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"Tod in schrecklichem Ausmaß" in Christchurch

23. Februar 2011

75 Tote, 300 Vermisste - das ist die Bilanz der Behörden einen Tag nach dem Erdbeben in Christchurch. Eine vorläufige - denn noch lässt der pazifische Feuergürtel Neuseelands zweitgrößte Stadt nicht in Frieden.

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Blick auf das zerstörte Canterbury-Television-Gebäude in Christchurch aus der Vogelperspektive (Foto: AP)
Das Canterbury-Television-Gebäude, wo noch rund 50 Verschüttete vermutet werdenBild: dapd

Einen Tag nach dem schweren Erdbeben in Neuseeland ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 75 gestiegen. Rund 300 Menschen werden noch vermisst, wie Ministerpräsident John Key am Mittwoch (23.02.2011) mitteilte. Etwa 120 Überlebende konnten bislang aus den Trümmern in der zweitgrößten Stadt Christchurch gerettet werden.

Die Rettungskräfte in Christchurch konzentrieren sich derzeit auf mindestens ein Dutzend eingestürzte oder schwer beschädigte Gebäude, wo noch mehr als 100 Verschüttete vermutet werden. Allein im Canterbury-Television-Gebäude sollen sich noch 50 Menschen unter den Trümmern befinden, darunter auch elf japanische Studenten. Allerdings befürchtet die Polizei das Schlimmste. "Wir glauben, dass es dort keine Überlebenschance gab", sagte Einsatzleiter David Lowry. Auch droht die teils ausgebrannte Ruine des Gebäudes einzustürzen, so dass die Helfer ihre Suche abbrechen mussten. Das 26-stöckige Grand Chancellor Hotel in der Nähe steht ebenfalls unter akuter Einsturzgefahr.

Rettung nach 22 Stunden

Blick auf das zerstörte Pyne-Gould-Guinness-Gebäude (Foto: AP)
Das Pyne-Gould-Guinness-GebäudeBild: dapd

Die neuseeländischen Behörden verhängten deshalb für Teile der Innenstadt von Christchurch eine nächtliche Ausgangssperre. Wer sich dort nach 18.30 Uhr Ortszeit noch auf der Straße aufhalte, werde festgenommen, kündigte die Polizei an. Wie lange die Sperre gelten soll, wurde nicht mitgeteilt.

Einen Lichtblick konnten die Helfer aus dem schwer beschädigten Pyne-Gould-Guinness-Gebäude melden: Eine Frau wurde nach mehr als 22 Stunden gerettet. Sie hatte sich unter einen Tisch gerettet, war dort aber eingeklemmt.

Das Beben war am Dienstagmittag passiert, als in der Innenstadt von Christchurch mit 390.000 Einwohnern Hochbetrieb herrschte. Immer wieder kommt es zu deutlich spürbaren Nachbeben. Regierungschef Key sprach von "Tod und Zerstörung in fürchterlichem Ausmaß" und rief den nationalen Notstand aus. Damit erhält das Amt für Zivilverteidigung weitreichende Befugnisse, um die Rettungsaktion mit Kräften aus dem ganzen Land zu koordinieren. Mehr als 400 Einsatzkräfte unterstützten die Suche, darunter Teams aus Australien, Singapur, Taiwan, den USA und Großbritannien.

Neuseeland im "Ring aus Feuer"

Rettungskräfte begutachten ein zerstörtes Haus in Christchurch (Foto: AP)
Immer wieder die Frage: Unter welchen Trümmern könnten Menschen überlebt haben?Bild: dapd

Mehrere tausend Einwohner von Christchurch suchten in Notunterkünften in Schulen und Mehrzweckhallen Zuflucht. Der am Dienstag geschlossene Flughafen wurde für Inlandsflüge inzwischen wieder geöffnet. Militärmaschinen flogen Urlauber in andere Städte.

Das Erdbeben der Stärke 6,3 war bereits das zweite größere in Christchurch innerhalb von fünf Monaten und das schwerste in Neuseeland seit 80 Jahren. Die Stadt ist seit einem Erdstoß der Stärke 7,1 im September vergangenen Jahres von hunderten Nachbeben erschüttert worden. Bei dem Beben entstand ein Milliardenschaden an mehreren hundert Gebäuden, und einige Menschen wurden verletzt. Ums Leben kam aber niemand.

Neuseeland liegt im pazifischen Feuergürtel - auch "Ring aus Feuer" genannt -, einer Zone reger Vulkantätigkeit. Dort ereignen sich etwa 90 Prozent aller Erdbeben weltweit. Jedes Jahr kommt es zu mehr als 14.000 Beben, von denen aber nur etwa 150 zu spüren sind. Weniger als zehn richten Schäden an. Beim schwersten Erdbeben in der Geschichte Neuseelands waren 1931 in Hawke's Bay auf der Nordinsel mindestens 256 Menschen ums Leben gekommen.

Nach dem Beben in Christchurch müssen sich die Versicherungen auf enorme Kosten gefasst machen. Mit umgerechnet rund 6,5 Milliarden Euro könnten die Schäden nach Expertenmeinung zu Buche schlagen. Die zu erwartenden Belastungen haben bereits Institute wie die Deutsche Bank und Credit Suisse dazu veranlasst, ihre Gewinnerwartungen für australische Versicherer um bis zu 32 Prozent zu senken.

Autor: Stephan Stickelmann (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Herbert Peckmann