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Wie funktionieren Tarnkappen-U-Boote?

22. November 2017

Seit einer Woche suchen Schiffe, Flugzeuge und Unterwasser-Roboter fieberhaft nach dem verschwundenen argentinischen U-Boot ARA San Juan. Die moderne Tarnkappentechnologie solcher U-Boote erschwert die Suche.

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Argentinien Suche nach U-Boot mit 44-köpfiger Besatzung dauert an
Bild: Reuters/Handout: Armada Argentina

Militärische U-Boote sind dafür gebaut, möglichst unsichtbar durch die Weltmeere zu fahren - unerkannt von Feinden, Gegnern und Spionen. Sie tauchen nur selten auf, um Funk- oder Telefonkontakt zu ihren Hauptquartieren aufzunehmen und verhalten sich sonst meistens still.

Das gilt natürlich im Notfall nicht mehr. Dann müssen die Besatzungen deutlich auf sich aufmerksam machen: Sie können an der Wasseroberfläche Notrufsignale absetzen oder unter Wasser Klopfzeichen oder andere akustische Zeichen geben.

Dabei kommt ihnen aber unter Umständen die Bauform ihrer U-Boote in die Quere, denn die ist darauf ausgelegt, dass möglichst alle Signale geschluckt werden.

Ist die ARA San Juan überhaupt ein Tarnkappen-U-Boot?

Moderne Tarnkappen-U-Boote sind etwa die Klasse A212 der Bundesmarine oder auch das Saab A26 der Schwedischen Marine. Diese U-Boot Typen wurden in den 1990er Jahren entwickelt und sind von Anfang an komplett als Tarnkappen-U-Booet konzipiert. Sie geben kaum Geräusche von sich, strahlen kaum Wärme ab und reflektieren Radar- und Sonarimpulse nur minimal. Mit solchen U-Booten ist das Argentinische U-Boot ARA San Juan nicht zu vergleichen.

Dieses U-Boot wurde von der deutschen Werft Thyssen Nordseewerke gebaut und bereits 1985 in den Dienst gestellt. Später erhielt es eine weitere Modernisierung, die 2013 abgeschlossen wurde.

Was bedeutet "Tarnkappe" bei einem U-Boot?

Grundsätzlich ist jedes militärische U-Boot so konstruiert, dass es möglichst wenig Signale von sich gibt - das gilt natürlich auch für ARA San Juan.

Bereits im zweiten Weltkrieg baute Deutschland U-Boote mit Tarnkappen-Fähigkeiten. Als erstes solches U-Boot gilt die Klasse VII der Deutschen Kriegsmarine. Bei diesem U-Boot-Typ ging es bereits darum, die Motorengeräusche so weit wie möglich zu reduzieren und bei der Fahrt über Wasser ein möglichst schwaches Radarsignal zu erzeugen. Seitdem haben U-Boot-Konstrukteure immer neue Wege entwickelt, um die Boote "unsichtbar" zu machen. Hier die wichtigsten Tricks:

US-Tarnkappenkomber B-2 Spirit
Ein Tarnkappen-Bomber ist aufgrund der Flügel-Winkel mit Radar kaum zu erkennenBild: picture-alliance/dpa

Streuung und Ablenkung von Wellen - statt Reflektion

Die größte Gefahr für Schiffe und Flugzeuge - aber auch für U-Boote - geht vom Radar aus. Der funktioniert so, dass elektromagnetische Wellen durch ein festes, am besten metallisches, Material reflektiert und zurückgeworfen werden. Jachten aus faserverstärktem Kunststoff reflektieren nur schwach und sind eigentlich auch Tarnkappenschiffe. Nur ist das hier nicht erwünscht. Deshalb haben sie am Mast meist einen Radarreflektor - ein Oktaeder aus Metallblech. So wird das Schiff für das Radar erkennbar.

Konstrukteure, die ein großes Schiff unsichtbar machen wollen, greifen in ähnlicher Weise auf Kunststoffoberflächen zurück. Sie sollen die Radarwellen in alle möglichen Richtungen streuen statt sie direkt zu reflektieren.

Und sie bauen die Wände von Schiffe oder Flugzeugen in einem eigentümlichen Winkel, was dazu führt, dass die Signale in eine andere Richtung abgestrahlt werden. Bei U-Booten kommt dieser Trick seltener zum Einsatz. Wichtiger ist hier die optimale Stromlinienform: Je besser das U-Boot gleitet, desto weniger Motorenlärm- und Hitze wird emittiert.

Indien Fregatte INS Sahyadri
Bei Tarnkappen-Schiffen ändern Konstrukteure den Winkel der Außenwände um Radarsignale abzufälschen.Bild: Imago/Zuma Press

Magnetismus vermeiden

In militärischen U-Booten kommen heutzutage praktisch nur nicht-magnetische Materialien wie Edelstahl oder Titan zum Einsatz. Das hat damit zu tun, dass viele Seeminen magnetische Zünder haben. Kommt ihnen ein Schiffskörper zu nahe, explodieren sie.

Ist das U-Boot aber nicht magnetisch, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es an einer Seemine unbeschadet vorbeigleiten kann. Dies ist auch von Vorteil, um anderen elektromagnetischen Detektoren zu entgehen.

Schallschluckende Materialien außen...

Was für Radarwellen gilt, gilt auch für Geräusche. Das wichtigste Instrument zum Absuchen des Meeresgrundes ist der Sonar, auch Echolot genannt. Es stößt einen Ton aus, der dann am Meeresboden reflektiert wird und zurückkommt. Je nachdem, wie lange das dauert und wie deutlich das Signal ist, kann das Sonargerät erkennen, wie tief das Wasser ist, und ob der Boden eher sedimenthaltig ist, bewachsen oder felsig.

Auch hier schluckt ein passendes Oberflächenmaterial einen Großteil des Sonar-Signals. Das U-Boot sieht dadurch vielleicht auf dem Bildschirm nur noch wie ein etwas diffuser Haufen Schlamm aus.

…und innen

Natürlich sollen die Feinde auch nicht hören können, was im U-Boot vor sich geht. Schon eine zuschlagende Luke oder ein klappernder Topf könnten das U-Boot verraten. Noch deutlicher sind Motoren- und Antriebsgeräusche.

Dafür wird im Innern eines U-Bootes alles, was irgendwie aufeinander schlagen könnte, gedämmt und mit Gummi abgepolstert. Es kommen nur die geräuschärmsten Motoren zum Einsatz und bei geheimer Tauchfahrt nur flüsterleise Elektromotoren.

Die gute Lärmdämmung erschwert es der Mannschaft dafür aber auch, sich durch Klopfzeichen bemerkbar zu machen.

Möglichst wenig Hitze- und sonstige Strahlung

U-Boote sind auch durch die Wärme, die sie produzieren zu erkennen - etwa mit einer Infrarotkamera von einem Flugzeug aus. Daher versuchen die Konstrukteure, die Wärme der Motoren möglichst im U-Boot zu halten oder aber sie zumindest so gut gestreut wie irgend möglich abzuführen.

Es sollen auf jeden Fall keine Bereiche entstehen, in dem das Wasser besonders heiß austritt. Die wirksamste Maßnahme auch hier: hocheffiziente Motoren.

Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe können sich auch durch Elektromagnetische Wellen verraten, die sie selbst aussenden. Das gilt natürlich auch für U-Boote. Das können Funksignale sein aber auch sonstige Strahlung, die von elektrischen Geräten an Bord ausgeht: Eigene Radaranlagen, Computer, Motoren, Mobiltelefone, Waffensysteme und vieles mehr.

All diese Strahlungsquellen müssen am besten abgestellt sein oder . wo das nicht geht - zumindest so gut abgeschirmt wie möglich.

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen