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Terrorziel Deutschland?

31. Januar 2009

Deutschland entwickelt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Wahljahr 2009 zum wichtigsten Ziel für islamistische Terroristen.

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Drohung gegen Deutschland: Screenshot aus einem El Kaida-Video
Drohung gegen Deutschland:<br>Screenshot aus einem El Kaida-VideoBild: AP

Sicherheitsbehörden und Bundesinnenministerium sehen Deutschland vor der Bundestagswahl verstärkt im Fadenkreuz islamistischer Terroristen. "Wir müssen eine neue Qualität feststellen, die zeigt, dass Deutschland unter den Zielländern der Terroristen weiter nach vorne gerückt ist", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble der "Bild am Sonntag" (Ausgabe 1.2.2009) auch im Hinblick auf die jüngsten Internetvideos, in denen Deutschland vor allem wegen des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan konkret gedroht wird. Es sei allerdings nicht neu, dass islamistische Terrornetzwerke mit Anschlägen gegen Deutschland drohten.

"Parallele zu Spanien"

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU)
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU)Bild: picture-alliance/ dpa

Ähnlich wie in Spanien vor fünf Jahren könnte versucht werden, mit Anschlägen den Ausgang der Wahl zu beeinflussen, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, dem Magazin "Focus". "Wir stellen deutliche Parallelen zur Situation in Spanien fest." Kurz nach den verheerenden Terroranschlägen auf vier Madrider Pendlerzüge hatten 2004 in Spanien Wahlen zu einem Regierungswechsel geführt, in dessen Folge die spanischen Truppen aus dem Irak abgezogen wurden. Bei den Anschlägen waren 191 Menschen getötet und mehr als 1800 verletzt worden.

Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm nannte im "Hamburger Abendblatt" (Samstag) die Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags "außerordentlich hoch". Die jüngst verbreiteten Drohvideos belegten, "dass Anschläge gegen unser Land vorbereitet werden". Überlegungen, dass die Terrororganisation El Kaida auf die Bundestagswahl ziele und den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan erzwingen wolle, seien deshalb naheliegend. Die Erklärungen des Islamisten Bekkay Harrach in einem der Videos deuteten in diese Richtung, sagte Fromm.

Innenstaatssekretär August Hanning nannte das von El Kaida veröffentlichte Harrach-Video in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" "neu und beunruhigend". Harrach sei ein wichtiger Mann in der Terrororganisation und habe Zugang zu deren Führung. Deutschland sei unter den Zielländern der Terroristen "weit nach vorne gerückt".

"Nicht mehr unter ferner liefen"

Der Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Hartwig Möller, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Wir werden jetzt nicht mehr unter ferner liefen genannt, sondern stehen in einer Reihe mit anderen Ländern wie Amerika oder Großbritannien."

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Joerg Ziercke (2006)
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke (2006)Bild: AP

Der Terrorismusexperte Guido Steinberg sieht Deutschland sogar als das am meisten bedrohte Land. "El Kaida hat uns heute im Zielspektrum, mehr als die USA und Großbritannien, weil es Ansatzpunkte gibt, die Debatte über den Afghanistaneinsatz in Deutschland zu beeinflussen", sagte er dem Blatt. "Wenn es um die nächsten Monate geht, dann sind wir das Ziel Nummer eins."

Straftaten zugenommen

Nach Angaben des BKA hat die Zahl islamistisch motivierter Straftaten deutlich zugenommen. Laut "Focus" ermittelt die Wiesbadener Behörde in 160 Fällen, im vergangenen Jahr waren es noch 105. Seit dem 11. September 2001 starben einer BKA-Statistik zufolge 61 Deutsche im Ausland durch Anschläge militanter Islamisten. (sam)