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Politik

Satire als Waffe

20. Juni 2017

Das Global Media Forum ist eine ernste Konferenz - bei der auch gelacht wird. Etwa über die Satire von "Zambezi News". Politische Satire kann aber auch eine ernste Angelegenheit sein, wie ein Panel bewies.

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Getting away with humor under Mugabe hosted by Zambezi News
Bild: DW/K. Danetzki

Lachen ist gesund. Lachen befreit. Lachen ist subversiv. Lachen wird auch gefürchtet: von Politikern, von Autokraten, von Menschen mit Macht - wenn sie selbst der Lächerlichkeit preisgegeben werden.

Zu ihrem 10. Global Media Forum in Bonn hatte die Deutsche Welle vier starke Zeugen eingeladen, die die Macht des Humors verkörpern - aber auch die Gefahren, denen jene ausgesetzt sind, die Denkbarrieren niederreißen. "Satire als Waffe" hieß das Podium, das sie versammelte..

Der Graffitisprayer und Straßenkünstler Danilo Maldonado aus Kuba etwa saß zehn Monate im Gefängnis. Er hatte 2014 Schweine auf das Straßenpflaster gemalt und sie Fidel und Raul genannt - die Vornamen der Castro-Brüder, der kubanischen Staatschefs. Der jordanische Satiriker Isam Uraiqat wiederum reiste nicht aus dem heimatlichen Amman nach Bonn, sondern aus London. Denn vor einem Monat wurde - auf saudiarabischen Druck hin - ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, so dass er jetzt in England arbeitet. Uraiqat ist Mitgründer der Satire-Website "Al-Hudood" ("Die Grenzen"). Auch der nigerianische Cartoonist Abdulkareem Baba Aminu, der besonders gerne korrupte Politiker und Beamte aufs Korn nimmt, kennt regelmäßige Einschüchterungen: "Manchmal ist es nur ein böses Lachen, wenn ich zufällig einen von ihnen treffe. Manchmal sind es Text-Nachrichten mit ausgefeilteren Drohungen. Manchmal sind es auch Anrufe - ich weiß dann sogar, wer da anruft, so unverschämt sind sie", erzählte Aminu am Montag in Bonn.

Abdulkareem Baba Aminu (Cartoonist, Nigeria); Session: Satire as a weapon
Läßt sich nicht einschüchtern: Abdulkareem Baba Aminu aus NigeriaBild: DW/K. Danetzki
Danilo Maldonado (artist and human rights activist, Cuba); Session: Satire as a weapon
Straßenkunst, Gefängnis, Hungerstreik: Danilo Maldonado aus KubaBild: DW/K. Danetzki

"Unterschätze niemals einen Hashtag"

Mutig seien sie deswegen noch lange nicht, meinte der Satiriker Samm Farai Monro aus Simbabwe scherzhaft, eher "dumme Jungs". Bei der Eröffnung des Global Media Forums kurz vorher hatte Monro mit der Comedygruppe "Zambezi News" das Publikum mit der Darstellung afrikanischer Politiker erheitert. Der Nigerianer Aminu stimmte Monro lachend zu - ergänzte aber: "Wir sind auch wütend. Wir können nicht einfach unsere Arme verschränken und zuschauen. Wir müssen etwas tun - auf die Art, die wir beherrschen."

Aminu veröffentlicht seine Karikaturen in einer Zeitung, deren Chefredakteur er ist. Doch auch die Sozialen Medien spielen für ihn - wie für die anderen Satiriker - eine entscheidende Rolle, um seine Ideen zu verbreiten. "Unterschätze niemals einen Hashtag", erklärte Aminu. Starke Karikaturen könnten der Anlass für einen Hashtag sein, der sich zu einer großen Bewegung entwickelt, die tatsächlich Veränderung bringt. "Korrupte Beamte könnten Gegenstand einer Untersuchung werden. Bekannte Diebe könnten endlich Probleme mit der Justiz bekommen", freute sich der Karikaturist aus Nigeria.

Karikatur raffgierige Politiker in Nigeria
Räuber: Gib mir dein Geld! Mann: Sei nachsichtig! Ich bin Senator! Räuber: Ach so. Also: Gib mir unser Geld!Bild: DW/Abdulkareem Baba Aminu

Von Online-Aktivismus zu Offline-Aktionen

Die herrschenden Medien in Nigeria, Kuba, Jordanien, Simbabwe - und vielen anderen Ländern - stehen unter strenger Regierungskontrolle. Satire findet dort nicht statt. Aber über das Internet, über Facebook, YouTube, Instagram, Flickr erreichen die Künstler inzwischen ein Millionenpublikum - ein vorwiegend junges. "Zambezi News" zum Beispiel richtet sich speziell an 18- bis 35-Jährige. "Wir wollen junge Menschen inspirieren, sich in soziale oder politische Prozess einzubringen", erklärte Samm Farai Monro.

Jede Woche ruft "Zambezi News" seine Zuschauer unter dem Hashtag #getinvolved zur Teilnahme an einer speziellen Aktion auf. Das kann die Unterzeichnung einer Petition sein, die Unterstützung eines unter Druck geratenen Bürgermeisters oder auch Solidarität mit gefangenen politischen Aktivisten. "Für uns ist das Wichtigste, dass diese Online-Satire, dieser Online-Aktivismus übersetzt wird in Offline-Aktion", fasste Monro den Ansatz von "Zambezi News" zusammen.

Gelegentlich ist die Arbeit der subversiven politischen Künstler auch aus unerwarteten Gründen schwierig. Isam Uraiqat schilderte, im Nahen Osten sei das Format Satire anfangs völlig unbekannt gewesen - das Publikum habe alles auf die falsche Weise ernst genommen. Erschwerend käme hinzu, "dass viele Medien der Region extrem unprofessionell sind". Darum verbreiteten sie immer wieder Ironie als wahre Nachricht. Das habe immerhin eine Diskussion darüber ausgelöst, wie Medien arbeiteten und mit bestimmten Themen umgingen, so der jordanische Aktivist. Was ihn trotz Drohungen und Haftbefehl antreibt? Uraiqats Antwort: "Niemand sonst macht das. Wenn jemand anderes diese Arbeit tun würde, würde ich vielleicht aufhören. Aber niemand sonst trifft die Dinge so genau - und ich glaube, wir tun das!"

Matthias von Hein
Matthias von Hein Autor mit Fokus auf Hintergrundrecherchen zu Krisen, Konflikten und Geostrategie.@matvhein