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Türkisch-deutsche Uni in Istanbul

Heiner Kiesel25. Juli 2013

Nach sieben Jahren Vorbereitung sollen die Vorlesungen an der neuen Hochschule in Istanbul zum Wintersemester 2013/14 beginnen. Die Uni soll die Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei enger machen.

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Foto der Ortakoy Moschee in Istanbul (Foto: AP Photo/Murad Sezer)
Bild: AP

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth ist ganz gerührt, wenn sie von dem schönen Platz redet, den die türkisch-deutsche Universität in Istanbul (TDU) gefunden hat. In malerischem Umfeld stehen die ersten vier Gebäude im Stadtteil Beykoz, auf der asiatischen Seite der Stadt. "Es ist so schön grün dort, das muss man sehen", schwärmt die CDU-Politikerin. Sie steht als Präsidentin einem Konsortium von 29 deutschen Hochschulen und dem Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) vor, das den Aufbau dieser Hochschule vorangetrieben hat. Jetzt, nach sieben Jahren Aufbauarbeit, wird im September der Studienbetrieb aufgenommen - mit 135 Studenten. "Wie freuen uns riesig, dass die Nachfrage so groß ist, davon konnten wir nicht unbedingt ausgehen", sagt Süßmuth erleichtert. In drei Jahren, wenn alle Gebäude fertig sind, soll die TDU für 5000 Studenten offen stehen.

Das Hochschulprojekt wird auch von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka in höchsten Tönen gelobt. "Es könnte ein Leuchtturm werden für die wissenschaftlichen, aber auch sonstigen kulturellen Beziehungen unserer Länder und wir sind davon überzeugt, dass diese besondere Universität auch ein Signal für die Zivilgesellschaft ist", sagt Wanka und hofft auf eine "Uni, in der die Studenten politisch aktiv sind". Angesichts der erbitterten Konfrontationen zwischen Staatsmacht und unzufriedenen Bürgern derzeit in der Türkei ist das fast schon ein mutiger Wunsch. Der Rektor der TDU, Halil Akkanat, beeilt sich so auch klar zu stellen, dass es sich bei seiner Bildungseinrichtung um eine ganz normale staatliche Universität handelt, die "objektiv" bleiben müsse. Außerdem stellt er fest, dass die Unruhen die Organisation des Studienbetriebes nicht behindert hätten. "Wir mussten für eine Tagung nur einmal das Hotel wechseln."

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Halil Akkanat, Rektor der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul (Foto: Jörg Carstensen/dpa)
Johanna Wanka und Halil Akkanat von der TDU freuen sich auf den StudienbeginnBild: picture-alliance/dpa

Studium und kultureller Austausch

Auf dem Unigelände in Beykoz, nur einen kleinen Spaziergang vom Fährhafen entfernt, werden vor allem Studenten aus der Türkei ausgebildet. Es gibt aber auch ein Kontingent von Ausländern, das dort studieren darf. Derzeit sind das 15 Studenten. Die Einrichtung unterliegt der türkischen Hochschulgesetzgebung. Das bedeutet, dass die Immatrikulation für Türken kostenlos ist. Die Ausländer müssen jedoch umgerechnet etwa 600 Euro Studiengebühren zahlen.

An den Fakultäten der Ingenieurwissenschaft, Rechtswissenschaft und der Betriebswissenschaft werden Bachelorstudiengänge angeboten, daneben soll es einen Masterstudiengang für Interkulturelles Management geben (Institut für Sozialwissenschaften) und einen für International and European Affairs (Verwaltungswissenschaften). Es wird auf Deutsch und Türkisch unterrichtet, wenn nötig auch auf Englisch. "Alle Studenten müssen ein gutes deutsches Sprachniveau haben und sollen regelmäßig nach Deutschland geschickt werden, damit sie die Kultur besser kennen lernen", sagt Akkanat. Wer nach einem Vorbereitungsjahr das nicht erfülle, "der müsse sich eine andere Uni suchen". Die Studiengänge seien in enger Abstimmung mit den deutschen Partneruniversitäten entwickelt worden. Da die Türkei zu den Ländern des Bologna-Prozesses (Anm. d. Red. europaweite Angleichung von Studiengängen und -abschlüssen) gehört, werden auch die Bildungsabschlüsse der TDU kompatibel zu denen deutscher Universitäten sein.

Rita Süssmuth (Foto: DW/H. Kiesel)
Rita Süssmuth leitet das Konsortium, das die türkisch-deutsche Uni vorangetrieben hatBild: DW/H. Kiesel

Binationale Finanzierung

Die TDU geht auf ein DAAD-Eckpunktepapier aus dem Jahr 2006 zurück, das zu einem Regierungsabkommen geführt hat. In beiden Ländern wurde dann im Frühjahr 2010 ein Gründungsgesetz verabschiedet und im Herbst der Grundstein gelegt. Bisher habe die Türkei 80 Millionen Lira investiert, die hauptsächlich für die Bauarbeiten verwendet worden seien, berichtet Rektor Akkanat. Der türkische Staat trägt auch die Kosten für das Lehrpersonal. Aus Deutschland sind bisher rund zweieinhalb Millionen Euro gekommen - ein "ganz überschaubarer" Betrag", sagt Ministerin Wanka. Aber künftig wird sich das Engagement erhöhen, kündigt sie an. "Wir leisten einen substantiellen Beitrag für den Austausch zwischen den beteiligten Universitäten und werden vier Millionen Euro dafür jährlich an den DAAD überweisen."

Die Investitionen sollen Deutsche und Türken enger miteinander verbinden und die Internationalisierung des Bildungswesens vorantreiben. Bereits jetzt gibt es nach Angaben des DAAD 800 Kooperationsprojekte mit dem Land am Bosporus. Der logische nächste Schritt – vielleicht könnte das einmal eine deutsch-türkische Universität in Deutschland sein. Für Wanka ist das noch reine Spekulation, "aber es ergibt Sinn, darüber nachzudenken".