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Türkei: Höchste Inflationsrate seit 15 Jahren

6. November 2018

Mit 25,2 Prozent hat die Inflation in der Türkei den höchsten Stand der vergangenen 15 Jahre erreicht. Auch 2019 wird die hohe Inflation andauern, so Experten. Die Maßnahmen der Regierung seien "symbolisch".

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Türkei Lira Banknoten
Bild: Reuters/M. Sezer

Die Inflation ist kein neues Problem in der Türkei. In den 90er Jahren lag sie bei 90 Prozent. Man nannte damals dieses Phänomen "Inflationsmonster". Doch das strenge Sparprogramm nach der Wirtschaftskrise 2001, die Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) und die politische Stabilität, die mit der religiös-konservativen AKP-Regierung kam, führten zu einem Sinken der Inflation. Jetzt allerdings, nach 16 Jahren AKP-Regierung, sind die gleichen Probleme wieder da: instabile Wirtschaft und eine hohe Inflationsrate.

Laut türkischen Statistikamt erreichte die Inflation im Oktober mit 25,24 Prozent den höchsten Wert der letzten 15 Jahre. Die größte Preiserhöhung war bei Kleidung und Schuhen mit einer monatlichen Erhöhung von 12,74 Prozent zu verzeichnen. Auch bei Immobilien war eine Preissteigerung um 4,15 Prozent zu verzeichnen, bei Möbeln lag sie bei 3,44 Prozent, und die Preise für Lebensmittel und nicht-alkoholische Getränke nahmen um 3,22 Prozent zu. Damit ist die Türkei von 180 Ländern, deren Inflationswerte vom IWF veröffentlicht wurden, unter den Top 10 der Länder mit der höchsten Inflationrate.

Finanzminister Berat Albayrak, der die Inflationsdaten auswertete, erklärte, dass der Inflationswert in den Monaten November und Dezember zurückgehen werde. Ökonomen hingegen halten einen rückläufigen Trend für unrealistisch.

"Weiterer Anstieg der Inflation im November und Dezember"

Prof. Dr. Öner Günçavdı ist Dozent für Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Istanbul (ITÜ). Er ist der Überzeugung, dass die Türkei derzeit ein Problem in der Realwirtschaft hat. "Die Firmen können ihre Preise nicht festlegen. Diese spiegeln nicht die Kosten wieder. Das müssen sie aber. Solange die Preise weiter steigen, wird auch die Inflation weiter ansteigen", so Günçavdı. Er kritisiert auch die Maßnahmen der Regierung, die im September getroffen wurden.

Das Maßnahmenpaket  der Regierung sah vor, dass auf Strom und Gas keine Zuschläge erhoben werden sollten, auf Waren der an diesem Programm teilnehmenden Firmen sollte es zehn Prozent Preisnachlass und auf die Zinsen hoher Bankenkredite einen Nachlass von zehn Prozent geben. Das Ordnungsamt hat wegen dieser unregelmäßigen Preiserhöhungen in Supermärkten sogar Kontrollen durchgeführt.

Türkei: Inflation zieht weiter an

 "Die Maßnahmen der Regierung waren ohne Erfolg"

Auch der Ökonom Uğur Gürses kritisiert diese Maßnahmen. "Man ging davon aus, dass die Preise sinken würden. Aber es war von vornherein klar, dass das nur symbolisch war. Alles zeigt, dass die Inflation mit vollem Tempo weiter voranschreitet", so Gürses.

Der Preisanstieg ist auch eine Folge der Schwäche der türkischen Währung. Die Türkische Lira hatte wegen des Streits mit den USA, hinsichtlich der der Verhaftung des US-PastorsAndrew Brunson  in der Türkei massiv an Wert verloren. Ihre andauernde Schwäche verteuert Importe und treibt damit die Verbraucherpreise in die Höhe. Nach der Freilassung  Brunsons im vergangenen Monat hat die US-Regierung einige Sanktionen gegen die Türkei aufgehoben. Trotz des Widerstands von Präsidenten Erdogans, hat außerdem die Zentralbank den Zinssatz im September auf 24 Prozent angehoben. Diese Entwicklungen führten zu einer leichten Erholung der Lira.

Gürses geht weiter davon aus, dass diese Erholung die Inflation sobald nicht beeinflussen wird. "Es sieht so aus, als sei die Zunahme bei den Preisen der Produzenten etwas langsamer geworden. Aber die Zunahme bei den Energiepreisen ist ganz deutlich zu sehen. Hier gibt es eine Zunahme von 80 Prozent jährlich. Das wird sich nach und nach auch auf die Preise des Einzelhandels auswirken", so Gürses.

Seiner Meinung nach hat die Regierung statt konstruktiver Maßnahmen zur Senkung der Inflation nur die Symptome wie Preisnachlass-Kampagnen betrieben. "Es war klar, dass das nichts bringen würde", erklärt der Ökonom.