsekretär Rasmussen sagte: "Wir begrüßen alle Bemühungen, eine friedliche Lösung für die Krise in der Ukraine zu finden." Als Reaktion auf den "sogenannten Friedensplan" von Moskau müsse er jedoch hinzufügen: "Was zählt, ist was wirklich vor Ort passiert." Die NATO fordere Russland daher weiterhin auf, seine Truppen von der Grenze zur Ukraine abzuziehen, das Einsickern von Waffen und Kämpfern in das Land zu stoppen, die Unterstützung von bewaffneten Separatisten einzustellen und konstruktive politische Bemühungen zu beginnen. Dadurch könne Russland wirklich zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes in der Ukraine beitragen, sagte Rasmussen.

cr/fab (dpa, afp)