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Studie warnt vor wachsender Fachkräftelücke

30. August 2017

Es ist eine düstere Prognose, die Experten abgeben: Die einen sind zu alt für einen Job, den anderen fehlt das Fachwissen. Bis 2040 könnten in Deutschland 3,3 Millionen qualifizierte Arbeitnehmer fehlen.

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Deutschland Ingenieur geht am durch eine Anlage zur Schlackebadvergasungin  in Freiberg
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

"Die Fachkräftelücke wird zu einer wachsenden Herausforderung für deutsche Unternehmen", erklärte der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Prognos, Christian Böllhoff, am Mittwoch. Das Basler Unternehmen hat sich in einer Studie dem Thema gewidmet. Die Lage werde sich auf mittlere Sicht massiv verschärfen, so Böllhoff weiter. Das Unternehmen errechnete für 2030 eine Fachkräftelücke in Deutschland von etwa drei Millionen und für 2040 eine von rund 3,3 Millionen. "Fachkräfte werden über alle Branchen hinweg knapp, da die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden", lautete der Befund von Prognos.

 Auch wenn man inzwischen nicht mehr mit einem so starken Schrumpfen der Bevölkerung rechne, die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter werde dennoch weiter kräftig sinken - um gut zehn Prozent bis zum Jahr 2040, heißt es in der Studie. Hinzukomme, dass mit dem wachsenden internationalen Wettbewerb, anderem Konsumverhalten und der Digitalisierung in fast allen Wirtschaftsbereichen manche Berufe nach und nach an Bedeutung verlieren würden. Umgekehrt werde es an Menschen mit dem künftig dringend gefragten Fachwissen fehlen, so die Prognos-Wissenschaftler.

Nach der Vorhersage der Baseler Forscher werden etwa viele Sicherungs- und Überwachungstätigkeiten wegfallen. Auch Lastwagenfahrer und Packer müssten damit rechnen, dass ihre Arbeit künftig von Robotern und Automaten erledigt werde. Gleiches gelte für Buchhalter, Kreditsachbearbeiter und Immobilienmakler - elektronische Systeme dürften solche Berufe langfristig ersetzen. Dagegen werde es schon 2020, stärker aber bis 2030 einen Mangel an Managern, Forschern, Ingenieuren, Ärzten, Pflegern und medizinischen Assistenten geben, in geringem Umfang auch an Kreativen und Journalisten.

Fachkräftemangel: Auch für die Bundesregierung ein Thema

Die Besetzung offener Stelle mit Fachkräften wird für Unternehmen vielerorts bereits heute schwieriger. Das betreffe einige Branchen und Regionen, wie ein Bericht über die Lage bei den Fachkräften zeigt, mit dem sich das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin befasst hat. Dies zeige sich daran, dass die Anzahl der registrierten Arbeitslosen pro offener Stelle zuletzt deutlich gesunken sei. "Zum anderen nahmen die durchschnittlichen Vakanzzeiten im Laufe der Jahre zu", so der Bericht, also die Dauer, während der eine Stelle unbesetzt ist. Als positiv vermerkt der Bericht, dass die Erwerbsquote der Frauen im internationalen Vergleich mittlerweile auf einem hohen Niveau liege.

Maßnahmen, um die Fachkräftelücke zu verkleinern oder zu schließen, haben auch die Prognos-Experten parat. In der Studie haben sie sich für eine "Bildungsoffensive" ausgesprochen: Vor allem die berufliche Ausbildung müsse gezielt gefördert werden, um mehr jungen Menschen zu einem Berufsabschluss zu verhelfen. Bei der akademischen Ausbildung habe sich dagegen viel getan. Für Menschen im Berufsleben sei eine "effektivere Weiterbildung" erforderlich, die sie auf neue Jobs vorbereiten, die mit dem Einzug des Internets in den Fabrikhallen entstünden. Zudem sollte Frauen und Männern nach einer Familienpause die Rückkehr in das Erwerbsleben erleichtert werden. Ältere sollten dazu motiviert werden, länger zu arbeiten. Mit beiden Maßnahmen könnte der drohende Arbeitskräftemangel langfristig um rund zwei Millionen Beschäftigte verringert werden. Schließlich sollten Teilzeitkräfte dafür gewonnen werden, ihre wöchentliche Arbeitszeit zu verlängern.

In allen Szenarien ist bereits eine durchschnittliche jährliche Zuwanderung von 200.000 Migranten unterstellt. Angaben dazu, wie stark die zuletzt zugewanderten Asylbewerber gegen den Fachkräftemangel helfen können, ist in den Prognos-Szenarien nicht enthalten. Die Bundesagentur für Arbeit hat sich noch nicht so dramatisch zum Fachkräftemangel geäußert. Ihre Denkfabrik, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sieht derzeit noch keine eklatante Lücke, sondern spricht lediglich von Engpässen in einigen Branchen, etwa im Maschinen- und Autobau und der Informatik.

zdh/hb (dpa, rtr)