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KAIPTC: Trainingscenter für Friedenssicherung

29. Juni 2010

In vielen Staaten Afrikas stehen Friedenstruppen zwischen den Fronten verfeindeter Gruppen. Im Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre in Accra werden sie auf ihre Aufgabe vorbereitet - mit deutscher Hilfe.

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Blauhelm in Sierra Leone und Zivilbevölkerung
Üben für Friedenseinsätze, wie hier in Sierra LeoneBild: AP

Gespannte Stille senkt sich über das Auditorium. Eindringliche Szenen eines Dokumentarfilms über den Bürgerkrieg in Sierra Leone flimmern über die Leinwand. Mit dieser Einstimmung beginnt ein zweiwöchiges Vorbereitungsseminar für 90 Polizeioffiziere aus mehreren afrikanischen Staaten. Im Rahmen der United Nations African Union Hybrid Mission in Darfur, kurz UNAMID, sollen sie im sudanesischen Darfur eingesetzt werden. Im Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre (KAIPTC) am Rande der ghanaischen Hauptstadt Accra werden sie auf ihre Aufgabe vorbereitet. Zu den Dozenten gehört Fanny Aboadje. Die junge Polizistin aus Ghana weiß wovon sie spricht. Sie war bereits eineinhalb Jahre in Darfur stationiert.

Kofi Annan International Peacekeeping Centre KAIPTC in Accra, Ghana, Leiter der Trainingsabteilung Oberst Leo Hirschmann, aufgenommen im Mai 2010. Copyright: DW/Matthias von Hein.
Leiter der Trainingsabteilung: Oberst Leo HirschmannBild: DW

Der Einsatz von Lehrkräften mit Erfahrungen im Einsatzgebiet hat Methode, erläutert Oberst Leo Hirschmann. Seit Anfang 2010 leitet der großgewachsene Fallschirmjäger die Trainingsabteilung des Zentrums. "Der ideale Aufbau ist der, dass wir einen Studenten, einen Trainingsteilnehmer, der hier für einen Einsatz vorbereitet wird, danach ins Zielgebiet schicken. Und wenn er zurückkommt, er uns dann als so genannter 'Facilitator' zur Verfügung steht." Die noch frischen Eindrücke und Erfahrungen sollen möglichst unmittelbar an die Lehrgangsteilnehmer weitergegeben werden.

Das Auditorium heißt Gerhard-Schröder-Halle

Kofi Annan International Peacekeeping Centre KAIPTC in Accra, Ghana, aufgenommen im Mai 2010. Copyright: DW/Matthias von Hein.
Das Kofi Annan International Peacekeeping Centre in GhanaBild: DW

Deutschland hat maßgeblich am Aufbau des KAIPTC mitgewirkt und ist zurzeit dessen größter Geldgeber. Gut zehn Millionen Euro hat Deutschland in das Zentrum bislang investiert. Als das KAIPTC im Januar 2004 eingeweiht wurde, geschah das in Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Deshalb trägt das Auditorium auch seinen Namen: Gerhard-Schröder-Halle. Fünf Fußballfelder groß ist das Gelände in Sichtweite des atlantischen Ozeans. Zweistöckige blau gestrichene Gebäude glänzen in der tropischen Sonne. Die Anlage mit ihren gepflegten Rasenflächen wirkt wie eine Mischung aus Seminarzentrum und Kaserne. Die Ausstattung ist vorbildlich; sie reicht von schnellen Computern über eine erstklassige Kantine bis hin zu einem Kraftraum, in dem man schon morgens um halb fünf schwitzen kann.

Rund 170 Trainings mit knapp 6000 Teilnehmern aus über 70 Staaten wurden am KAIPTC bislang durchgeführt. Bei den zweiwöchigen Vorbereitungskursen für die Polizeikräfte gehören unter anderem Menschenrechte, der Schutz von Frauen und auch medizinische Grundkenntnisse zum Lernstoff. Daneben stehen praktische Übungen auf dem Stundenplan: Rollenspiele, Übungsszenarien, Fahrtraining. Dabei geht es nicht allein um den Umgang mit Straßensperren oder Überfällen: 80 Prozent der Unglücksfälle bei Friedensmissionen ereignen sich im Straßenverkehr. Vor allem aber müssen die Polizisten verstehen, dass für die meisten Flüchtlinge jede Art von Uniform mit Leid verbunden ist. Das ist jedenfalls die Erfahrung von Amadu Fofana. "Die Bevölkerung hat jedes Vertrauen in die Polizei verloren", erinnert sich der Dozent aus Mali an seine zwei Jahre in Darfur.

Angst vor Uniformen

Kofi Annan International Peacekeeping Centre KAIPTC in Accra, Ghana, aufgenommen im Mai 2010. Die meisten Dozenten haben bereits selbst im Einsatzgebiet gedient. Copyright: DW/Matthias von Hein.
Die meisten Dozenten waren selbst im Einsatz.Bild: DW

Im Obergeschoss des Vorlesungsgebäudes läuft derweil ein Verhandlungskurs. 30 Teilnehmer aus allen Teilen Afrikas, von den verschiedensten Friedenmissionen, lauschen gebannt ihrem Lehrer. Entwickelt hat diesen Kurs die Forschungsabteilung des KAIPTC. Von der Forschungsabteilung gehen zudem wesentliche Impulse aus für den neben der Friedenssicherung zweiten Arm des KAIPTC: Die Konfliktprävention.

Neben dem KAIPTC gibt es auf dem afrikanischen Kontinent sechs weitere Peacekeeping Training Centres. Ghana beteiligt sich schon seit den 1960er Jahren an Friedensmissionen. Um die Erfahrungen aus vier Jahrzehnten zu bündeln, wurde 1998 der Aufbau des örtlichen Peacekeeping Training Centres beschlossen. Ein beträchtlicher Teil der ghanaischen Armee befindet sich im Ausland bei Friedenseinsätzen. Das hat auch materielle Gründe. Bei den Soldaten und auch Polizeioffizieren selbst sind diese Einsätze ausgesprochen beliebt. Denn der Sold bei den Blauhelmen ist um ein Vielfaches höher als beim einfachen Dienst in der Heimat.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Beatrix Beuthner, Carolin Hebig