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Opposition siegt deutlich

22. März 2008

Taiwan hat den Wechsel gewählt: Der Spitzenpolitiker der Nationalen Volkspartei Ma hat sich deutlich gegen den Regierungskandidaten Hsieh durchgesetzt. Für die Beziehungen zu China bedeutet das: Annäherung.

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Anhänger Ma Ying Jeous jubeln (22.3.2008, Quelle: AP)
Der Jubel ist groß: Anhänger von Ma Ying Jeou nach der WahlBild: AP
Ma bei der Stimmabgabe (22.3.2008, Quelle: AP)
Ma Ma Ying Jeou zelebriert seinen SiegBild: AP

Mit klarem Vorsprung hat der Oppositionskandidat Ma Ying Jeou am Samstag 822.3.2008) die Präsidentenwahl in Taiwan gewonnen. Der 57-jährige Spitzenpolitiker von der Nationalen Volkspartei Kuomintang setzte sich mit 58,5 Prozent deutlich gegen seinen Konkurrenten Frank Hsieh (61) von der regierenden Fortschrittspartei (DPP) durch, der nur auf 41,6 Prozent kam. Rund 76 Prozent der 17 Millionen Wahlberechtigten beteiligten sich an dem Urnengang, berichtete die Wahlkommission in Taipeh am Samstag (21.3.2008). "Wir haben gewonnen", rief Jason Hu, ein ranghohes Mitglied von Mas Nationaler Volkspartei (Kuo-Min Tang). "Wir nehmen diese Niederlage an", sagte ein Sprecher von Hsiehs Demokratischer Fortschrittspartei (DPP).

Die 23 Millionen Einwohner zählende demokratische Inselrepublik steht damit vor einem Regierungswechsel von der Fortschrittspartei zur Kuomintang, die bereits im Parlament die Mehrheit stellt.

Wie umgehen mit China?

Die Präsidentenwahl auf der Insel galt als Richtungsentscheidung über das künftige Verhältnis zu Peking. Beide Kandidaten haben angekündigt, die Beziehungen zu China entspannen. Während Ma einen Friedensvertrag mit Peking und Verhandlungen über einen gemeinsamen Markt anstrebt, trat Hsieh für eine zurückhaltendere Annäherung ein. Beide Kandidaten befürworteten jedoch eine Abkehr von der strikten Abgrenzungspolitik des DPP-Politikers Chen Shui Bian, der seit 2000 regierte und eine förmliche Unabhängigkeitserklärung anstrebte.

Anhänger der Demokratischen Fortschrittspartei nach der Wahl (Quelle: AP)
Demut oder Trauer? Anhänger der Demokratischen Fortschrittspartei nach der WahlBild: AP

Peking reagierte zunächst nicht offiziell auf den Wahlausgang. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua thematisierte die Abstimmung nur am Rande und sprach von der "Wahl einer neuen Führung". Der Wahlausgang reflektiere den Willen der Taiwaner, sich dem Festland wieder anzunähern, sagte Professor Niu Jun von der Universität Peking. Nun könnten beide Regierungen an den früheren Konsens anschließen und die Beziehungen ausbauen.

Wirtschaftliche Annäherung

Nach zwei Amtszeiten durfte der bisherige Präsident Chen Shui Bian nicht mehr antreten. Er wird sein Amt am 20. Mai an seinen Nachfolger Ma übergeben. Der frühere Justizminister und langjährige Bürgermeister der Metropole Taipeh plädiert für eine stärkere Ausweitung der Handelsbeziehungen zu Festlandchina, eine Aufhebung des Jahrzehnte alten Verbots direkter Flug- und Schiffsverbindungen und einen "gemeinsamen Markt" mit China, damit die schwächelnde Wirtschaft Taiwans stärker vom Boom in China profitieren kann.

In seiner Reaktionen auf die Niederschlagung der Proteste in Tibet hatte Ma trotz seiner China-freundlichen Haltung eine harte Linie verfolgt und einen möglichen Boykott der Olympischen Spiele nicht ausgeschlossen. Sein Konkurrent, Ex-Ministerpräsident Hsieh, schien kurz vor der Wahl seinen Rückstand noch aufholen zu können, scheiterte dann aber doch deutlicher als erwartet.

Vorgänger wollte auch formelle Unabhängigkeit

Der scheidende Präsident Chen Shui Bian hatte die Wähler aufgerufen, denjenigen zu wählen, "der Taiwans Sicherheit und Souveränität schützen und verhindern kann, dass Taiwan ein zweites Hongkong, ein zweites Tibet oder eine chinesische Sonderzone wird". Ängste, dass Taiwan bei einer stärkeren Annäherung an China einmal ein ähnliches Schicksal wie Tibet ereilen könnte, haben die Wähler offenbar nicht abgehalten, Ma Ying Jeou zu wählen.

Wahlkampfabschluss der DPP (21.3.2008, Quelle: AP)
Am Freitag konnten sie noch jubeln: Wahlkampfabschluss der DPPBild: picture-alliance/ dpa

Der Kurs des bisherigen Präsidenten Chen Shui Bian, Taiwan auch formell von China abzurücken und seine Eigenständigkeit zu betonen, hatte in Peking zu großer Verärgerung geführt. Deswegen dürfte nach Einschätzung von Beobachtern die Wahl von Ma Ying Jeou in Peking mit Erleichterung aufgenommen werden.

Peking hofierte die Opposition

Trotz der historischen Feindschaft während des Bürgerkrieges und auch nach der kommunistischen Machtübernahme 1949 in Peking hatten sich die nun siegreiche Kuomintang und die Kommunistische Partei Chinas in den vergangenen Jahren ausgesöhnt. Trotz anhaltender Differenzen hatten Chinas Führer die Kuomintang geradezu hofiert, um Taiwans Präsidenten Chen Shui Bian und die Unabhängigkeitskräfte zu isolieren.

An einer zu geringen Beteiligung von nur rund 6,2 Millionen Wählern scheiterten zwei Volksabstimmungen über einen Beitritt Taiwans zu den Vereinten Nationen. Gesetzlich notwendig wäre eine Beteiligung von 8,5 Millionen der Wahlberechtigten gewesen. Die Fortschrittspartei hatte gefragt, ob die Inselrepublik als "Taiwan" und nicht unter dem bis heute offiziellen Namen "Republik China" einen Beitritt beantragen soll. Die Kuomintang wiederum suchte Unterstützung für eine Wiederherstellung des 1971 an die kommunistische Volksrepublik China verlorenen UN-Sitzes.

Beide Voten galten als praktisch aussichtslos, weil die Vereinten Nationen allein Peking als rechtmäßige Vertretung Chinas anerkennen. Peking betrachtet Taiwan nur als abtrünnige Provinz und droht bei einer Abspaltung mit Krieg. (mg)