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Tote bei Massenprotesten in Ägypten

26. Januar 2011

Die Volksrevolution in Tunesien hat die Menschen in der arabischen Welt aufgerüttelt. In Ägypten demonstrierten erstmals Tausende gegen die Regierung Mubarak. Bei massiven Ausschreitungen wurden mehrere Menschen getötet.

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Demonstranten errichten Straßensperre (Foto: AP)
Die Proteste in mindestens 16 Städten richteten sich gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und MenschenrechtsverletzungenBild: picture-alliance/dpa

Bis zum frühen Mittwochmorgen (26.01.2011) dauerten die Proteste in Ägypten an. Auf einem Platz im Herzen von Kairo trieben Sicherheitskräfte die Demonstranten in den Morgenstunden auseinander. Augenzeugen schilderten, viele Menschen seien blutüberströmt durch die Straßen der ägyptischen Hauptstadt gelaufen, andere seien bewusstlos zusammengebrochen. Dutzende Demonstranten wurden im ganzen Land festgenommen, wie die Organisatoren berichteten.

Schwerste Krawalle seit Jahren

Ägyptische Demonstranten treffen auf Sicherheitskräfte (Foto: AP)
Es war der 'Tag des Zorns'Bild: AP

Mehrere tausend Demonstranten hatten am Dienstag in ganz Ägypten gegen Präsident Husni Mubarak und dessen Politik protestiert. Allein in Kairo gingen nach ersten Schätzungen der Sicherheitskräfte bei verschiedenen Kundgebungen mehr als 15.000 Menschen auf die Straße. Wie Beobachter vor Ort berichteten, kam es dabei auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Diese soll Tränengas und Wasserwerfer gegen die Demonstranten eingesetzt haben. Augenzeugen sprachen von den schwersten Krawallen seit Jahren.

Auch in Alexandria, Assuan, Mansura und Ismailija sowie in weiteren Städten kam es zu Protestmärschen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen drei Demonstranten in der Hafenstadt Suez getötet, als die Polizei das Feuer auf die Protestierenden eröffnete. In Kairo erlag ein Polizist seinen Verletzungen, die er sich bei den Ausschreitungen zugezogen hatte.

USA spricht Mubaraks Regierung Vertrauen aus

Die USA forderten beide Seiten zu Ruhe und Gewaltverzicht auf und sprachen zugleich dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak ihr Vertrauen aus. Dessen Regierung sei "stabil" und tue ihr bestes, den Forderungen der Demonstranten entgegenzukommen, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton in Washington. Das autoritäre Regime in Ägypten zählt zu den wichtigsten Verbündeten der USA in der arabischen Welt.

Aufruf zur Demonstration mit Internet

"Revolution und Freiheit" - unter diesem Titel hatten ägyptische Oppositionsparteien und Menschenrechtsvereinigungen nach tunesischem Vorbild über das Internet zu den Protesten aufgerufen. Allein auf Facebook und Twitter hatten daraufhin mehr als 90.000 Menschen ihre Teilnahme an den Demonstrationen zugesagt. Die Proteste richteten sich nach Angaben der Organisatoren in erster Linie gegen die Korruption, Armut, Folter und Arbeitslosigkeit im Land. Einige Gruppen fordern zudem den Rücktritt des Präsidenten Mubarak und ein Ende des seit nahezu 30 Jahren geltenden Ausnahmezustands.

Steine werfender Demonstrant in Kairo (Foto: dpa)
Die Ausschreitungen dauerten bis in den MorgenBild: picture-alliance/dpa

Begleitet wurden die Proteste in Kairo von einem massiven Polizeiaufgebot. Ägyptens Innenminister Habib al-Adli hatte bereits im Vorfeld der Demonstrationen bis zu 30.000 Polizisten in der Stadt zusammengezogen, um das Zentrum zu sichern. Besonders rund um das Innenministerium und das Parlamentsgebäude war eine massive Polizeipräsenz zu beobachten. Al-Adli hatte vorab erklärt, dass die Sicherheitskräfte mit "entschlossenen Maßnahmen" gegen die Demonstranten vorgehen werde, sollten diese Eigentum zerstören oder die Sicherheit gefährden.

Jahrzehntelanger Ausnahmezustand

Demonstrant und Polizist in Kairo (Foto: AP)
Die Polizei ging massiv gegen die Demonstranten vorBild: AP

In Ägypten gilt seit fast drei Jahrzehnten der Ausnahmezustand. Politische Aktivisten werden nicht selten von der Staatssicherheit verfolgt und angeklagt. Zu groß angelegten Protestaktionen kam es in dieser Zeit nie. Obwohl viele Ägypter mit den Zielen der Regimekritiker durchaus sympathisieren, waren frühere Aktionen der Opposition meist im Sand verlaufen, da sich vor allem aus Angst vor Polizeigewalt stets nur eine kleine Minderheit aktiv an den Protesten beteiligte.

Autorin: Tanja Schmidt, Annamaria Sigrist (afp, ap, dpa, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer