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Studie: USA werden wichtigster LNG-Lieferant

Klaus Ulrich
22. September 2022

Unternehmen und private Haushalte ächzen unter hohen Gaspreisen. Dabei ist noch nicht geklärt, wer Russland als bisher größten Gas-Produzenten auf Dauer ersetzen soll. Eine neue Studie blickt in die Zukunft.

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USA Fracking Bohrstelle Bohrung Colorado
Fracking: Bohrstelle in Colorado (USA)Bild: picture-alliance/dpa/B. Linsley

Wichtigste Bezugsquelle für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Deutschland und Europa werden künftig voraussichtlich die USA sein. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln (EWI) im Auftrag des Branchenverbands Zukunft Gas.

Danach werde es Erdgas aus Russland in naher Zukunft nicht mehr oder nur mit Einschränkungen geben, deshalb dürften die aktuell hohen Gaspreise erst 2030 wieder das Niveau von 2018 erreichen - aber nur, wenn sich die Nachfrage deutlich reduzieren wird.

In der Studie "Entwicklungen der globalen Gasmärkte bis 2030" beschreiben die Autoren, wie sich die Neuausrichtung der Gasversorgung nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und den daraus resultierenden Lieferstopps bis zum Ende des Jahrzehnts aus ihrer Sicht darstellt.

Deutschland  Lubmin | Start der Bauarbeiten für LNG-Terminal
Start der Bauarbeiten für das LNG-Terminal in Lubmin (Deutschland)Bild: Stefan Sauer/dpa/picture alliance

Herausforderungen durch Fokussierung auf die USA

Importiertes Erdgas aus Russland hatte im Jahr 2021 noch einen Marktanteil von rund 55 Prozent in Deutschland. Transportiert wurde es durch Pipelines. Mittlerweile verfügen die USA über die größten Potenziale für Lieferungen von Liquefied Natural Gas (LNG) via Tankschiff. 

Allerdings berge die starke Fokussierung auf die USA neue Herausforderungen: "Mit Blick in die unmittelbare Zukunft ist Deutschland gefragt, die angestrebte Diversifizierung der Bezugsquellen nicht aus den Augen zu verlieren", fordert Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas laut einer Pressemitteilung. "Nur so kann die europäische Gasversorgung tragfähig und sicher werden. Für die Neuausrichtung ist eine langfristige Strategie erforderlich, die eine diversifizierte LNG-Beschaffung stärkt."

Hinzu komme, dass auch die USA langfristige Signale erwarteten, so Kehler. "Nur wenn unsere US-amerikanischen Handelspartner ein klares Bild über die künftigen Abnahmeperspektiven haben, werden sie die nötigen Investitionen zum Ausbau der Verflüssigungskapazitäten leisten."

Symbolbild: Gasgewinnung und Ölgewinnung in Norwegen
Gasgewinnung in NorwegenBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

LNG-Bedarf steigt deutlich

Der europäische Bedarf nach LNG werde deutlich steigen, heißt es in der Studie. Für den Fall, dass der Gashandel aus Russland dauerhaft zum Erliegen käme, würden die drei verbleibenden Pipeline-Anlagen von Norwegen, Aserbaidschan und Algerien in die EU stark ausgelastet.

Eine Steigerung der Liefermengen aus diesen Ländern sei deshalb nur begrenzt möglich. Norwegen könne seine Produktion nach aktuellen Schätzungen noch bis zum Jahr 2028 steigern, danach werde die Produktion zurückgehen. Importe aus den nordafrikanischen Exportländern würden voraussichtlich abnehmen, weil im Zuge des zu erwarteten Wirtschaftswachstums die heimische Nachfrage dort steige.

Niederlande LNG Terminal Rotterdam
Ein LNG-Tanker am Terminal in RotterdamBild: Lex van Lieshout/ANP/AFP/Getty Images

EU wird wichtigster Gas-Absatzmarkt für die USA

In allen untersuchten Szenarien steigen die Importe der USA gegenüber dem Jahr 2021 deutlich an. Sollte zwischen Russland und der EU kein Gas gehandelt werden, erreichen sie laut Studie einen Anteil an den Gesamtimporten der EU von circa 40 Prozent. Damit würde sich die EU neben Asien zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für Erdgas aus den USA entwickeln.

Dagegen sei das Wachstum der aus Katar kommenden Mengen beschränkt. Auch zusätzliche Importe aus Australien oder Kanada würden vermutlich für den europäischen Markt nicht signifikant sein, da diese Exporteure in erster Linie den asiatischen Markt bedienen werden. Die zusätzlichen Mengen könnten jedoch helfen, Knappheiten auf den Weltmärkten zu verhindern. Auch eine geringere Nachfrage würde preisdämpfend wirken. Dies wäre das beispielsweise durch Elektrifizierung, Effizienzgewinne und die Produktion von Biomethan als Erdgas-Ersatz erreichbar.

Mit Blick auf die aktuelle Preissituation rechnet Timm Kehler bereits ab 2024 mit einer Entspannung: "Der zügige Ausbau der LNG-Terminals in Europa wird Importengpässe beseitigen und die europäischen und asiatischen Preise angleichen."