1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das beste Solarhaus der Welt

Matilda Jordanova-Duda28. September 2012

Ein Haus und die Sonne als einzige Energiequelle. Wer das beste baut wird gekürt. In Madrid, beim "Solar Decathlon Europe". Für Deutschland am Start sind Studenten der Hochschule Konstanz und der RWTH Aachen.

https://p.dw.com/p/16H86
Aktives und passives Prinzip: Photovoltaik-Zellen an der Fassade fangen die Abendsonne ein. (Foto: Isabel Sáez)
Bild: Isabel Sáez

"Wir müssen täglich waschen und trocknen, den Backofen betreiben und Wasser kochen", zählt Pia Auferkorte, Betreuerin des Teams der RWTH Aachen, die Aufgaben auf. Eine App zeigt den Aachener Studenten, wie viel Strom ihre Dachanlage gerade produziert und wie viel jedes ihrer Elektrogeräte verbraucht. So wissen sie zu jeder Zeit, wann es Sinn macht, die Waschmaschine anzuwerfen.

Mit Verbrauch zur rechten Zeit lässt sich punkten: Die Organisatoren des Wettbewerbs verfolgen die Energiebilanz der einzelnen Teilnehmer im Drei-Minuten-Takt. Der Ranking ändert sich täglich. Die Deutschen haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach oben gearbeitet. "Wir haben viele Prototypen hier", sagt der angehende Ingenieur Hendrik Leiwe. Etwa das Klimagerät, um mit Sonnenwärme heizen und kühlen zu können. Das haben die Aachener Studenten eigens für den Wettbewerb zusammen mit einem Hersteller von Klimaanlagen für Schwimmbäder entwickelt. Das Gerät wollte zunächst nicht richtig funktionieren, erzählt Leiwe, doch glücklicherweise sei es mittlerweile gelungen, die behagliche Raumtemperatur Tag und Nacht konstant zu halten.

Deutschland setzt auf Energieeffizienz und pfiffige Ideen

Besucher des deutschen Solarhauses betasten die merkwürdigen durchsichtigen Wände. Erst auf dem zweiten Blick erkennen sie, dass sie aus CDs bestehen, deren Silberbeschichtung abgeschabt wurde. Die Scheiben wurden dann wie Schindeln aufeinandergelegt und im Ofen zusammengebacken. Auch der Boden besteht aus recyceltem Material - nämlich aus den Holzträgern eines abgerissenen Stadions. Das Möbelholz kommt vom Sperrmüll. An den Einrichtungsstücken hängen Schildchen: Kein Kaufpreis, sondern die Energie-Ersparnis im Vergleich zu nagelneuen Dingen.

Pia Auferkorte hofft auf Nachahmer: "Die meisten sind überrascht, welche hohe architektonische und gestalterische Qualität man damit verwirklichen kann". Zum Beispiel das, was sich Studenten der Hochschule Konstanz ausgedacht haben: Florian Eggert öffnet die Tür ins Bad. Kein Fenster im Raum, eigentlich müsste es dunkel sein. Doch an der Decke tanzen Lichtflecke, die den Raum erhellen. Das funktioniert, weil ein Solar-Kollektor im Garten die Sonnenstrahlen bündelt und sie per Glasfaser ins dunkle Badezimmer schickt.

Wohntürme des französischen Teams Rhone Alpe (Foto: Isabel Sáez)
Das Konzept des französischen Teams Rhone Alpe: WohntürmeBild: Matilda Jordanova-Duda

Im Technikraum prüft Eggert den Ertrag der Photovoltaik: Trotz der paar Wolken ein guter Tag. Die Dachanlage produziert soviel, dass das "Ecolar"-Team die Paneele an den Fassaden gar nicht erst eingeschaltet hat. Der Wettbewerb schreibt ein Limit von zehn Kilowatt vor. "Tagsüber speisen wir extrem viel Strom ins Netz ein, den wir aber leider nicht speichern können", bedauert Eggert. Denn die Giftstoffe von Speicher-Akkus hätten sie nicht im Haus haben wollen.

Brasiliens Urwald-Haus

Bambusstäbe tauchen die Veranda des brasilianischen 'Eko House' in lichten Schatten. "Wir haben uns viel von den indianischen Ureinwohnern abgeschaut", erzählt Umberto Violatto von der Universität Sao Paolo. Das Ziel sei ein Gebäude, das mitten im Urwald stehen, sich autark mit Energie versorgen und seine Abfälle aufbereiten kann. Violatto zeigt den Besuchern die Trockentoilette: Der Inhalt soll alle sechs Monate auf den Kompost. Auch die Pflanzen rund ums Haus haben eine Funktion: Sie sollen das Brauchwasser aus Küche und Bad filtern und reinigen. "So verschwenden die Bewohner kein Trinkwasser, um den Garten zu gießen oder das Auto zu waschen". Zurück zu den Wurzeln - das sei letztendlich die nachhaltigere Lebensweise, meint Violatto: "Die Generation unserer Urgroßeltern wusste noch alles zu verwerten, und wir haben es vergessen".

Frankreich liebt es urban

Die französischen Architekturstudenten gehen mit einem großstädtischen Konzept ins Rennen. "Es ist kein rein französisches Problem, dass Bauflächen immer knapper und teurer werden, aber die Leute vom individuellen Wohnen träumen", sagt Benjamin Le Naour vom Team Rhone Alpe. "Viele ziehen deshalb ins Umland und das verursacht Umweltschäden und Stress". Die Franzosen hier in Madrid präsentieren ihre Idee der Wohntürme 'Nanotours': Bis zu zehn Stockwerke, jede Etage ist ein Einzelappartement. In Madrid haben die Architekten zwei Etagen aufgebaut. Ein Flur verbindet drei Wohntürme mit gemeinsamen Fahrstuhl, Treppe, Mülltonnen und Kräutergärtchen.

Die Wände in der Wohnung bestehen aus Lehm, die Abwärme vom Kühlschrank trocknet die Handtücher. Das Glasdach ist über und über mit halbtransparenten Solarzellen bedeckt. Die ersten Nanotours, hofft Le Naour, könnten bereits 2014 oder 2015 in Lyon und Grenoble stehen.