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Teherans Argumente

Peter Philipp20. Februar 2006

Das Atomprogramm des Iran gehört zu den strittigsten Themen der internationalen Politik. Die Argumente liegen auf dem Tisch - und man ist sich lediglich einig, dass man sich nicht einig ist. Peter Philipp kommentiert.

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Peter Philipp

Das Argument der iranischen Führung, man brauche Atomkraft, um die Zukunft der iranischen Energieversorgung sicherzustellen, stößt regelmäßig auf spontane Skepsis: Das Land mit den viertgrößten Erdölvorkommen der Welt und dem zweigrößten Vorrat an Erdgas soll sich Sorgen machen um Energie? Das könne doch nur ein Vorwand sein und das wahre Motiv des iranischen Strebens nach atomarem Know-how könne doch nur der Absicht entspringen, möglichst bald Atomwaffen zu entwickeln und herzustellen. Eine Überzeugung, die sich längst schon in Israel und den USA, nun aber auch in Frankreich und anderen europäischen Staaten durchgesetzt hat. Und das, obwohl man in all diesen Ländern sich längst schon den Kopf darüber zerbricht, wie man sich aus der wachsenden Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas retten kann.

Dass man solche Überlegungen auch im Iran anstellen sollte, hat vor dem Hintergrund des Reichtums an fossilen Brennstoffen andere Gründe: Öl und Gas sind die wichtigsten Einnahmequellen des Iran. Um das 70-Millionen-Land zu entwickeln, ist man auf die Einnahmen aus der Petrochemie angewiesen und es liegt auf der Hand, dass man dabei möglichst sparsam mit den wertvollen Ressourcen umgehen will.

Wachsender Energiebedarf

Zumindest, wenn es um die Inlandsversorgung geht. Der Iran entwickelt sich und dazu gehört wachsender Energiebedarf. Bei Strom und – mehr noch – bei Benzin: Die längst überfällige Erneuerung der einst recht vorsintflutlich anmutenden Flotte von Personenwagen hat bereits einen absurden Engpass offen gelegt: Der Iran verfügt nicht über ausreichend Raffinerie-Kapazitäten und muss Benzin importieren. Der Trend ist klar und er wird nicht mehr umzukehren sein. Und die Suche nach Alternativen wird dadurch förmlich zwingend.

Und es ist nicht überraschend, dass man im Iran auf ähnliche Ideen kommt wie in Indien, China oder auch in politischen Kreisen Deutschlands: Eine Alternative für Öl und Gas könnte Atomkraft sein. Nun werden auch im Iran Taxis nicht mit Atomkraft betrieben werden, aber der Öl- und Gas-Verbrauch bei der Herstellung von Strom und in der Industrie könnte durch Atomkraftwerke doch drastisch reduziert werden. Und damit würden Ressourcen für den Export frei – deren Einkünfte wiederum der Entwicklung des Landes zugute kämen (von der Bereicherung der Teheraner Führung einmal abgesehen).

Unterstützt von den USA

Der Einsatz von Atomkraft war schon zu Zeiten des Schahs ein Zukunftstraum des Iran. Unterstützt damals von den USA, die Teheran den ersten Forschungsreaktor lieferten. In die Regierungszeit des Schahs fällt auch der Baubeginn des großen Atomreaktors von Bushehr am Persischen Golf, maßgeblich unter Führung deutscher Firmen. Nach der Revolution 1979 wurden die Deutschen abgezogen und die Mullahs zeigten jahrelang kein Interesse an Atomkraft. Als dieses Interesse erwachte, war der Westen nicht bereit zu helfen. Die Sowjets sprangen willigst ein und russische Techniker haben Bushehr fast fertig gestellt. Moskau hat auch Verträge zum Bau eines ganzen Dutzends von Reaktoren abgeschlossen.

Die schlechte Erfahrung mit Bushehr ist ein wichtiges Argument für Teheran, sich unabhängig machen zu wollen vom Ausland. Ein Argument, das umso mehr Gewicht bekommt, als der Iran selbst über Uran verfügt und deswegen durchaus in der Lage sein könnte, den ganzen atomaren Kreislauf in eigener Regie zu beherrschen.