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Literatur

Traduki: nachhaltiger Literaturaustausch

30. September 2018

Seit zehn Jahren unterstützt das Übersetzernetzwerk Traduki die Veröffentlichung von Literatur vom Balkan. Uber 900 Bücher wurden bisher mit seiner Unterstützung übersetzt - und dabei wurden neue Maßstäbe gesetzt.

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Jubiläum zehn Jahre Übersetzernetzwerk Traduki
Ohne Traduki wäre Franz Kafka nicht in serbischer, albanischer oder kroatischer Sprache erschienenBild: DW/A. Shuka

Fragt man den neuen kosovarischen Botschafter in Berlin, Beqë Cufaj, was er an dem Übersetzernetzwerk Traduki schätzt, dann antwortet er prompt: "Das ist das beste nachhaltige kulturelle Projekt auf dem Balkan seit dem Mauerfall." Als Schriftsteller kam Cufaj selbst in den Genuss der Förderung durch Traduki. So wurde die Übersetzung seines letzten Romans project@party - vom preisgekrönten Übersetzer Joachim Röhm ins Deutsche übertragen - auch von Traduki bezuschusst.

Es ist ein Zuschuss, der das nicht gerade üppige Honorar für Übersetzer in den deutschsprachigen Ländern erhöht und so auch die Entscheidungen der Verlage erleichtert, Werke aus weniger verbreiteten Sprachen auf den Markt zu bringen,. Der Literaturaustausch findet zwischen den Balkanländer untereinander statt, aber auch mit Deutschland, der Schweiz, Österreich und Liechtenstein.

Stark durch Verträge

Für die Übersetzer vom Balkan ist der Zuschuss von Traduki das einzige Honorar, das sie bekommen. "Es ist doppelt oder dreimal so hoch als der Marktpreis für Literaturübersetzer in Albanien", erklärt Ana Kove aus Tirana. Mit Unterstützung von Traduki konnte sie Paul Celans "Mohn und Gedächtnis" und Herta Müllers "Herztier" ins Albanische übertragen. "Die vertragliche Zuverlässigkeit von Traduki hat mich sehr beeindruckt. Für den Übersetzer und die Verlage von nichtkommerzieller Literatur ist Traduki eine große Unterstützung, eine einmalige Erfahrung", sagt Kove.

Traduki heisst auf Esperanto Übersetzung, und der Name ist Programm. Das Projekt wurde vor zehn Jahren auf Initiative der S. Fischer-Stiftung als Public-Private-Partnership ins Leben gerufen. Die Übersetzung in den Mittelpunkt zu stellen, ist das Hauptanliegen des Netzwerkes. "Bei uns können sich zwar Verlage bewerben, aber wir schließen Verträge sowohl mit Verlagen als auch mit Übersetzern ab", erklärt Hana Stojic, Projektleiterin von Traduki.

Hana Stojic, Traduki Projektleiterin im DW Interview
Hana Stojic: Die Übersetzung in den Mittelpunkt stellenBild: DW/A. Shuka

"Sobald die Übersetzung bewilligt und die Probeübersetzung positiv begutachtet wurde, bekommt der Übersetzer ein Drittel des Honorars überwiesen. Den Rest erhält er, wenn das übersetzte Manuskript von Traduki-Gutachtern abgenommen wurde." Darüber hinaus legt Traduki großen Wert darauf, dass der Name der Übersetzerin oder des Übersetzers auf dem Einband erscheint, und vertritt die Rechte der Übersetzung für die ersten fünf Jahre nach der Veröffentlichung. Danach gehören die Rechte dem Übersetzer.

Vorbildfunktion in der Region

Ana Kove, Schriftstellerin
Ana Kove: Möglichkeit in Ruhe zu arbeitenBild: privat

Über 900 Bücher hat das Netzwerk bisher auf diese Art gefördert, mehr als 800 der Förderungen gingen an Übersetzungen in die Sprachen Südosteuropas. Sie haben nicht nur dazu beigetragen, dass in diesen Ländern mehr anspruchsvolle Bücher und Übersetzungen auf den Markt kommen, sondern auch die Stellung des Übersetzers gegenüber den Verlagen enorm gestärkt, wie Mimoza Hysa, Leiterin der Buchabteilung beim albanischen Kultusministerium in Tirana hervorhebt.

Die Italienisch-Übersetzerin erinnert sich an die Zeiten vor Traduki, als gar keine Verträge mit den Übersetzern abgeschlossen wurden. Übersetzer bekamen Aufträge nur mündlich erteilt. "Bei den geförderten Übersetzungen ging so häufig etwas verloren", erklärt Hysa. "Viele Verlage haben bei den Förderern höhere Honorare für die Übersetzung angegeben, als sie tatsächlich bezahlt haben."  Das albanische Kulturministerium habe deshalb für seine Übersetzungsförderungen die Prozedur von Traduki übernommen und schließt Verträge ebenfalls direkt mit den Übersetzern ab. Mittlerweile bieten aber auch einige namhafte Verlage den Übersetzern Verträge an.

Traduki selbst wird von den Beiträgen seiner Mitglieder finanziert. Vor zehn Jahren waren es nur vier Länder, die in den Traduki-Topf eingezahlt haben: Deutschland, Österreich, Schweiz und Slowenien. Inzwischen haben sich dem Netzwerk immer mehr Länder und Institutionen angeschlossen, die regelmäßig Mitgliederbeiträge zahlen und als vollwertige Mitglieder agieren.

Hinzugekommen sind Kroatien, Albanien, Rumänien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Liechtenstein. "Gefördert werden die Länder des Balkans auch ohne Mitgliedschaft; aber wir freuen uns besonders, wenn sie sich freiwillig melden und Beiträge zahlen wollen", sagt Antje Contius, Mitbegründerin von Traduki und Geschäftsführerin der S. Fischer-Stiftung, die von Berlin aus die Aktivitäten von Traduki koordiniert.

Widerstand wegen Kosovo

Für Antje Contius sind es die vielen Begegnungen zwischen Literaten, Übersetzern und Akteuren der Buchpolitik, die auch durch zahlreiche Vertretungen in der Region ermöglicht werden, der schönste Nebeneffekt von Traduki. Höhepunkt  dieser Begegnungen bildet die Leipziger Buchmesse mit vielen Veranstaltungen und dem Publikumsmagneten, der Balkannacht.

Deutschland Leipziger Buchmesse Traduki
Begegnungen auf der Leipziger Buchmesse: Die Kultusminister aus Albanien, Mazedonien und MontenegroBild: DW/A. Shuka

Bald wird auch Bulgarien dem Netzwerk beitreten. Dann fehlen nur noch zwei Balkanländer in dem Netzwerk. Bosnien-Herzegovina und Kosovo. Prishtina versuche seit Jahren Mitglieder zu werden, die Bemühungen scheitern aber bisher am Widerstand aus Serbien. Belgrad weigert sich seine frühere Provinz Kosovo als einen unabhängigen Staat anzuerkennen, sagt Antje Contius.

Nur wenige Schritte von ihrem Berliner Büro entfernt befindet sich die Botschaft von Kosovo. Der neue Hausherr möchte sich mit dieser Situation nicht zufrieden geben. Kosovo als Mitglied von Traduki zu sehen, steht für den Traduki-Begeisterten Beqe Cufaj ganz oben auf der Prioritätenliste.