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Syriza vor der Spaltung

Panagiotis Kouparanis31. Juli 2015

Die Unterschiede innerhalb der griechischen Regierungspartei werden unüberwindbar. Es zeichnet sich die Abspaltung des linken Flügels ab. Parteichef Alexis Tsipras will die Unterstützung für seinen Regierungskurs.

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Griechenland Alexis Tsipras in Athen (Foto: REUTERS/Yiannis Kourtoglou)
Bild: Reuters/Y. Kourtoglou

"Scheidung" ist das wohl am meisten verwendete Wort in den Berichten und Kommentaren der griechischen Medien über die Sitzung des Zentralkomitees der Regierungspartei Syriza bis in die Nacht zum Freitag. Es wird von "Scheidung auf Raten", einer "Vorankündigung einer politischen Scheidung" oder auch einer "Scheidung in kriegerischer Atmosphäre" gesprochen.

In der öffentlichen Meinung des Landes herrscht der Eindruck, dass die Spaltung der griechischen Linkspartei wohl unausweichlich ist. Der Riss zwischen dem linken Flügel und der Parteimehrheit ist wohl nicht mehr zu kitten. Die Auseinandersetzung wurde mit harten Bandagen geführt, persönliche Anfeindungen waren keine Seltenheit. Und trotz des emotional aufgeladenen Klimas wurde zum ersten Mal in einem Syriza-Parteigremium die Frage nach den Inhalten linker Regierungspolitik in Griechenland konkret diskutiert. Dabei zeigte sich, dass die grundsätzlichen Konflikte der Partei nicht kaschiert werden können.

Tsipras stellt die Machtfrage

Schon am Mittwoch kündigte sich an, dass Syriza-Chef Alexis Tsipras auf eine harte Linie gegen den linken Flügel seiner Partei einschwenkt. Grundtenor eines zweistündigen Radiointerviews war, die Parteilinke müsse sich entscheiden. Es gehe nicht an, dass sie erkläre, sie werde die Syriza-Regierung keinesfalls stürzen, während sie zugleich im Parlament gegen Verhandlungen für ein drittes Kreditpaket stimme. Am nächsten Tag im Zentralkomitee verschärfte Tsipras die Gangart und ging zum Frontalangriff über. All denjenigen in seiner Partei, die behaupten, der Austritt Griechenlands aus dem Euro und ein Bruch mit Partnern sei eine gangbare Alternative, warf er vor, sie würden entweder die Augen vor der Wahrheit verschließen oder sie sagten die Unwahrheit. Nämlich, dass ein solcher Kurs eine "Sparpolitik ohne Ausweg" zur Folge haben würde. Tsipras forderte seine Kritiker auf, "ohne Umschweife" klar zu sagen, was sie denn nun genau wollen.

Panagiotis Lafazanis (Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis)
Panagiotis Lafazanis, Anführer der "Linken Plattform", wettert gegen einer "Diktatur des Euro"Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Das tat dann Panagiotis Lafazanis, Anführer der "Linken Plattform" und bis zu seiner Entlassung Energieminister des Landes. Er sprach von einer "Diktatur des Euro" und beschuldigte diejenigen in der Partei, die für den Verbleib in der Eurozone plädieren, den Euro zu einem "religiösen Dogma" erhoben zu haben. Lafazanis bestritt, dass der Euroaustritt einer Katastrophe gleichkäme. Praktisch könne die Einführung einer Nationalwährung durch die 35 Milliarden Euro auf den Sparkonten der griechischen Banken und den "dutzenden von Milliarden" in den Bankschließfächern abgesichert werden.

Ein überfälliger Klärungsprozess

Dieser Logik wollte am Ende einer über zwölfstündigen Sitzung die Mehrheit des Zentralkomitees nicht folgen. Sie nahm den Vorschlag von Tsipras an, einen außerordentlichen Parteitag im September einzuberufen, um über die strategische Ausrichtung der Partei zu beraten. Das heißt also, zu einem Zeitpunkt nach dem die Verhandlungen mit Europäischer Kommission, EZB, IWF und dem Europäischem Stabilitätsmechanismus (ESM) über ein drittes Kreditpaket abgeschlossen sein dürften.

Aber vielleicht kommt es auch gar nicht dazu, da vorher die "Linke Plattform" Syriza verlässt. In einer Verlautbarung am Freitagmorgen erklärte sie, dass die Einberufung eines außerordentlichen Parteitages nachdem das griechische Parlament einem dritten Kreditprogramm zugestimmt hat, "absolut keinen Sinn" mache. Denn in diesem Fall wären die Parteitagsdelegierten vor vollendete Tatsachen gestellt und müssten im Nachhinein einer Vereinbarung zustimmen, die "im höchsten Maße schädlich für das Land" wäre.

Diese Entwicklung bei Syriza kommt nicht von ungefähr. Sie hat sich schon seit längerem angekündigt, für viele Beobachter der griechischen Politik schien sie geradezu unausweichlich. Heute rächt sich für Syriza, dass die Partei innerhalb weniger Jahre ihr Wahlergebnis fast verzehnfacht hat. Weniger aus eigener Leistung, sondern weil die früheren Regierungsparteien Nea Dimokratia und PASOK kläglich gescheitert waren. Dieser Prozess ging so rasant vor sich, dass die einstige Nischenpartei Syriza sich nicht die Zeit für eine innerparteiliche Diskussion nahm, um die Frage zu beantworten: was heißt "linke Regierungspolitik"? Und zwar nicht nur in Griechenland, sondern in einem Land der Eurozone, dem wohl weltweit am meisten entwickelten Raum der freien Marktwirtschaft.

Alexis Tsipras (Foto: REUTERS/Yiannis Kourtoglou)
Alexis Tsipras - Härtere Gangart gegen die innenparteilichen GegnerBild: Reuters/Y. Kourtoglou