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Teheran verschleppt Karrubi und Mussawi

28. Februar 2011

Die beiden führenden iranischen Oppositionspolitiker und ihre Ehefrauen sind an einen unbekannten Ort gebracht worden. Die USA schäumen und sprechen von einer organisierten Einschüchterungskampagne des Mullah-Regimes.

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Mirhossein Mussawi und Mehdi Karrubi (Foto: DW)
Die führenden Oppositionellen Mirhossein Mussawi (r.) und Mehdi Karrubi

Die iranischen Oppositionsführer Mehdi Karrubi und Mirhossein Mussawi sind nach Berichten von Menschenrechtsaktivisten aus ihren Häusern weggebracht worden. Die beiden Männer, die seit zwei Wochen faktisch unter Hausarrest standen, seien in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit ihren Ehefrauen in ein Haus nahe der Hauptstadt Teheran geschafft worden, berichtete die Menschenrechtsgruppe International Campaign for Human Rights in Iran. Sie seien jedoch nicht misshandelt worden, und bei ihrer neuen Bleibe handele es sich nicht um ein Gefängnis. Von offizieller Seite gab es keine Angaben zu ihrem Aufenthaltsort.

Zumindest die Verschleppung Karrubis wurde von der Opposition bestätigt. Wie deren Website Sahamnews.org am Montag (28.02.2011) unter Berufung auf eines der Kinder des Paares berichtete, wurden Karrubi und seine Frau bereits am vergangenen Donnerstag weggebracht. "Wir haben mit einem Nachbarn gesprochen, der gesehen hat, wie unser Vater und unsere Mutter aus dem Haus geholt wurden", zitierte die Website eines der Kinder, das namentlich aber nicht genannt wurde. Demnach hielten acht Fahrzeuge vor dem Haus der Karrubis in Teheran und fuhren wenige Minuten später mit ihnen an einen unbekannten Ort.

Gegen die iranische Führung gerichtete Proteste am 14. Februar in Teheran (Foto: AP)
Gegen die iranische Führung gerichtete Proteste am 14. Februar in TeheranBild: AP

USA: Organisierte Einschüchterungskampagne

Die US-Regierung verurteilte die Entführung als "organisierte Einschüchterungskampagne". Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Tommy Vietor, warf der Führung in Teheran eine "eklatante Verletzung der universellen Rechte seiner Bürger" vor. Zu der Einschüchterungskampagne gehöre die Festnahme von Politikern, Menschenrechtsaktivisten, Studentenführern, Journalisten und Bloggern. Auch verweigere die iranische Regierung ihren Bürgern weiterhin den Zugang zu Informationen, indem sie Satellitenübertragungen störe und Internetseiten blockiere. Vietor forderte sie daher auf, einen "aktiven Dialog der Bürger sowie Redefreiheit und Versammlungsfreiheit ohne Angst" zuzulassen.

Auch die Bundesregierung äußerte sich bestürzt. Regierungssprecher Steffen Seibert forderte Teheran auf, den Familien von Karrubi und Mussawi unverzüglich deren Aufenthaltsort zu nennen und den beiden Politikern die Möglichkeit zu geben, sich durch Anwälte vertreten zu lassen. "Solche Einschüchterungsmaßnahmen verletzen nach unserer festen Überzeugung - nach Überzeugung der internationalen Staatengemeinschaft - die fundamentalen Menschen- und Bürgerrechte."

Karrubi und Mussawi führten im Juni 2009 die Proteste gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad an. Bei den ersten großen Demonstrationen im Iran seit der Wahl am 14. Februar - angeregt durch die Aufstände in Tunesien und Ägypten - waren zwei Menschen erschossen worden. Eine Mehrheit der iranischen Parlamentarier verlangte daraufhin die Todesstrafe für die beiden Oppositionellen wegen "Volksverhetzung".

Aufruf zu neuen Protesten

Der frühere iranische Präsident Chatami (Foto: dpa)
Ist gegen die Isolation der Oppositionspolitiker: Der iranische Ex-Präsident ChatamiBild: picture-alliance / dpa

Eine Website der Opposition rief für Dienstag zu Protesten gegen die Behandlung der Oppositionspolitiker durch die Staatsmacht auf. Mussawi wird am Dienstag 69 Jahre alt. Weitere Proteste sind für den 15. März geplant. Auf mehreren Facebook-Seiten wurde zudem dazu aufgerufen, jeden Dienstag zu Protesten auf die Straße zu gehen.

Erst am Wochenende hatte der ehemalige iranische Präsident und Reformpolitiker Mohammad Chatami die Isolation von Mussawi und Karrubi als taktischen Fehler bezeichnet. Dieses Verhalten der Behörden könne die Opposition weiter radikalisieren, warnte Chatami.

Autor: Stephan Stickelmann (afp, dpad, dpa, rtr)
Redaktion: Nicole Scherschun