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Politik

Türkei rügt deutsches Asyl für eigene Soldaten

11. Mai 2017

Am Dienstag wurde bekannt, dass einige türkische Militärs Asyl in Deutschland erhalten haben. Erwartungsgemäß kritisiert die Regierung in Ankara dieses Vorgehen. Für ihre Verhältnisse fällt die Kritik aber moderat aus.

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Die deutsche und die türkische Flagge
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Die Türkei hat die Aufnahme türkischer Soldaten als politische Flüchtlinge in Deutschland in deutlichen Worten getadelt und eine Überprüfung der Entscheidungen gefordert. Man bedauere, dass die Asylanträge mancher ehemaliger Militärs positiv entschieden worden seien, erklärte das Außenministerium in Ankara. Die deutschen Behörden hätten mit der Entscheidung "Nachsicht mit der Geisteshaltung der Putschisten gezeigt". Die Betroffenen hätten eindeutig Verbindungen zur Fethullah-Terrororganisation ("Fetö") - so nennen die türkischen Behörden die islamistische Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen, den Ankara für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich macht.

Gülen hat diese Anschuldigungen, für die Ankara bisher keinerlei Belege vorgelegt hat, mehrfach als haltlos zurückgewiesen. Das Ministerium erklärte weiter, obwohl alle "Beweise", die die Verbindungen der Putschisten zu Fetö zeigten, auf der Hand lägen, "stellt diese Entscheidung Deutschlands einen Schritt dar, der mit dem Geiste der Allianz nicht einhergeht und den mehrdimensionalen Beziehungen zwischen unseren Ländern schadet".

Asyl für mehrere Militärs

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass seit dem niedergeschlagenen Putschversuch in der Türkei mehrere Türken mit Diplomatenpass in Deutschland Asyl bekommen haben. Nach Medienberichten gehören dazu türkische Soldaten und ihre Familien. Die Sender WDR und NDR sowie die "Süddeutsche Zeitung" berichteten, es handele sich um NATO-Soldaten, die vor ihrer Entlassung aus den Streitkräften in Deutschland stationiert gewesen seien. Sie besäßen in der Regel einen Diplomatenpass.

Das Bundesinnenministerium erklärte am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, zu Einzelfällen gebe man grundsätzlich keine Auskunft. Eine Sprecherin bestätigte lediglich, dass mittlerweile "in einigen Fällen" die Asylanträge von türkischen Bürgern mit Diplomatenpässen positiv entschieden worden seien. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 wurden in der Türkei zehntausende Menschen inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen, unter ihnen viele Militärs, Richter und Staatsanwälte.

414 Asylanträge

Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellten seit dem Putschversuch - bis Anfang Mai - 414 türkische Bürger mit Diplomatenpässen oder Dienstpässen einen Asylantrag in Deutschland. Diese Zahlen umfassen auch Familienangehörige. Dazu erklärte das BAMF, Asylgründe oder die Berufe von Antragstellern würden nicht allgemein statistisch erfasst. Es gebe auch keine Angaben zu der Frage, wie viele Soldaten Asyl beantragt hätten.

Bei drei positiv entschiedenen Asylanträgen handelt es sich um Soldaten aus dem NATO-Hauptquartier im pfälzischen Ramstein. Das teilte der Kreis Kaiserslautern mit. Es hätten auch noch mehr türkische Soldaten aus Ramstein Asyl beantragt. Asylgesuche von Türken mit Diplomatenpass gelten als außenpolitisch heikel, da eine Anerkennung das Verhältnis zur Türkei weiter verschlechtern könnte. Ende Januar hatte der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik gefordert, Deutschland solle alle Asylanträge türkischer Offiziere ablehnen. Das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland ist ohnehin angespannt. Ankara wirft den deutschen Behörden vor, "Terroristen" zu beherbergen, Deutschland kritisiert im Gegenzug das harte Vorgehen gegen die Opposition in der Türkei.

Türkische Juristen fragen an

Derweil gehen bei deutschen Anwälten und Richtern zunehmend Anfragen türkischer Juristen ein, die aus politischen Gründen eine Flucht nach Deutschland erwägen. Der Deutsche Anwaltverein und der Deutsche Richterbund hatten Mitte April nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei eine türkischsprachige Webseite eingerichtet - als Anlaufstelle für Kollegen, die nach Deutschland flüchten wollen oder dies bereits getan haben und die Rat suchen, wie sie hierzulande arbeiten können. Bisher lägen mehr als 50 Anfragen türkischer Anwälte und Richter vor, sagten Sprecher beider Verbände auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. 

kle/sti (dpa, afpe, kna)