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Tägliches Pro-Kopf-Einkommen unter ein US-Dollar

19. Juni 2002

Um die ärmsten der armen Länder geht es im aktuellen Bericht der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

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Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt – am meisten trifft es die KinderBild: Ange-Maria Pioerron

Unter dem Titel ‚Wege aus der Armutsfalle' sind 49 afrikanische und asiatische Länder aufgelistet, die gemessen am Pro-Kopf-Einkommen als die am wenigsten entwickelten Länder weltweit gelten.

Weitere Faktoren, die in die Bewertung einfließen, sind wirtschaftliche Stabilität und das sogenannte menschliche Kapital, womit unter anderem Gesundheit, Ernährung, Bildung und Lebenserwartung gemeint sind.

Gemessen an diesen Kriterien hat sich dem Bericht zufolge die Zahl der in extremer Armut lebender Menschen in den vergangenen 30 Jahren auf 307 Millionen verdoppelt. Als extrem arm gelten Menschen nach den Maßstäben der UNCTAD, wenn ihr tägliches Pro-Kopf-Einkommen weniger als ein US-Dollar beträgt. Sollten die gegenwärtigen Trends anhalten, lautet die pessimistische Vorhersage, wird die extreme Armut weiter ansteigen. Im Jahre 2015 werden es demnach mindestens 420Millionen Menschen sein, die zu dieser Kategorie gerechnet werden müßten, sagt Michael Herrmann aus dem Genfer Büro der UNO-Handels- und Entwicklungskonferenz. Und er nennt zwei der wichtigsten Forderungen, um die Situation verbessern zu können:

"Was wir brauchen, ist eine Erhöhung des Schuldererlasses, wir brauchen eine Erhöhung der Entwicklungshilfe. Und - ganz wichtig - eine Erhöhung der Effizienz der Entwicklungshilfe, um den Ländern die Ressourcen für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, um in ihre einheimische Wirtschaft zu investieren und eben auch effektiv produktive Kapazitäten zu fördern und anhaltendes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erlangen. Das eben, wie unsere Armutsdaten zeigen, Voraussetzung für eine Reduzierung extremer Armut in diesen Ländern ist."

Innerhalb der 49 ärmsten Länder unterscheidet die UN-Handels- und Entwicklungskonferenz zwischen jenen, die landwirtschaftliche Produkte, sogenannte Primärgüter, exportieren, und solchen, die Industriegüter und Dienstleistungen exportieren. Die Situation der Länder, die nur Lebensmittel exportieren, Obst oder Kaffee beispielsweise, hat sich aufgrund stark gefallener Weltmarktpreise weiter verschlechtert. Länder mit anderen Export-Schwerpunkten erging es vergleichsweise besser. Eine Sonderrolle nehmen Länder ein, die mit Rohöl-Exporten aufgrund der gestiegenen Preise auf dem Weltmarkt in den vergangenen Jahren von dieser Enwticklung profitiert haben.

Ein großes Problem für die ärmsten Ländern ist laut UNCTAD-Bericht die weltweite Subventionspraxis, nicht zuletzt in den Ländern, die der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören. Dadurch würden die ärmsten Länder noch weniger Einnahmen verbuchen, weil sie auf dem Weltmarkt weniger verkaufen können. Michael Herrmann von der UN-Handels- und Entwicklungskonferenz macht das Dilemma am Beispiel von Tomatenmark deutlich:

"Wir stellen an diesem Beispiel fest, dass eben Agrar-Subventionen in OECD-Staaten eben auch dazu führen können, daß Produkte, die ursprünglich von afrikanischen Ländern produziert und exportiert wurden, aus dem Weltmarkt gedrängt werden. Und dass diese Länder, die eben auch Exporteure in diesem Gut waren, nämlich in dem Gut Tomatenmark, inzwischen Importeure geworden sind."

Die Folge davon ist eine höhere Verschuldung - der übliche Teufelskreis, der die Kluft zwischen armen und reichen Ländern immer tiefer werden läßt. War das weltweite Durchschnittseinkommen 1960 nach Angaben der UN-Handels- und Entwicklungskonfenrenz elfmal höher als in den ärmsten Ländern, stieg dieser Faktor bis zum Jahre 2000 auf 32.

Trotz dieser negativen Entwicklung zeichnet sich bei einigen der ärmsten Länder eine positive Tendenz ab, wie man sie auch in höher entwickelten Ländern beobachten kann: Wirtschaftswachstum einhergehend mit mehr privatem Konsum hat nach Erkenntnissen von UNCTAD zu einer Verringerung der Armut insgesamt in den Ländern geführt, die in dem Bericht vorkommen. Doch seien die Ärmsten der Armen in einer globalisierten Weltwirtschaft bei allen eigenen Anstrengungen auf Hilfe von außen angewiesen. Daran führt nach Überzeugung UN-Organisation kein Weg vorbei. Weshalb eine Forderung auch lautet, für Spekulations-Gewinne eine Abgabe zu erheben. Mit anderen Worten: die sogenannte Tobin-Steuer einzuführen.