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Politik

Hongkonger widersetzen sich Gedenkverbot

4. Juni 2020

Tausende Bürger Hongkongs haben sich mit Mahnwachen über das Verbot des Gedenkens an das Tian'anmen-Massaker vor 31 Jahren hinweggesetzt. Die Polizei reagiert zum Teil mit Pfefferspray und Festnahmen.

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Hongkong | Gedenken an das Tian’anmen-Massaker
Bild: Getty Images/AFP/A. Wallace

In der ganzen Stadt zündeten die Menschen zum Einbruch der Dunkelheit Kerzen an und hielten kleine Mahnwachen ab, um an die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tian'anmen-Platz vor 31 Jahren zu erinnern. Tausende Hongkonger überwanden zudem die Sperren zum Victoria-Park, dem Ort der traditionellen Mahnwache.

Mit den Versammlungen trotzten die Einwohner der chinesischen Sonderverwaltungszone einem zuvor ausgesprochenen Gedenkverbot. Die Polizei hatte zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten die jährliche Andacht untersagt. Begründet wurde dies mit den Corona-Risiken - Viele Hongkonger sehen darin allerdings nur einen Vorwand.

Stimmung ohnehin aufgeheizt

"Ich komme seit 30 Jahren zu den Mahnwachen in den Park, doch dieses Jahr hat sie für mich besondere Bedeutung", sagte etwa ein 74-Jähriger im Victoria-Park. "Denn Hongkong durchlebt jetzt dieselbe Art der Repression durch dasselbe Regime, genau so wie damals in Peking".

Hongkong | Gedenken an das Tian’anmen-Massaker
Gedenken mit Abstand auf dem Victoria-Platz in HongkongBild: Reiuters/T. Siu

Unter den Menschen im Victoria-Park waren auch prominente Aktivisten der Demokratiebewegung, die seit Monaten gegen eine Aushöhlung von Hongkongs Sonderrechten durch Peking kämpfen. Vergangene Woche wurden die Proteste erneut angefacht, als Chinas Nationaler Volkskongress ein umstrittenes Sicherheitsgesetz beschloss. Wenige Stunden vor Beginn der Kerzenwachen verabschiedete das Parlament in Hongkong zudem ein von Peking unterstütztes Gesetz, das die chinesische Nationalhymne gegen Verunglimpfung schützen soll.

Um die Menschen zu zerstreuen, setzte die Polizei Medien zufolge zum Teil auch Pfefferspray ein. Im Einkaufsdistrikt Mongkok gab es zudem Festnahmen, weil Demonstranten Straßen blockiert hatten. Das teilten die Behörden selbst auf Twitter mit. Aktivisten widersprachen der Darstellung, und erklärten, friedliche Protestler seien plötzlich von Undercover-Polizisten angegriffen worden.  

Tian'anmen-Mütter fordern Aufklärung

In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen) in Peking für mehr Demokratie demonstrierten. Hunderte, nach einigen Schätzungen sogar mehr als tausend Menschen, wurden damals getötet. Viele weitere wurden verletzt und inhaftiert.

China 1989 Platz des Himmlischen Friedens Tian'anmen-Platz Pro-Demokratie Demonstranten vor brennendem Panzer in Peking
Pro-Demokratie-Demonstranten vor einem brennenden Panzer nahe des Tian'anmen-Platzes am 4.6.1989Bild: picture-alliance / dpa

In Festlandchina ist ein öffentliches Gedenken an die Opfer des Tian'anmen-Massakers seit jeher untersagt - auch 31 Jahre später ist das Thema in der Volksrepublik ein Tabu. Zum Jahrestag haben allerdings Angehörige der Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung eine gerechte Aufarbeitung des dunklen Kapitels gefordert. In einem offenen Brief an die Führung in Peking verlangten die "Mütter von Tian'anmen", die Archive zu öffnen und die Ereignisse zu erklären, die zum Tod ihrer Angehörigen geführt hatten. Das berichtete der US-Sender Radio Free Asia.

Kritik auch von der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte im Vorfeld der Mahnwachen ihr Bedauern über das Verbot der Kerzenandacht in Hongkong geäußert. Zugleich forderte die Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Bärbel Kofler, die Freilassung aller noch immer in China im Zusammenhang mit den Protesten von 1989 inhaftierten Menschen. Auch müsse die Volksrepublik generell die Menschenrechte und "grundlegenden Freiheiten aller Bürger" achten. Was vor 31 Jahren in Peking und vielen anderen Orten Chinas geschehen sei, "darf nicht vergessen werden und sich nicht wiederholen", erklärte Kofler weiter.

ie/uh (dpa, afp,rtr)

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