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Mauritius wird grün

22. Februar 2010

Mauritius - die grüne Insel mit den weißen Stränden im Indischen Ozean. Der Luxustourismus boomt und mit ihm die Anzahl der Autos, der Strom- und Wasserverbrauch. Nun soll die grüne Insel von innen "grün" werden.

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Strand auf Mauritius (Foto: DW)
Die perfekte Strandidylle ist in GefahrBild: DW

Es sind hunderte von Menschen, einheimische Großfamilien. Sie sitzen zwischen uralten Bussen im Schatten großer Pinien auf dem Strandparkplatz und picknicken. Vorne links schöpfen zwei Frauen dampfendes Curry aus einem Topf, zwanzig Bongospieler recken ihre Plastikteller. Ein Mofa-Verkäufer knattert heran: Die Kinder springen auf, bei ihm gibt’s für ein paar Cent eingelegte Litschis und in Fett gebackene Teigtaschen, alles abgefüllt in Tüten.

Die Überbleibsel des Strandausflugs: eine Müllhalde

Strandbesucher vor Bus (Foto: DW)
Jedes Wochenende kommen hunderte von Menschen an die Strände...Bild: DW

Am späten Nachmittag leert sich der Strand, die Busse tuckern qualmend davon. Was bleibt: Plastikbecher, Teller, Flaschen. Stinkende Fleischreste, Alufolie, Tüten - alles malerisch verteilt auf dem Rasen.

Ein paar hundert Meter weiter am Surf-Strand. Hier ist bis spät abends etwas los, vor allem rund um den Imbisswagen von Cyrill de Robillard. Der ältere Sunnyboy mit angegrautem Haar schaut mit blitzenden Augen über die Schlange: quengelnde Kinder, braungebrannte Surfer, Frauen in knappen Bikinis.

"Hier gibt's die besten Paninis der Insel", sagt ein deutscher Surfer und schnappt sich sein Brötchen. Die Paninis werden übrigens nur in einer Serviette serviert, ganz ohne Alu und Plastik. Eine hellhäutige Frau schlendert heran, sie trägt eine langärmlige Bluse, die braune Lockenmähne hat sie zusammengebunden. Es ist Gaby, die Frau des Panini-Manns, eine Deutsche. "Ich denke mal, dass Mauritius wirklich auf dem Weg zur umweltfreundlichen Insel ist. Umweltschutz ist in den letzten Jahren immer mehr zum Thema geworden", sagt sie. Dann zeigt Gaby lachend auf die grünen Fässer am Strand. Es sind Mülleimer. Noch vor ein paar Jahren gab es die hier noch gar nicht.

"Stand und Natur sind das Kapital der Insel"

Müll am Strand von Mauritius (Foto: DW)
...und lassen ihren Müll zurückBild: DW

Rings um den Imbiss ist der Strand penibel sauber. Das sei ihm wichtig, meint Cyrill, der Verkäufer. Schließlich seien der Strand und die Natur das Kapital der Insel. Und das versucht er seinen Landsleuten vorzuleben. Gaby und ihr mauritianischer Mann Cyrill sind in Sachen Umweltschutz so etwas wie Pioniere auf der Insel.

"Wir haben schon seit zehn Jahren unsere Solarzellen. Als Deutsche ist man ja schon umweltbewusster aufgewachsen, für mich war das gar kein Thema. Wir haben für unseren Drei-Personen-Haushalt 1500 Euro für die komplette Installation bezahlt."

Solaranlagen für die meisten zu teuer

Umweltschützerin Gaby de Robillar (Foto: DW)
Umweltschützerin Gaby de Robillar hat seit 10 Jahren Solarzellen auf dem Dach ihres HausesBild: DW

In Europa würde man dafür gut das Zehnfache zahlen. Immer wieder, erzählt Gaby, würden sie von Bekannten und Verwandten auf die Solarzellen angesprochen. Die meisten seien sehr interessiert. Und trotzdem würden sie keine Anlage installieren; sie könnten es sich schlicht nicht leisten.

Ein Durchschnitts-Mauritianer verdient gerade einmal 250 Euro im Monat. Dennoch glitzern inzwischen auf vielen Häusern kleine Solarzellen. Die Regierung hat sie verteilt - umsonst, genau wie Energiesparlampen. Auch dass es nun keine gratis Plastiktüten mehr im Supermarkt oder kein bleihaltiges Benzin mehr gebe, sei ein Fortschritt, meint Gaby.

Kinder unterrichten ihre Eltern

Aber der Schlüssel zum Umweltschutz sei die Bildung. "Kinder in der Schule lernen heute: ‚Müll gehört in den Abfalleimer’. Und das bringen sie auch ihren Eltern bei." Und viele Eltern lernen praktischen Umweltschutz auch auf der Arbeit, denn ein Großteil der Mauritianer arbeitet im Hotelgewerbe. Auch Gabys Arbeitsplatz liegt fünf Autominuten vom Strand entfernt im Hotel Paradis, einem 5-Sterne-Haus am Fuße des Mont Brabant, dem Weltkulturerbe-Berg.

Schon aus der Ferne sieht man die Solarzellen auf den Villen und den saftig-grünen Golfplatz. Der braucht viel Wasser, wobei das meiste wiederaufbereitetes Abwasser vom Hotel ist. Oder entsalzenes Meerwasser: Über 800 Kubikmeter Wasser gewinnt das Hotel täglich mit seiner Entsalzungsanlage, es war eine der ersten der Insel. Das Hotel Paradis gehört zur mauritianischen Beachcombergruppe, die auch international bekannt für Umweltmaßnahmen ist und damit auch wirbt. Das "grüne Label" verkauft gerade bei Gästen aus Europa gut. Ist grün hier vor allem Imagepflege?

Umweltschutz zur Image-Kosmetik?

"Nein, das glaube ich nicht", sagt Gaby, die Umweltpionierin. "Ich glaube schon, dass da Umweltbewusstsein dahinter steckt. Aber die Hotels haben auch einfach mehr finanzielle Mittel", meint Gaby und verschwindet im Hotel-Golfshop, ihrem Arbeitsplatz.

Ein paar Kilometer westlich, im Örtchen Bel Ombre steht eine weitere 5-Sterne-Anlage, das Le Telfair Hotel: Weiße Villen im Kolonialstil, rund 400 Euro kostet hier die Nacht. 30 Grad hat es draußen, gefühlte zehn Grad herrschen drinnen im Büro von Yves Wencker. Er ist der General Manager, ein Holländer mit lässigem Hemd und genauso lässigem Grinsen. Das Grinsen allerdings verschwindet beim Stichwort Umweltmaßnahmen ziemlich schnell.

"Es ist neu, dass Mauritius von ‚durable tourism’ spricht", erklärt er. "Wir haben einiges in Planung für nächstes Jahr. Aber Öko ist eben nicht billig. Man sollte viel mehr tun."

Umweltauflagen für Hotels

Strand mit Hotelanlage (Foto: DW)
Hotels wie diese 5-Sterne-Tempel müssen ab jetzt Umweltauflagen befolgenBild: DW

Er plant zumindest in Solaranlagen und Wasserrecycling zu investieren. Das allerdings nicht ganz freiwillig, denn die Regierung macht den Hotels Druck: Solarzellen und Wasser-Sparmaßnahmen sind seit kurzem ein Muss. Dabei ist das Telfair gerade einmal fünf Jahre alt. Warum man da nicht gleich Solarzellen eingebaut hat? "Gute Frage. Ich habe darauf keine Antwort", sagt der General-Manager und zuckt etwas verlegen mit den Achseln. Und dann sagt Yves Wencker genau das, was man bei jedem Gespräch auf Mauritius zum Thema Umweltschutz hört: "Einzelne Projekte sind schon da. Aber das umzusetzen dauert eben." Der Schlüssel sei die Erziehung, die Bildung, die Sensibilisierung der jungen Leute, meint er. Und wenn die ihre Eltern dazu bringen, nach dem Strand-Picknick wenigstens den Müll in den Abfalleimer zu tun, dann wäre das schon ein erster Schritt.

Autorin: Miriam Klaussner

Redaktion: Katrin Ogunsade