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Terrorismus als Symptom

6. Januar 2010

Seit der Jemen in den Schlagzeilen ist, bemüht sich die Regierung darum, Erfolge im Anti-Terror-Kampf zu zeigen. Wie sich das bemerkbar macht? Dazu Felix Eikenberg von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Sana'a im Gespräch.

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Felix Eikenberg (Foto: Felix Eikenberg)
Felix Eikenberg, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Sana'aBild: Felix Eikenberg

Deutsche Welle: Durch den versuchten Anschlag auf ein amerikanisches Flugzeug ist der Jemen als Rückzugsgebiet für Terroristen ins Blickfeld geraten. Wie macht sich das bemerkbar?

Felix Eikenberg: Das macht sich weniger bemerkbar als man vielleicht erwartet, wenn man nur die westlichen Medien verfolgt. Hier im Jemen ist das nur ein Thema unter anderen und im Alltag merkt man davon eigentlich kaum etwas.

Es gibt ja auch Meldungen, dass die Regierungstruppen gegen El Kaida vorgeht. Macht sich das bemerkbar?

Seit dem 17. Dezember 2009, als ein erster Luftschlag gegen El-Kaida-Kämpfer stattfand, hat die Regierung ihre Bemühungen intensiviert. In verschiedenen Landesteilen werden El Kaida Kämpfer festgenommen oder getötet. Sie werden verstärkt verfolgt in den letzten Wochen. Davon bekommt man in Sana'a allerdings im Alltag nicht viel mit, da die Festnahmen meistens außerhalb der Hauptstadt stattfinden.

Sie sagten, dass der Terrorismus nur eines der Themen ist, das die Jemeniten beschäftigt. Ist der Terrorismus denn das größte Problem?

Ich denke nicht. Es ist neben dem Krieg im Norden des Landes zwischen den Rebellen und der Regierung, neben der Separatismus-Bewegung im Süden und der Wirtschaftskrise nur ein Problem. Und man sollte ihn eher als ein Symptom für die schlechte Lage in diesem Land verstehen, für die grundsätzlichen Probleme, die hier herrschen. Der Jemen ist ein schwacher Staat mit einer großen Ressourcenknappheit.

Militäroffensive gegen Rebellen im Nordjemen (Foto: AP)
Immer wieder geht die jemenitische Regierung gegen die Houthi-Rebellen im Nordjemen vorBild: AP

Es wird immer wieder von einem gescheiteren Staat gesprochen - glauben Sie, dass der Jemen wirklich darauf zusteuert?

Der Jemen ist noch kein gescheiterter Staat, aber es spricht einiges dafür, dass er geradewegs darauf zusteuert. Wir haben einen schwachen Staat, der parallele Herrschaftsstrukturen zulässt: Bewaffnete Stämme können einfach ganze Regionen kontrollieren. Wir haben eine Regierung, die teilweise im Land nicht mehr als legitim angesehen wird und der Krise im Land auch immer weniger Herr wird. Außerdem leidet der Jemen unter einer korrupten und bürokratischen Verwaltung und einer krisenhaften Wirtschaftslage. Die Aussichten sind also eher schlecht.

Woran liegt es denn, dass der Staat die Stämme nicht unter Kontrolle hat?

Der Jemen ist ein Land, der nie eine starke Zentralregierung hatte. Die Stämme und auch bestimmte Regionen waren immer sehr darauf bedacht ihre Unanhängigkeit zu bewahren. Die Regierung hat die Stämme auch oft instrumentalisiert, sie mal benutzt und mal gegeneinander ausgespielt.

Was können denn Europa und die USA dafür tun, dass der Jemen sich stabilisiert?

Die USA und Europa sollten nicht den Fehler machen kurzfristige Sicherheitsinteressen in den Vordergrund zu stellen. Die langfristigen Herausforderungen sind das, was angegangen werden muss, um auch langfristig Erfolg beim Kampf gegen den Terror zu haben. Die Europäer und die US-Amerikaner sollten den Jemen dabei unterstützen die Armut zu bekämpfen, die Wirtschaft anzukurbeln und ihnen auch Unterstützung beim Kampf gegen den Terror zukommen zu lassen. Aber sie müssen auch Druck auf die jemenitische Regierung ausüben, damit diese endlich ihre geplanten Reformen einführt. Es ist wichtig, dass Europa und die USA sich mit den Nachbarstaaten, insbesondere der Regionalmacht Saudi-Arabien, abspricht.

Felix Eikenberg ist Leiter des Büros der Friedrich-Ebert Stiftung in Sana'a / Jemen.

Das Gespräch führte Anne Allmeling

Redaktion: Diana Hodali