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Thüringer Bleikristall für den Scheich

Jana Wochnik-Sachtleben25. Dezember 2014

Paläste im Oman oder Dubai verschönern ihre Tische gern mit Gläsern, Schalen und Karaffen aus Bleikristall. Und die beziehen sie auch aus Thüringen. Jana Wochnik über die wechselvolle Geschichte von Arnstadt Kristall.

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Bleikristall
Bild: DW/J. Wochnik

Vorsichtig und hochkonzentriert führt Meistergraveur Thomas Holinski das Glas an die Graviermaschine. Jede Bewegung folgt dem gleichen Schwung. Ein Patzer und das Glas ist bestenfalls noch 2. Wahl. Aber die Qualität kann hier gar nicht hoch genug sein: Der Zabeelpalast in Dubai hat über 300 Gläser, Karaffen und Schalen bestellt. Mit feinem Schliff und Golddekor. Zum ersten Mal hat Scheich Mohammed Waren bei der Manufaktur "Arnstadt Kristall" bestellt. Doch hier ist man längst routiniert im Umgang mit Königshäusern und Palästen.

Meistergraveur Thomas Holinski beim Gravieren eines Glases
Meistergraveur Thomas Holinski beim Gravieren eines GlasesBild: DW/J. Wochnik

Exklusive Gläser für exklusive Gäste

Viele Sultanate, wie auch Oman oder Malaysia, haben bereits in dem Thüringer Familienunternehmen Gläser, Pokale und Vasen bestellt. Und das ist immer etwas besonderes, erzählt Geschäftsführer Christian Heller. "Fast immer werden die Gläser nur einmalig bei einem speziellen Anlass, wie Hochzeiten oder Feiern benutzt. Und je nach Wichtigkeit des Gastes wird in VIP-Table, high und low Table unterschieden." Die Gläser, die dann aus Arnstadt in den Mittleren Osten geliefert werden, sind diesen Tischen in ihren Kollektionen angepasst. "Für die VIP-Gäste sind es dann oft besonders exklusive und teure Bleikristallgläser", erzählt der 46-jährige weiter.

Bleikristall beim Gravieren
Gravieren verlangt eine ruhige HandBild: DW/J. Wochnik

Filigrane Schwergewichte

In über 50 Länder gehen die Bleikristall-Gefäße aus dem thüringischen Arnstadt. Geformt in den Glashütten, werden sie hier geschliffen, graviert, poliert. Diese Veredelung ist filigran und doch ein Kraftakt. Viele der Schalen und Vasen aus dem kräftigen Bleikristall wiegen mehrere Kilo. Davon weiß Veredler Frank Hofmann ein Lied zu singen: "Das ist schon ein mächtiges Gewicht, was wir da in den Händen halten. Da weiß man Abend schon, was man gemacht hat", sagt er lächelnd.

Veredler Thomas Hofmann beim Schleifen
Veredler Thomas Hofmann beim SchleifenBild: DW/J. Wochnik

Bleikristall als Statussymbol

Wuchtiges schweres buntes Glas, mit viel Schliff. Die Arnstadt Kristall GmbH trifft vor allem den Geschmack zahlungskräftiger Kunden im Mittleren Osten, in Asien oder im russischsprachigen Raum. Dort schätzt man das teure Bleikristall als Statussymbol, erzählt Geschäftsführer Heller. 85 Prozent des Umsatzes macht das Familienunternehmen so auch mit dem Export. Internationale Krisen oder wie aktuell die Folgen der Russland-Sanktionen machen sich deshalb beim Geschäft bemerkbar. "Noch in der ersten Jahreshälfte lief es ganz gut, aber jetzt führen wir schwierige Gespräche mit unseren russischen Kunden. Durch den Verfall des Rubels hat sich alles extrem verteuert und unser Absatz verschlechtert." Und der Chef des Unternehmens fürchtet, dass dieser Trend auch für das Jahr 2015 andauern wird. Das Russlandgeschäft macht immerhin 15 Prozent ihres Umsatzes aus.

Bleikristallgläser
Bleikristallgläser, fast fertig zum VersandBild: DW/J. Wochnik

Von der Massenproduktion hinterm Eisernen Vorhang in die Premiumklasse

Doch Christian Heller hat mit seinem Mitarbeiterteam schon ganz andere Hürden genommen. Sein Urgroßvater gründete die Firma 1947. In den 1970er Jahren wurde sie in der DDR verstaatlicht. Schon damals ging das Kristall ins Ausland, aber in hoher Stückzahl zu günstigen Preisen. Das war mit der Wende vorbei. 1996 kaufte sich die Familie von Christian Heller zurück in das Unternehmen. Ein neues Konzept musste her. "Wir wussten, wir können auf die enormen Fähigkeiten der Angestellten setzen, aber es war auch klar, dass wir mit der neuen Währung nicht mehr in den Mengen und zu den Preisen verkaufen können." Der Diplom-Kaufmann setzte deshalb auf Luxus und auf Kunden im Mittleren Osten, Asien und den GUS-Staaten, den früheren Sowjetrepubliken.

Schritt für Schritt arbeitete sich Arnstadt Kristall hier in die Premiumklasse. Auch jetzt steht die Manufaktur wieder in den Startlöchern für eine exklusive Produktion. Die Arnstädter warten auf das "o.k." für 6000 Gläser. Im Zabeelpalast in Dubai soll nämlich bald Hochzeit gefeiert werden. Auf den Tischen darf dann gern wieder Kristall aus Thüringen stehen.