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Studenten-WG statt Altersheim

4. Februar 2011

Studenten und Senioren in einer Wohngemeinschaft – diese Konstellation ist immer häufiger anzutreffen. Denn das Zusammenleben hat für beide Seiten Vorteile.

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Studentin mit Seniorin (Foto:Tanja Hilden)
Frau Spieß und Studentin Marina wohnen zusammenBild: DW

Ein kleines Häuschen im westfälischen Siegen. Hier sitzt die 75-jährige Frau Spieß am Computer, neben sich ihre neue Mitbewohnerin, die ihr gerade erklärt, wie man Briefe am PC schreibt. Die neue Mieterin ist die 27-jährige Studentin Marina. Anstatt in einer überteuerten Wohngemeinschaft (WG) oder in einem Studentenwohnheim zu leben, entschied sich die Lehramtsstudentin Marina für die Initiative "Wohnen für Hilfe". Die Idee: Der Student zahlt eine reduzierte Miete und hilft dem Vermieter im Haushalt.

Anfang Oktober 2010 zog Marina nach Siegen. Für sie waren vor allem finanzielle Gründe ausschlaggebend für diese ungewöhnliche Wohnpartnerschaft. 120 Euro zahlt die Studentin für ihre 30 Quadratmeter und hilft zusätzlich im Haushalt. Für die junge Studentin ist das Wohnen mit älteren Menschen unter einem Dach nichts Ungewöhnliches. "Ich habe drei Jahre bei meinen Großeltern gewohnt". Marina bewarb sich bei der Initiative. Nach einem Eignungsgespräch mit der Organisation traf sie ihre zukünftige Mitbewohnerin Frau Spieß. Danach zog Marina ein.

Initiative auf Erfolgskurs

Studentin mit Seniorin (Foto:Tanja Hilden)
Studentin Marina erklärt Frau Spieß, wie man Briefe am Computer schreibtBild: DW

Günstige Wohnungen für Studenten sind Mangelware, denn die Zahl der Studenten steigt. 2010 gab es 441.800 Studienanfänger, fünf Jahre zuvor waren es noch 356.000 gewesen. Vor allem in Großstädten erfreut sich das Wohnmodell steigender Beliebtheit. "Es gibt in Siegen viele ältere Leute, die alleine leben und mittlerweile auch viele Studenten, die günstig Wohnraum suchen", meint Annette Becker, die Organisatorin der Initiative.

Das erste "Wohnen für Hilfe"- Projekt entstand 1992 in Darmstadt. Seither erlebt die Initiative in Deutschland einen Boom. Das Projekt gibt es in 14 weiteren Städten Deutschlands. Neben Siegen bieten unter anderem die Großstädte Düsseldorf, Köln und München den Studenten diese Wohnpartnerschaft. In Siegen hat "Alter Aktiv", die Initiative "Wohnen für Hilfe" ins Leben gerufen. Der Verein wurde 2003 mit dem Ziel gegründet, Senioren eine unabhängige und sinnvolle Lebensgestaltung zu bieten.

Richtlinien für die Wohnpartnerschaft

Studentin Marina (Foto: Tanja Hilden)
Studentin Marina in Ihren eigenen 30 QuadratmeternBild: DW

Welche Aufgaben ein Student übernimmt, wird individuell vereinbart. Marina hat es zum Beispiel sehr gut getroffen: Sie arbeitet wöchentlich lediglich zwei Stunden im Haus. Für Frau Spieß stand an erster Stelle, dass sie nicht mehr allein lebt. Ihren Haushalt schmeißt die rüstige Seniorin am liebsten alleine, daher bleibt für die Studentin nicht viel zu erledigen. Ab und an schaufelt sie Schnee in der Einfahrt oder stapelt Holz.

Entscheiden sich Student und Senior für eine solche Wohnpartnerschaft, schließen sie einen Vertrag ab, in dem Rechte und Pflichten festgehalten werden. Als Richtlinie gilt: Eine Stunde Hilfe im Monat, für einen Quadratmeter Wohnraum plus Nebenkosten. Für Frau Spieß und die Studentin ist diese Wohnpartnerschaft die perfekte Lösung.

Autorin: Tanja Hilden

Redaktion: Dеnnis Stutе