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Alle reden vom Wetter. Die Bahn auch.

6. Oktober 2017

Ausnahmezustand bei der Bahn in Deutschland: Der Sturm "Xavier", bei dem sieben Menschen starben, ist nach Russland weitergezogen. Doch hierzulande bleibt der Verkehr blockiert. Viele Reisende mussten im Zug übernachten.

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Berlin Sturmtief Xavier
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Nach dem verheerenden Sturmtief "Xavier" mit sieben Toten müssen Bahnreisende auch an diesem Freitag mit Zugausfällen und langen Wartezeiten rechnen.

Der Fernverkehr von Berlin Richtung Leipzig und weiter nach München wurde nach Bahninformationen indes wieder aufgenommen. Das teilte ein Bahnsprecher in Berlin mit. Nach den Sturmschäden vom Donnerstag blieben aber die Fernstrecken Berlin-Hamburg und Berlin-Hannover weiterhin gesperrt.

Die Bahn wolle sich im Laufes des Tages dazu äußern, wann und wo Züge wieder fahren können. Auch auf der Strecke Berlin-München sind allerdings noch Verspätungen zu erwarten. Gestört bleibt weiterhin der Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg. Die meisten Regionalzüge in der Region bleiben in den Depots.

"Xavier" war am Vortag mit orkanartigen Böen über Deutschland hinweggefegt, die Feuerwehren mussten zu Tausenden Einsätzen ausrücken. Sieben Menschen wurden vor allem durch umstürzende Bäume erschlagen.

Hunderte im "Hotelzug"

Die Nacht verbrachten viele gestrandete Zugreisende in Hotels oder in von der Bahn bereitgestellten Waggons. Insgesamt 20 Züge stellte die Bahn zur Verfügung. So standen zum Beispiel drei Übernachtungszüge in Kassel-Wilhelmshöhe, außerdem gab es sogenannte Hotelzüge an den Hauptbahnhöfen in Köln, Dortmund, Bielefeld, Düsseldorf, Leipzig, Hamburg und Hannover. Rund 470 gestrandete Fahrgäste mussten die Nacht zu Freitag sturmbedingt am Mindener Bahnhof verbringen. Betroffen waren zwei ICE-Züge und eine Regionalbahn.

Potsdam Sturmtief Xavier
Man konnte den Abend in der S-Bahn so verbringen ....Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger
Berlin Sturmtief Xavier
... oder die Nacht im Hauptbahnhof so ...Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer
Berlin Sturmtief Xavier Hotelzug
... oder im "Hotelzug".Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Von weiteren Ausfällen sind vor allem die Fernstrecken wie Hamburg-Berlin, Berlin-Leipzig oder Hannover-Berlin betroffen. Wie der Bahnsprecher weiter erläuterte, gebe es auch einen Rückstau von Zügen, die zum Beispiel nicht nach Hamburg fahren könnten. "Einzelne Lichtblicke" gebe es aber im Regionalverkehr etwa in Schleswig-Holstein. Dort hätten Bäume schon entfernt und Strecken schon testweise abgefahren werden können. Die Bahn teilte unterdessen mit, dass nicht genutzte Tickets vom Donnerstag ihre Gültigkeit behalten. 

Deutschland Sturmtief Xavier
Totalschaden: Ein Kran in WilhelmshavenBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Versicherer schätzen Schäden auf 200 Millionen Euro

Allein in der Hauptstadt waren bei der Feuerwehr am Donnerstag 1490 Notrufe wegen des Sturms eingegangen. In Hamburg fuhren die Retter mehr als 1200 Einsätze. Wie die Wasserschutzpolizeiinspektion Wilhelmshaven mitteilte, stürzte von der Niedersachsenbrücke ein etwa tausend Tonnen schwerer schienengebundener Entladekran bei Starkwind in die Jade und versank teilweise.

Versicherungsexperten schätzen den Sturmschaden auf bis zu 200 Millionen Euro. "Xavier wird die deutschen Versicherer mit rund 150 bis 200 Millionen Euro belasten", sagte Onnen Siems, Geschäftsführer der Kölner Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). "Herbststürme, die sich noch vor Mitte Oktober ereignen, sind in den letzten 50 Jahren nur wenige Male aufgetreten." Die Versicherungsmathematiker von MSK schätzen Schäden durch Naturkatastrophen in Deutschland auf Basis von Modellberechnungen. 

"Pro Bahn" fordert bessere Pflege der Strecken

Nach dem Zusammenbruch des Bahnverkehrs in Teilen Deutschlands hat der Fahrgastverband "Pro Bahn" gefordert, Bäume und Sträucher entlang der Hauptverkehrsstrecken besser zu beschneiden. Bis zur Abschaffung der Dampfloks vor 40 Jahren habe es zehn Meter breite Brandschutzstreifen entlang der Gleise gegeben, die später schlichtweg zugewachsen seien, erklärte Niedersachsens Pro-Bahn-Chef Björn Gryschka.

Notfalls sei auch der Gesetzgeber gefordert, um zwischen dem Naturschutz und der Verlässlichkeit der Bahn eine Neugewichtung vorzunehmen. Wenn die Zuverlässigkeit des Fernverkehrs der Bahn durch das Wetter derart leide, führe dies zu einem erheblichen Imageschaden, sagte Gryschka. Die Leute stiegen wieder verstärkt auf das Auto um, wenn sie sich auf die Bahn nicht verlassen könnten.

ml/stu (dpa, afp, ARD)