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Stresstest: Europas Banken zeigen sich robust

30. Juli 2021

Die Banken in Europa wären in Summe trotz Einbußen bei ihren Kapitalpuffern auch für erhebliche wirtschaftliche Schocks gerüstet. Zu dieser Erkenntnis kommt die Bankenaufsicht EBA in ihrem Stresstest.

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Banken-Stresstest
Blick auf die Hochhäuser der europäischen Bankenmetropole Frankfurt am Main Bild: picture alliance/dpa/B. Roessler

Zwar würden die Institute in einem hypothetischen Krisenszenario insgesamt fast ein Drittel ihrer Kapitalpuffer einbüßen, so die Bankenaufseher der Europäischen Union. Dennoch bliebe der EU-Bankensektor insgesamt über einer Marke von zehn Prozent bei der harten Kernkapitalquote als Puffer für mögliche Rückschläge.

Die Aufseher hatten die Geldhäuser auf Basis ihrer Bilanz des Corona-Krisenjahres 2020 durchrechnen lassen, wie stark Kapitalpuffer bis Ende 2023 schrumpfen würden, wenn die Corona-Pandemie und die Wirtschaftsflaute sich zuspitzen würden und die Konjunktur in der EU kumuliert um 3,6 Prozent einbrechen würde. Zusätzlich wurde in dem Test angenommen, dass die Arbeitslosenquote noch oben schnellt, die Preise für Gewerbeimmobilien abstürzen und die Aktienmärkte einbrechen. Die Banken mussten zeigen, dass sie eine solche Krise überstehen können und noch über genügend Kapital verfügen. Damit war der diesjährige Stresstest der bislang härteste.

In diesem hypothetischen Krisenszenario würde der EU-Bankensektor nach EBA-Berechnungen in Summe 265 Milliarden Euro an Kapitalpuffer einbüßen. Die harte Kernkapitalquote als Puffer für Krisen würde von gut 15 Prozent Ende 2020 auf rund zehn Prozent Ende 2023 sinken.

50 Banken untersucht

Die European Banking Authority (EBA) hat 50 Banken aus 15 europäischen Ländern untersucht, die für 70 Prozent des EU-Bankenmarktes stehen. Darunter waren sieben deutsche Institute: BayernLB, Commerzbank , Deutsche Bank , DZ Bank, Landesbank Baden-Württemberg, Landesbank Hessen-Thüringen, Volkswagen Bank.

Die sieben deutschen Banken schnitten im Stresstest der EBA in der Gesamtschau schlechter ab als der Durchschnitt in Europa. Sie landeten in Summe mit einer Kernkapitalquote von durchschnittlich 8,78 Prozent auf Platz 13 der 15 untersuchten Länder knapp vor Italien (8,60 Prozent) und Irland (8,44 Prozent). Den besten Wert erzielte mit 17,08 Prozent Norwegen, wobei aus dem Nicht-EU-Staat nur eine Bank von der EBA getestet wurde. 

Schlusslicht stammt aus Italien

Schlusslicht unter allen europäischen Geldhäusern war die italienische Krisenbank Monte Paschi. Sie würde im Krisenszenario das komplette Eigenkapital verlieren. Das 2017 vom italienischen Staat gerettete Institut kam im Stresstest auf eine Kernkapitalquote von minus 0,1 Prozent. Die zweitgrößte italienische Bank UniCredit, die Teile von Monte Paschi übernehmen will, wies eine Quote von 9,2 Prozent auf.

Am härtesten traf das hypothetische Krisenszenario unter den hiesigen Geldhäusern die Deutsche Bank. Demnach würde die harte Kernkapitalquote des größten deutschen Geldhauses von gut 13,6 Prozent Ende 2020 auf gut 7,4 Ende 2023 sinken. Die Commerzbank, die mit 13,2 Prozent Kernkapitalquote in den Test gegangen war, rutschte im Krisenszenario auf 8,2 Prozent ab. Bestes deutsches Institut im EBA-Test war die Volkswagen Bank, die auch im schärfsten Stressszenario noch 15,48 Kernkapitalquote aufwies. Das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ Bank landete mit 10,21 Prozent genau im europäischen Durchschnitt.

Frankfurt am Main, Hessen | Deutsche Bank
Auch sie hat den Stresstest bestanden: die Deutsche BankBild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Unter den 50 Banken befanden sich 38 Institute aus der Euro-Zone. Sie fallen unter die Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB). Britische Banken sind nach dem Brexit zum ersten Mal nicht dabei.

Hauptgrund für das Zusammenschmelzen der Kapitalpuffer in dem hypothetischen Krisenszenario wäre nach Angaben der EBA ein Anstieg von Kreditausfällen. Auch das anhaltende Zinstief lastet auf den Bilanzen. Die Bankaufsicht wies darauf hin, dass Geldhäuser, die vor allem in ihrem Heimatmarkt aktiv sind, im Stressszenario stärker getroffen wurden.

Zweiter Stresstest der EZB

Parallel zu dem EBA-Test unterzog die Europäische Zentralbank (EZB) 51 zumeist kleinere Institute aus dem Euroraum, die nicht Teil der EBA-Stichprobe sind, einem eigenen Stresstest. Bei ihnen sank im Schnitt die Kernkapitalquote im Krisenszenario auf 11,3 Prozent.

Eine Mindestquote beim Kernkapital hatten die Aufseher auch dieses Mal nicht
vorgegeben. Durchfallen konnten Banken bei den diesjährigen Stresstests also im Grunde nicht. Geldhäuser, die schlechter abgeschnitten haben, müssen aber damit rechnen, dass ihnen Aufseher auftragen, Kapitalpuffer zu verstärken, und ihnen für die Ausschüttung von Dividenden Grenzen setzen.

Seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 überprüfen Aufseher weltweit mit solchen Stresstests regelmäßig, wie anfällig Banken im Krisenfall wären. Unumstritten sind solche Tests und die Ableitungen daraus nicht, denn welche Risiken in den hypothetischen Szenarien wie stark gewichtet werden, liegt letztlich in der Hand der Aufseher.

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Verschoben wegen Corona

Eigentlich sollte die neue Auflage des europäischen Bankenstresstests schon 2020 durchgeführt werden. Doch um den Instituten mitten in der Corona-Krise nicht noch weitere Aufgaben aufzubürden, verschob die EBA die Prüfung um ein Jahr.

Einen ersten Hinweis auf die Ergebnisse der Untersuchungen hatte vergangene Woche bereits die EZB geliefert. Sie erlaubte den Banken der Euro-Zone ab Oktober wieder Dividendenzahlungen ohne Einschränkungen. Seit Herbst 2014 ist die EZB für die Kontrolle der großen Geldhäuser im Euro-Raum zuständig. Sie überwacht aktuell 114 Institute, darunter in Deutschland die Deutsche Bank und die Commerzbank. Diese 114 Institute stehen für 82 Prozent des Marktes im Währungsraum der 19 Euro-Länder.

kle/wa (dpa, rtr)