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Politik

Testwahl für Trump in Alabama

11. Dezember 2017

Der erzkonservative Republikaner Roy Moore hat gute Chancen, an diesem Dienstag die Senatswahlen in Alabama zu gewinnen - trotz gravierender Vorwürfe wegen sexueller Belästigung. Aus Alabama Alexandra von Nahmen.

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USA Wahlkampf Alabama Roy Moore Unterstützer in Fairhope
Bild: Reuters/J. Bachman

Über der Bühne hängen leuchtende Lichterketten. An der Wand prangt eine riesige amerikanische Fahne. Viele Besucher, die sich an diesem lauen Dezemberabend in einer Party-Scheune in Fairhope, Alabama, versammeln, tragen einen "Roy Moore"-Button. Stolz und trotzig. Der umstrittene erzkonservative Ex-Richter, der für Alabama in den US-Senat einziehen will, ist ihr Kandidat.

Roy Moore hat sich in den vergangenen Wochen rar gemacht und den Wahlkampf größtenteils seinem Stab überlassen. Gleich mehrere Frauen werfen ihm vor, sie vor Jahrzehnten sexuell belästigt zu haben. Eine von ihnen sagte, sie sei erst 14 Jahre alt gewesen. Viele schmutzige Details werden in der Öffentlichkeit diskutiert. Anschuldigungen, die Moore stets zurückgewiesen hat, und die seine Anhänger für Lügen halten.

"Ihr seid Fake News!"

USA Wahlkampf Alabama Roy Moore in Fairhope
Kandidat Roy Moore - Schafft er für die Republikaner den Einzug in den Senat? Bild: Reuters/J. Bachma

"Ich kenne Roy seit 27 Jahren Jahren", sagt ein pensionierter Moore-Anhänger. "In dieser Zeit hat in seinem Verhalten nichts darauf hingedeutet, dass er zu so etwas in der Lage gewesen wäre. Man würde es doch merken!". Ein anderer Unterstützer pflichtet ihm bei: "Es ist doch kein Zufall, dass diese Frauen ihre Vorwürfe erst jetzt im Wahlkampf erheben. Warum haben sie so viele Jahrzehnte geschwiegen?"

Das sei alles eine Verschwörung, daran glauben sie hier. Eine Verschwörung, hinter der Moores Gegner stecken: die Demokratische Partei, seine Kritiker unter den Republikanern, vor allem aber die Medien. "Ihr seid alle Fake News", schmettert eine junge Frau in Fairhope der DW-Reporterin entgegen. "Ihr lügt!" 

Steve Bannon greift Establishment an

Es sind dieselben Sätze, die an diesem Abend von der Bühne kommen. Der prominenteste Redner ist Steve Bannon, der ehemalige Chefstratege von US-Präsident Donald Trump. Seine Worte werden von Zuhörern aufgesogen. Sie lieben seine Angriffe auf das Washingtoner Establishment und die Medien.

"Glaubt ihnen nicht", ruft Bannon, der wie so häufig in einer ausgebeulten khakifarbenen Jacke auftritt, den Zuhörern zu. "Sie wollen nur ihre Macht behalten; Euch mundtot machen." Die Party-Scheune in Fairhope tobt, und Bannon lächelt selbstzufrieden. Er hat dem politischen Establishment den Krieg erklärt und will mit Kandidaten wie dem Vertreter der religiösen Rechten, Roy Moore, die Republikanische Partei aufmischen.

USA Wahlkampf Alabama Roy Moore mit Steve Bannon in Fairhope
"Stargast" in Alabama: Steve Bannon unterstützt den konservativen Republikaner Roy Moore im WahlkampfBild: Reuters/J. Bachman

Republikanische Mehrheit wankt

Ein Demonstrant hat sich unter Moores Anhänger gemischt und skandiert lautstark: "No Moore!" Er wird von den Sheriffs hinausgeführt. Die Menge reagiert mit "U-S-A"-Rufen. Auch vor der Party-Scheune haben sich Protestierende versammelt. Für sie ist es unvorstellbar, dass ein Mann, der beschuldigt wird, Minderjährige belästigt zu haben, ihr Senator werden sollte.

Kurzfristig sah es so aus, als könnte im tief konservativen Alabama das Unglaubliche passieren: Der demokratische Kandidat Doug Jones holte in den Umfragen auf. Sogar einige Republikaner sprachen sich für Jones aus, der sich als Staatsanwalt bei einem Prozess gegen Anhänger des rassistischen Ku-Klux-Klans einen Namen gemacht hatte. Das republikanische Establishment in Washington stellte sich wegen des Missbrauchs-Skandals gegen Moore.

USA Wahlkampf Alabama Roy Moore Unterstützer in Fairhope
Evangelikal und radikal: Viele Anhänger von Roy Moore stehen dem säkularen Rechtsstaat skeptisch gegenüberBild: Reuters/J. Bachman

Gottesstaat Alabama?

Doch inzwischen führt der konservative Jurist wieder in den Umfragen, und hat die volle Unterstützung des US-Präsidenten. Donald Trump, der wegen der Vorwürfe zunächst geschwiegen hatte, rief seine Anhänger direkt dazu auf, für Moore zu stimmen. Er werde im Senat helfen, Trumps politische Agenda durchzusetzen. Mit einer knappen Mehrheit von 52 zu 48 Sitzen im Senat für die Republikaner gilt die Wahl in Alabama als enorm wichtig für beide Parteien.

Applaus brandet auf in der Party-Scheune in Fairhope, als Roy Moore die Bühne betritt. Der Evangelikale vertritt radikale Positionen. Er spricht sich gegen Muslime als Abgeordnete aus und für die Abschaffung des säkularen Rechtsstaates. "Er steht eben für christliche Werte. Und er ist gegen Abtreibung", sagt eine Frau im Publikum, die den Ex-Richter wählen wird.

Wähler mobilisieren

USA Wahlkampf Alabama Doug Jones in Huntsville
Der demokratische Kandidat Doug Jones setzt auf die Mobilisierung von Wählerstimmen in letzter MinuteBild: Reuters/M. Gentry

Moore selbst erklärt die Senatswahlen in Alabama zu einem Referendum über Trump. "Es ist die erste Senatswahl, seitdem Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde", sagt Moore. "Die Wahl wird zeigen, ob die Menschen in Alabama den Präsidenten und seine Agenda unterstützen, indem sie einen Kandidaten wählen, der nicht Teil des Washingtoner Establishments ist."

Nach seiner Rede verschwindet er rasch, ohne sich den Reporter-Fragen zu stellen. "Trumps Unterstützung hat ihm enorm geholfen", sagt ein republikanischer Abgeordneter in Alabama. "Jetzt geht es nur darum, dass möglichst viele Menschen zur Wahl gehen."

Aber auch der Demokrat Doug Jones will möglichst viele Anhänger mobilisieren: Er setzt vor allem auf das liberale Bürgertum in den Städten sowie auf die große Wählergruppe der Afroamerikaner, die in Alabama rund 26 Prozent der Bevölkerung stellen – und auf Unabhängige und gemäßigte Republikaner, die Roy Moore ablehnen. Ob es für einen Sieg der Demokraten reicht, ist angesichts der Umfrageergebnisse ungewiss. Aber noch nie in den letzten 20 Jahren waren die Chancen dafür so gut.

von Nahmen Alexandra Kommentarbild App
Alexandra von Nahmen Chefin des DW-Büros Brüssel, mit Fokus auf transatlantische Beziehungen, Sicherheitspolitik und NATO