1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Toursieg mit Ansage

Andreas van Hooven3. August 2002

Wie im Jahr 2001 gewann der Amerikaner Lance Armstrong überlegen die Tour de France. Im Fehlen seines Dauerrivalen Jan Ullrich sahen manche die Ursache für die geringe Spannung bei der 89. Auflage des Radsportklassikers.

https://p.dw.com/p/2Vxv
Lance ArmstrongBild: AP

Schon vor dem diesjährigen Start zur "Großen Schleife" durch Frankreich hieß die Frage, wer Lance Armstrong einen vierten Sieg beim bedeutendsten Straßenradrennen der Welt streitig machen könnte. Sonntag – bei Zielankunft der 20. und letzten Etappe auf den Champs-Élysées in Paris – besaß Armstrong über sieben Minuten Vorsprung auf den Zweiplatzierten, den Spanier Joseba Beloki. In den schweren Bergetappen der Alpen und Pyrenäen hatte Armstrong den deutlichen Vorsprung herausgefahren, ohne eine Schwäche zu zeigen.

Viele alte – wenig neue Gesichter

Nur der Kolumbianer Santiago Botero konnte den Amerikaner bei einem Schlussanstieg einer Bergetappe "abhängen". Doch der Zeitrückstand vom Gesamtzweiten (Joseba Beloki) auf Armstrong entspricht etwa dem des Vorjahres. Als der Sieg von Armstrong nahezu feststand, kam noch einmal Spannung auf. Im Einzelzeitfahren der vorletzten Etappe schickte sich der Gesamtdritte und "Neuentdeckung" dieser Tour Raimondas Rumsas an, Armstrong in seiner Paradedisziplin zu schlagen. Den ersten Streckenabschnitt zwischen Regnie-Durette und Macon fuhr der Litauer um 17 Sekunden schneller als der Mann vom US-Postal-Team.

Dopingverdacht gegen Rumsas

Neben physischer Ausdauer demonstrierte Armstrong aber auch taktische Meisterschaft. Er drosselte sein Tempo im bergigen Anfangsstück des Zeitfahrens und sparte Kraft. Rumsas brach ein und verlor fast eine Minute, sowie den Etappensieg an Armstrong. Seit Montag (29.07.02) steht der Litauer nun unter Dopingverdacht. Seine Gattin wurde am Vortag in Chamonix mit verdächtigen Substanzen verhaftet. Rumsas Arbeitgeber Lampre supendierte den 30-Jährigen darauf.

Unbelastet blieben hingegen die Blicke der Radsportwelt auf das Sprint-Duell zwischen Australiens Robby McEwen und dem sechsmaligen Gewinner des Grünen Trikots, Erik Zabel. Der Fahrer vom Team Telekom attestierte dem neuen "Spinter-König" die höchste Endgeschwindigkeit dieser Saison und musste das "Maillot Vert" in Paris McEwen überlassen. Zu den starken Sprintern zählte McEwen auch schon im Jahr 2001.

Rückkehr der Gedopten

Auch das Thema Doping erregte ähnlich wenig Aufsehen wie zur letztjährigen Tour, die lediglich einen Dopingfall verzeichnete. "99 Prozent der Fahrer sind sauber", urteilte denn auch Hein Verbrueggen als Präsident des Weltradsportverbandes. Und tatsächlich wiesen die knapp 400 Dopingkontrollen der 89. Tour keine Einnahme verbotener Substanzen nach.

Jeder Zehnte der Fahrer besitzt jedoch eine Dopingvergangenheit. Dario Frigo in Cluses, Richard Virenque auf dem Mount Ventoux, Santiago Botero in Lorient und Les Deux Alpes: Als Etappensieger bei der 89. Tour de France kehrten prominente Radprofis mit Dopingvergangenheit erfolgreich in den Radsport zurück.

Vergangene Doping-Skandale wie 1998 bei der Tour und im Mai 2002 beim italienischen Giro d'Italia werfen aber Schatten auf die nächste Tour voraus. Die Fahrer-Gehälter sinken erstmalig, da Sponsoren abspringen. Das finanzstärkste und größte Team in der Radwelt, das italienische Team Mapei, löst sich Ende des Jahres auf und entlässt 42 Fahrer. In Belgien fusionieren die Rennställe von Domo – für den der Franzose Virenque fährt – und das Team Lotto, weil sich die Sponsoren Farm Frites und Adecco zurückziehen. Auch verändert sich die Landschaft im Radsport, weil erfolgreiche Profis bei der Tour ihren Abschied aus dem Rennsport bekanntgaben.

Abschied vor dem Hundertjährigen

"Altmeister" und Publikumsliebling Laurent Jalabert konnte ein letztes Mal das begehrte Trikot des besten Bergfahrers auf den Champs-Élysée führen. Er will aufhören. Armstrongs einstiger "Edelhelfer" Kevin Livingston stellt das Rad der Familie zuliebe beiseite. Und Italiens Sprinter Nr. 1 "Supermario" Cipollini, inzwischen 35-jährig und bislang Erik Zabels härtester Sprinter-Konkurrent, fühlt sich zu müde. In diesem Jahr wurde seine Acqua Sapone-Mannschaft nach Dopingverdächtigungen nicht zur Tour zugelassen.

Jan Ullrich ist gesperrt. Es kursieren Spekulationen über einen Wechsel zum Tiscali-Team von Bjarne Riis, den Ullrich 1996 zum Toursieg "zog". Wenn die Tour de France am 1. Juli 2003 ihr hundertjähriges Bestehen feiert, könnte der "Rennzirkus" neu aufgestellt sein. Bei entsprechender Gesundheit wird Lance Armstrong seinen fünften Toursieg erringen wollen, was ihn endgültig in den Rang von Tourlegenden wie Eddy Merckx oder Miguel Indurain erheben könnte. Auch sie waren ähnlich überlegen.