1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Surfen für Blinde

Sönje Storm/(mik)2. September 2002

Ein neues Gesetz schreibt die Gleichstellung von Behinderten fest. Wichtigstes Ziel ist die "Barrierefreiheit": Busse und Bahnen und Gebäude - alles sollen Behinderte ohne fremde Hilfe nutzen können. Auch das Internet:

https://p.dw.com/p/2beN
"Barrierefreiheit" für blinde SurferBild: AP

Neue Softwareprogramme erleichtern Blinden das Surfen im Internet. Ein sogenannter Screen-Reader liest den Inhalt von Web-Seiten vor. Das kann zwar manchmal scheppernd klingen, aber die digitale Lesemaschine sorgt dafür, dass auch blinde Menschen ihren Weg ins Internet finden. Sie können Bilder und Symbole auf dem Monitor durch eine Textbeschreibung erkennen.

Neben dem ScreenReader gibt es auch Softwareprogramme, die für andere Behinderungen konzipiert sind. Wer beispielsweise keine Maus bedienen kann, programmiert seinen Computer so um, dass er ausschließlich mit der Tastatur arbeitet. Ältere Menschen, deren Sehkraft nachgelassen hat, nutzen oftmals eine Software, die die Buchstaben auf dem Monitor vergrößert darstellt.

Arbeitserleichterung durch das Internet

Matthias Klaus ist seit seiner Geburt blind. Das Internet bedeutet für den Journalisten eine enorme Erleichterung seiner Arbeit - wenn er die Inhalte lesen kann. Denn: In manchen Fällen streikt sein ScreenReader. Und zwar dann, wenn die Beschreibungen hinter Bildern oder Symbolen fehlen. "Ich war zum Beispiel mal auf einer Seite 'Reisen für Behinderte'. Die war so programmiert, dass man sie nicht lesen konnte“, sagt er. „Da habe ich mir dann auch die Mühe gemacht, da anzurufen und denen das zu sagen. Geändert haben sie das aber bis heute nicht."

Für ihn ist das ärgerlich, wenn er einfach nur surfen will. Aber auch ein echter Nachteil. Denn gerade für Behinderte sollte das Internet eigentlich den Alltag erleichtern."Wenn ich zum Beispiel in der Lage wäre, meine Bank online zu benutzen, dann brauche ich auch niemanden mehr, der mir meine Kontoauszüge vorliest, und müsste mich nicht mehr so offenbaren!"

Problem Programmierung

Doch nicht nur die Seiten von Banken, sondern auch die von vielen anderen Unternehmen sind für behindertengerechte Software nicht lesbar. Denn durch die festgelegte Programmierung von Farben, Formen und Graphiken der Seiten sind die Inhalte nicht mehr für die Spezialsoftware erfassbar. "Wenn die darauf fixiert sind, dass ihr Webangebot in einem bestimmten Schrifttyp erscheinen muss und in einer bestimmten Schrifttyp-Größe, dann hat der Webdesigner ein Problem, sein Angebot barrierefrei zu gestalten, weil das eben ein Kriterium ist, dass Schrifttypen anpassbar sein müssen“, sagt Henrike Gappa vom Fraunhofer Institut für angewandte Systemtechnik. Die Wissenschaftler helfen Behörden und Unternehmen dabei, Zugangsbarrieren zum Internet abzubauen.

Viele Unternehmen sperrten sich bislang behindertengerechte Seiten anzubieten, da sie zusätzliche Ausgaben befürchteten. Dieses Vorurteil wollen die Experten des Fraunhofer Instituts ausräumen. Denn spezielle Internetseiten für Behinderte anzulegen ist nicht erforderlich. Es genügt eine Version für alle Nutzer. Aber: Sie muss kompatibel für die Software der Behinderten sein. „Wir können Webdesigner trainieren, oder helfen Unternehmen oder auch Behörden, beraten sie dahingehend, wie ihre Webdesigner ihre Web-Pages programmieren können, dass sie eine Version haben, auf die mit jeder Zugangs-Software zugegriffen werden kann“, erläutert Gappa. Während Privatunternehmen nicht gezwungen werden können, ihre Webseiten umzurüsten, sind Behörden dazu verpflichtet.