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Prozess gegen Textildiscounter KiK

30. August 2016

Vier pakistanische Brandopfer verklagen den Textildiscounter KiK vor einem deutschen Gericht und bekommen nun Prozesskostenhilfe. Ein Novum in der deutschen Justiz-Geschichte.

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Pakistan Karachi Textilfabrik Brand Feuer
Der Fabrikbrand in Pakistan aus dem September 2012 hat nun ein gerichtliches Nachspiel in Deutschland.Bild: picture-alliance/dpa

Ein Großbrand in einer pakistanischen Textilfabrik hat nun ein gerichtliches Nachspiel in Deutschland. Das Landgericht Dortmund gewährt vier Brandopfern aus Pakistan Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen den Textildiscounter KiK. Das bestätigte ein Sprecher des Gerichts der Deutschen Welle.

Kläger wollen jeweils 30.000 Euro Schmerzensgeld

Hintergrund der Zivilklage ist ein Großbrand im September 2012. Damals waren in der Textilfabrik "Ali Enterprises" in der pakistanischen Stadt Karachi 260 Menschen ums Leben gekommen. Die Katastrophe gilt als der schwerste Industrieunfall in der Geschichte Pakistans. Zu den Unternehmen, die in der Fabrik unter anderem Jeans fertigen ließen, gehört der deutsche Textildiscounter "KiK Textilien und NonFood GmbH" aus Bönen bei Dortmund.

Die Opfer werfen dem Textildiscounter vor, seinen unternehmenseigenen Verhaltenskodex und die damit verbundenen Mindeststandards für Zulieferer ignoriert zu haben. In der Fabrik seien Notausgänge verschlossen und viele Fenster vergittert gewesen, so dass die Mitarbeiter vor dem Feuer nicht hätten fliehen können.

Mit dem Beschluss des Landgerichtes werden die vier pakistanischen Kläger finanziell unterstützt, um das Verfahren in Deutschland bezahlen zu können. Sie wollen von KiK je 30.000 Euro Schmerzensgeld einklagen. Damit kann das Hauptverfahren eröffnet werden.

Gericht holt Gutachten zu pakistanischem Recht ein

In einem weiteren Schritt wollen die Richter ein schriftliches Rechtsgutachten zum pakistanischen Recht einholen. "Es soll klären, ob und unter welchen genauen Anspruchsvoraussetzungen nach pakistanischem Recht eine Haftung der Beklagten gegenüber den Klägern gegeben sein könnte", heißt es in einer Erklärung des Landgerichts Dortmund. Nach Angaben eines Gerichtssprechers wird dieses Gutachten allerdings erst frühestens 2017 vorliegen.

Mit der Klage gegen KiK und der heutigen Entscheidung zugunsten der Brandopfer betritt das Landgericht juristisches Neuland. Nie zuvor haben ausländische Arbeiter eines Zulieferbetriebs einen deutschen Textilhändler vor einem deutschen Gericht verklagt. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" basieren die pakistanischen Gesetze weitgehend auf britischem Recht, das deutlich höhere Schadensersatzforderungen kennt als das deutsche Zivilrecht.

Eine Million für die Opfer

KiK hat bisher eine Million US­-Dollar an Hilfe für die Opfer zur Verfügung gestellt und will diese weiter unterstützen. Die Kläger werden von den Hilfsorganisationen ECCHR und Medico International unterstützt. Nach deren Angaben haben sich insgesamt 200 Familien zusammengeschlossen, um von KiK Schadenersatz zu fordern.

mas/cr (afp, sueddeutsche.de, spiegel.de, Landgericht Dortmund)