1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ist Syriens Armee vorbereitet?

Stephanie Höppner1. September 2013

Falls der US-Kongress grünes Licht gibt, könnte Syrien schon bald angegriffen werden. Dass Syrien zurückschlägt, halten Experten für eher unwahrscheinlich. Wie stark die syrische Armee noch ist, bleibt aber umstritten.

https://p.dw.com/p/19ZoE
Syrische Soldaten kontrollieren die Straßen in einem Gebiet nahe der libanesischen Grenze (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Wie wird Syriens Armee auf einen begrenzten Militärschlag reagieren? Bislang ist bekannt geworden, dass das syrische Militär zur Vorbereitung Einheiten in die Wohngebiete der Hauptstadt Damaskus verlegt hat. Das zumindest berichten Anwohner. Die Soldaten sollen Ausrüstung in Wohngebäude, Schulen und Studentenwohnheime geschafft haben. Eine Moschee im Viertel Al-Mezzeh sei in eine Kaserne verwandelt worden. Über die Frage, wie gut das Militär von Machthaber Bashar al-Assad nach rund zwei Jahren Bürgerkrieg insgesamt noch aufgestellt ist, kann nur spekuliert werden.

Politisch unzuverlässige Armee

"Assad hat eine große Armee, aber die meisten seiner Soldaten sind Sunniten - ein großer Teil seiner Armee ist also politisch unzuverlässig", erklärt Analyst John Pike vom Think Tank GlobalSecurity.org im Gespräch mit der Deutschen Welle. Auch auf höherer Ebene mache sich die schwierige Zusammensetzung innerhalb der Armee bemerkbar. Nur wenige Offiziere im Feld hätten sein Vertrauen. "Die alawitischen Offiziere, denen er vertraut, müssen in den Kasernen bleiben, um sicherzustellen, dass die Mannschaften nicht meutern", sagt Pike weiter.

Syriens Drohpotential (Grafik: DW)

Dabei haben die syrischen Streitkräfte zumindest theoretisch zu den stärksten im arabischen Raum gehört. Doch nach dem langen Bürgerkrieg ist nicht nur der Kampfeswillen geschwächt - auch die Truppenstärke ist stark reduziert. So soll sich ihre Zahl von etwa 325.000 auf etwa die Hälfte reduziert haben, schreibt das Internationale Institut für Strategische Studien in London (IISS) in einer Analyse vom März dieses Jahres. Politikwissenschaftler Albert Stahel von der Universität Zürich geht im DW-Gespräch davon aus, dass die Zahl mittlerweile noch stärker geschrumpft ist. Die Armee sei durch die vielen Deserteure und Verluste regelrecht "zerbrochen".

Möglicherweise moderne Raketenabwehr

Depots und Waffen sind nach Ansicht des Geopolitik-Experten aus Zürich dagegen noch in größerem Maße vorhanden. Das Londoner Institut IISS rechnet beim Heer noch mit sieben Panzerdivisionen, drei Panzergrenadier-Divisionen, zwei Divisionen Spezialeinheiten und einer Division der Republikanischen Garde, die für Damaskus zuständig ist. "Die syrische Armee wurde über Jahrzehnte durch die damalige Sowjetunion und später Russland mit Waffen versorgt", ergänzt Stahel die Angaben aus London.

Russische S-300-Luftabwehr-Raketen, hier auf einem Testgelände in Russland (Foto: dpa)
Russische S-300-Luftabwehr-Raketen, hier auf einem Testgelände in RusslandBild: picture-alliance/dpa

Ein namentlich nicht genannter Chef der russischen Luftabwehr schließt nicht aus, dass Syrien auch über das hochmoderne russische Raketenabwehrsystem S-300 verfügt. "Falls nicht Russland das System bereits geliefert hat, so könnten das schon längst China oder Weißrussland getan haben", sagte der der Deutschen Presseagentur. Diese Aussage ist umstritten: Albert Stahel hält die Lieferung für wenig wahrscheinlich.

Mehr als 1000 Tonnen Giftgas

Schon seit dem israelisch-arabischen Jom-Kippur-Krieg 1973 hat Syrien Giftgas-Bestände. Die französische Zeitung "Journal du Dimanche" schreibt, von mehr als 1000 Tonnen chemischer Kampftstoff und beruft sich dabei auf aktuelle französische Geheimdiensterkenntnisse. Sie berichtet von mehreren hundert Tonnen Senfgas und Sarin, die schon in kleinen Mengen Menschen schwer verletzen oder töten können. Die Lieferanten: vermutlich der Iran und Russland. Doch Syrien soll auch selbst Giftgas produziert haben.

Giftgasfass (Foto: tiero)
Frankreich rechnet mit 1000 Tonnen Giftgas in SyrienBild: Fotolia/tiero

Die Reichweite der chemischen Kampfmittel: je nach Waffenträger bis zu 800 Kilometer, sagt Stahel. Bei einem Militärschlag der Amerikaner könnte es zu einem Gegenangriff auf US-Schiffe kommen. Doch das hält Stahel für eher unwahrscheinlich, ebenso wie einen möglichen Vergeltungsschlag gegen Israel. "Das plausibelste Szenario ist: Ein solcher US-Luftangriff findet gegen vorher ausgewählte Ziele in Syrien statt, und damit hat es sich." Die Gefahr, dass die Situation für Assad bei einem Gegenschlag eskalieren könnte, sei einfach zu groß.