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Superbeschleuniger am Start

31. März 2010

Es ist vollbracht! Der weltgrößte Teilchenbeschleuniger am CERN bei Genf läuft - wenn auch vorerst nur mit halber Kraft. Es geht um existentielle Fragen: Wie ist unser Universum enstanden und was gibt Materie ihre Masse?

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Der weltgrößte Teilchenbeschleuniger LHC am CERN (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Dienstag, 30. März, einer der Kontrollräume des Superbeschleunigers LHC. Um Punkt 13:06 Uhr klatschen Oliver Buchmüller und seine Physikerkollegen begeistert Applaus. Gerade haben die Flachbildschirme angezeigt: Ja, es hat geklappt – ultraschnelle Wasserstoffkerne sind erstmals mit Rekordenergie aufeinander geprallt und haben einen winzigen, aber ungeheuer dichten Energieblitz erzeugt – eine Art Urknall im Miniformat. "Wir sind alle sehr, sehr erleichtert", freut sich Oliver Buchmüller. "Es waren lange Jahre der Vorbereitung. Und jetzt zum ersten Mal diese Kollisionen zu sehen, ist schon überragend!"

Seit vielen Jahren hatten die Physiker am CERN auf diesen Augenblick hingearbeitet und dabei manchen Rückschlag hinnehmen müssen. So im September 2008: Nur neun Tage, nachdem der unterirdische, 27 Kilometer große Ringbeschleuniger das erste Mal gestartet worden war, gab es im Tunnel eine Explosion. Sie riss Dutzende von tonnenschweren Magneten aus ihrer Verankerung – Magneten, die die nahezu lichtschnellen Wasserstoffkerne auf ihrer Kreisbahn halten. Die Reparaturen dauerten fast anderthalb Jahre. Doch die Arbeit habe sich gelohnt, betont der Schweizer Physiker Günther Dissertori: "Jetzt ist unser Ziel, über Monate und Jahre, Millionen und Milliarden solche Kollisionen aufzuzeichnen. Und dann geht es darum, aus diesen Milliarden von Kollisionen ein paar interessante herauszufischen.“

Der weltgrößte Teilchenbeschleuniger LHC am CERN (Foto: AP
Bild: AP

Dunkle Materie und Higgs-Teilchen

Haushohe Teilchenkameras, sogenannte Detektoren, beobachten die Kollisionen und schauen nach, ob neue, bislang unbekannte Elementarteilchen entstehen. Denn diese neuen Teilchen könnten dabei helfen, einige der größten Rätsel der Physik zu lösen – zum Beispiel das der dunklen Materie. So heißt eine geheimnisvolle Materieform, von der es im Weltall nur so wimmeln muss und die die Galaxien zusammenhält wie ein unsichtbarer Klebstoff. "Mein Traum wäre, dass man in den nächsten zwei Jahren das erste Licht ins dunkle Universum bringt", hofft Rolf Heuer, der Generaldirektor des CERN. "Das wäre natürlich der Traum eines jeden Physikers."

Außerdem soll der Superbeschleuniger das ominöse Higgs-Teilchen aufspüren, benannt nach dem schottischen Physiker Peter Higgs. Es soll dafür verantwortlich sein, dass Materie und damit letztlich auch der Mensch überhaupt Masse besitzt. Diese Entdeckung wird aber wohl noch auf sich warten lassen. Denn nach dem Unfall im September 2008 sind Rolf Heuer und seine Kollegen vorsichtig geworden. "Wir gehen Schritt für Schritt vor und laufen nur bei halber Energie". Zurzeit läuft der drei Milliarden Euro teure Beschleuniger also nur mit angezogener Handbremse. 2012 werden ihn die Physiker für ein Jahr abschalten, um diverse Komponenten auszutauschen. Erst danach wird der LHC seine volle Power erreichen.

Autor: Frank Grotelüschen

Redaktion: Judith Hartl