Technologie-Revolutionen im Sport
Laufschuhe mit Carbonsohle, Tragflächen beim Segeln, Aero-Equipment beim Radfahren - schon immer versuchen Sportler und Industrie, sich durch Verbesserungen am Material Vorteile zu verschaffen. Hier einige Beispiele.
Mit Wunderschuhen zu Wunderzeiten
Wieder ist es ein Schuh des US-Herstellers Nike, der die Welt der Läufer auf den Kopf stellt. Mit den Wunder-Spikes am Fuß pulverisieren einige Mittelstreckler derzeit ihre Bestzeiten. Hier läuft der Brite Ellio Giles vor dem Schweden Andreas Kramer bei einem Meeting in Polen. Abhängig vom Laufstil und der Bahn-Beschaffenheit können mithilfe der Carbonsohle mehrere Sekunden drin sein.
Carbon durchbricht die Schallmauer
Seit gut zwei Jahren dominieren Läufer*innen mit Nike-Schuhen die Marathonstrecke. In einem "Laborversuch" mit wechselnden Tempomachern und Begleitfahrzeug brach so der Kenianer Eliud Kipchoge 2019 die Zwei-Stunden-Schallmauer über die 42,195 Kilometer. Auch dank dicker Sohle und Carbon-Einlagen, die wie Federn wirken. Inzwischen haben fast alle namhaften Hersteller ähnliche Modelle im Sortiment.
Mehr Fliegen als Segeln
Spätestens seit der vielbeachteten Weltumsegelungs-Regatta Vendee Globe sind sie in aller Munde: die Foils - Tragflächen an den Seiten der Hochseeyachten. Mit ihrer Hilfe hebt sich der Rumpf bei höherer Geschwindigkeit aus dem Wasser, der Widerstand sinkt und das Tempo steigt. Neu ist diese Technologie nicht. Schon seit Jahrzehnten kommt sie z.B. bei Motor-Tragflächenbooten zum Einsatz.
Schlanke Taille für rasante Kurven
In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts mussten sich die alpinen Skirennsportler umstellen. Hieß es vorher "Länge läuft", so setzten jetzt die kurzen Carvingski mit ihrer starken Taillierung neue Maßstäbe. Kurvenfahren leichtgemacht, aber manchmal auch gefährlich, wenn der Ski verkantet. Nach einigen schweren, auch tödlichen Unfällen wurde deshalb die Taillenbreite reglementiert.
5000 Jahre und doch so aktuell
Als das Rad vor 5000 Jahren erfunden wurde, gab es nur Scheibenräder. Schwer, aus Holz. Dann wurden irgendwann die leichteren, stoßdämpfenden Speichen erfunden. Aus aerodynamischen Gründen aber setzen Radsportler und Triathleten im Zeitfahren seit den 80ern gerne auf diese Disk-Wheels. Im "normalen" Straßenrennen sind sie aber wegen ihrer Seitenwindanfälligkeit verboten.
Tour-Sieg dank Triathlon-Erfindung
1989 gewann Greg LeMond (l.) aus den USA die Tour de France durch seine Leistung im abschließenden Zeitfahren in Paris acht Sekunden vor dem Franzosen Laurent Fignon. Während Fignon auf einen damals klassischen Hörnchenlenker setzte, benutzte LeMond einen Aerolenker, den kurz zuvor Triathleten erfunden hatten - wahrscheinlich brachte genau das den entscheidenden Vorteil.
Ist Kohlefaser besser als Bio?
Auch im Para-Sport tobt eine Materialschlacht. Weitspringer Markus Rehm etwa springt mit seiner Carbonfeder, die seinen rechten Unterschenkel ersetzt, ab und kommt so auf Weiten, mit denen er auch bei den Nicht-Behinderten mithalten könnte. Über die Vergleichbarkeit der Leistungen streiten Experten. Rehm darf deshalb nicht bei "normalen" Meisterschaften gewertet werden.
Holz war gestern
"Den Schläger, den habe ich mir von Björn geborgt". Ein Kalauer aus den 70ern, als der Schwede Björn Borg der Tennis-Topstar schlechthin war. Mit langer blonder Mähne und Holz-Racket. Heute wollte niemand mehr mit diesem Equipment spielen. Erst kam Alu als Rahmen-Werkstoff, dann Composite-Materialien. Die Schlägerfläche wurde größer, und härtere Schläge möglich wie bei Superstar Rafael Nadal.
Wenn die Kufe den Schuh verlässt...
Der moderne Klappschlittschuh hat vor rund 20 Jahren das Eisschnelllaufen revolutioniert. Die Kuven sind vorne über ein Gelenk mit dem Schuh verbunden und können so länger vor dem Abdruck auf dem Eis bleiben. Die Muskulatur arbeitet effektiver. Vor allem in den Kurven bringt das große Vorteile. Allerdings ist viel Übung nötig, vor allem die schnellen Schritte am Start verlangen Akrobatik.
Einmal Hai und zurück
Von 2008 bis 2010 wurden die Weltrekorde im Schwimmen geradezu pulverisiert. Neuartige, Ganzkörperanzüge, einer Haihaut nachempfunden, verringerten den Wasserwiderstand und gaben zusätzlich ein wenig Auftrieb. Das passte den Puristen im Weltverband nicht. Sie wollten, dass der Schwimmsport bleibt wie er ist und für alle erschwinglich. Deshalb sind die Anzüge seit Anfang 2011 verboten.
Dank GFK in den dritten Stock
Stabhochsprung ist schon seit 1896 olympisch. Damals nutzten die Athleten noch Bambusstäbe. Die waren weder sehr flexibel noch besonders haltbar. So wurden sie erst von Aluminium und dann von Stahl abgelöst. Seit Anfang der 60er ist glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) das Mittel der Wahl - hochelastisch, leicht und doch stabil. So liegt der Weltrekord bei den Männern inzwischen bei 6,17 Meter.
Das Wunder von Bern - dank Grip im Regen?
Im Fußball spielt Material keine Rolle, denken Sie? Falsch! Schuhe mit Schraubstollen etwa gibt es erst seit Anfang der 50er-Jahre. Die Firma Adidas hat sie zur Serienreife entwickelt und die deutsche Nationalmannschaft damit ausgerüstet. Ein unschätzbarer Vorteil, besonders bei Regen. Vielleicht wäre der WM-Titel 1954 ohne den Fritz-Walter-Schuh bei Fritz-Walter-Wetter gar nicht möglich gewesen.
Wie Kleber an den Händen
Und auch die Torhüter profitieren von der technischen Entwicklung. Fing der spätere Weltmeister Sepp Maier (l.) 1967 das Leder noch mit bloßen Händen, saugen die Handschuhe seines Nachfolgers Manuel Neuer die Bälle wie klebrige Schwämme an. Ein Spiel ohne diese Hilfsmittel ist heute für keinen Torwart mehr denkbar.