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Datentransfer in die USA

8. Juli 2010

Das Europaparlament hat einem neuen Bankdatentransferabkommen mit den USA mit großer Mehrheit zugestimmt. Doch Kritiker haben nach wie vor schwere datenrechtliche Bedenken.

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Person mit montiertem CIA-Ausweis betrachtet den Inhalt eines Bankschließfachs (Foto: DW-Montage/picture-alliance/dpa)
Geht es den USA nur um Terrorabwehr, fragen sich einige AbgeordneteBild: DW-Montage/picture-alliance/dpa

Das SWIFT-Abkommen über eine Bankdatenübertragung in die USA hat eine lange und konfliktreiche Vorgeschichte: Im Februar 2010 hatte das Europaparlament ein Interimsabkommen abgelehnt: Abgeordnete aller Fraktionen vermissten darin wesentliche Datenschutzbestimmungen. Daraufhin wurde eine neue Fassung erstellt - mit der der Berichterstatter Alexander Alvaro von den Liberalen nun zufrieden ist. "Ich möchte vor allem denjenigen, die Sorge haben, dass ihre persönlichen Bankdaten, Mietzahlungen, sonstige Überweisungen in die USA übertragen werden, diese Sorge nehmen." Weder der Datentransfer innerhalb eines Landes noch der größte Teil des innereuropäischen Bankverkehrs würden erfasst. "Was übrigbleibt, sind Daten von der Europäischen Union an Drittstaaten", sagte er am Donnerstag (08.07.2010) nach der Abstimmung.

Zufrieden ist auch EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Am Beispiel des SWIFT-Abkommens hat sie gemerkt, wie selbstbewusst das Parlament seit dem Lissabon-Vertrag seinen Einfluss geltend macht. Das gute Zusammenspiel zwischen den Institutionen habe es erlaubt, "in Rekordzeit ein Abkommen auszuhandeln, das ein hohes Maß an Datenschutz gewährleistet, und gleichzeitig eine Terrorabwehr aufrechterhält, die hilft, Menschenleben in Europa, den USA und darüber hinaus zu schützen."

Wie unabhängig ist Europol?

Grünenabgeordneter Jan Philipp Albrecht sitzt auf seinem Abgeordnetenstuhl, die Ellenbogen auf die Bank gelehnt, und schaut in die Kamera (Foto: DW)
Albrecht ist einer der jüngsten Abgeordneten in BrüsselBild: DW

Zu den Verbesserungen gegenüber dem Interimsabkommen gehört, dass EU-Bürger bei einer nationalen Datenschutzbehörde Auskunft über die Verwendung ihrer Daten verlangen können. Außerdem soll die europäische Polizeibehörde Europol prüfen, ob ein Terrorverdacht begründet ist, bevor Daten ausgetauscht werden.

Dem Grünenabgeordneten Jan Philipp Albrecht reicht das nicht. Ihn stört nicht nur die große Datenmenge, auf die die US-Behörden weiterhin Zugriff haben werden, sondern auch die lange Speicherdauer von fünf Jahren. Außerdem gebe es weiterhin "keine Überprüfung durch eine unabhängige Justizbehörde". Dass die europäische Polizeibehörde Europol Anfragen aus den USA genehmigen soll, sieht Albrecht kritisch: Denn Europol sei immerhin "selbst an Ermittlungsergebnissen interessiert". Damit kann sie in seinen Augen nicht als unabhängig gelten. Bedenken hätten auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, mehrere nationale Verfassungsgerichte und Datenschutzbeauftragte geäußert - jedoch vergeblich, ereifert sich Albrecht. Es sei gar nicht sicher, ob das Abkommen rechtens sei.

"Terrorismus darf kein Deckmantel sein"

Gebäude von Europol (Foto: picture-alliance/dpa)
Europol soll den Austausch kontrollierenBild: picture-alliance/ dpa

Die Kritik kommt nicht nur von Grünen und Linken, sondern auch von konservativer und euroskeptischer Seite. Gerard Batten von der UK Independence Party etwa misstraut den USA grundsätzlich. Die US-Behörden hätten "bereits gezeigt, dass sie sich einfach nach Gutdünken an solchen Daten bedienen". Er misstraut auch der EU: "Der Terrorismus muss bekämpft werden, aber er darf nicht als Deckmantel dienen, um Bürgern ihre Rechte und ihren Schutz zu nehmen." Andere Abgeordnete mutmaßen nach wie vor, den USA gehe es in Wirklichkeit um Industriespionage.

Doch die große Mehrheit im Parlament gab sich am Ende pragmatisch. Viele hätten zwar gerne weitere Verschärfungen durchgesetzt. Doch sie glaubten, mehr sei in den Verhandlungen nicht möglich gewesen, ohne die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terrorismus insgesamt zu gefährden. So kann das Abkommen am 1. August 2010 in Kraft treten. Es soll zunächst fünf Jahre gelten. In dieser Zeit will die EU ein eigenes Kontrollsystem aufbauen - damit würde sich ein weiteres Abkommen mit den USA erübrigen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn