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Trump gegen alle - alle gegen Trump?

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Henrik Böhme
2. Juni 2018

Es geht los mit dem transatlantischen Handelskrieg. Und eines ist klar: Donald Trump wird auch weiter keine Ruhe geben. Seine Gegner müssten sich verbünden. Doch danach sieht es nicht aus, meint Henrik Böhme.

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Donald Trump
Bild: Getty Images/AFP/N. Kamm

Er werde erst Ruhe geben, wenn kein Mercedes mehr auf der Fifth Avenue in New York rollt. Stimmt dieser Satz von Donald Trump, den die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf Diplomaten kolportiert, dann sollte auch dem Letzten klar werden: Der Mann zieht das durch. Er schlägt um sich, er legt sich mit allen und allem an. Die Krisenherde dieser Welt - ob Naher Osten, Syrien, Iran, Nordkorea - überall hat Mr. Präsident seine Finger im Spiel. Für all diese Krisenherde bräuchte er im besten Fall Verbündete. Die aber verprellt er, einen nach dem anderen.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

America first wird zu America alone 

Aber zurück zum Handelskrieg. Denn eigentlich haben wir es ja schon immer geahnt: Die ganzen Mercedes-Autos auf der Fifth Avenue in New York könnten tatsächlich ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA sein. Auch wenn Trumps Handelsminister Wilbur Ross noch ein paar Wochen Zeit hat, das zu überprüfen: Er wird zu genau diesem Ergebnis kommen. Denn auch der aus Europa importierte Stahl und das Aluminium sind ein solches Risiko. Sonst könnte Donald Trump ja nicht einfach Strafzölle nach Gutdünken verhängen, einfach so am Kongress vorbei.

Aber jetzt mal im Ernst: Wenn seine Landsleute doch Mercedes fahren wollen oder Porsche oder Audi: Will Trump ihnen das verbieten? Und wenn die Europäer dann doch endlich die Zölle auf US-Autoimporte senken (die in der Tat viel höher sind als in die umgekehrte Richtung) - aber die Leute hier dann doch keine US-Schlitten kaufen wollen, ja was dann? Darf dann nur noch in die USA einreisen, wer einen Vermerk im Pass hat: Fährt Chevrolet!? Aber weil ja in Deutschland gerade so heftig über Fahrverbote debattiert wird: Vielleicht wäre das eine Idee, um Donald Trump zu besänftigen: Ein Fahrverbot für Mercedes auf der Fifth Avenue?

Noch ist die Lage beherrschbar

Natürlich ist die Aufregung jetzt groß, weil die Amerikaner ernst machen. Es wird gewarnt und geschimpft, und natürlich weiß man nicht, was als nächstes kommt. Aber nur mal soviel zur Einordnung: Strafzölle auf europäischen Stahl, das ist nichts Neues. Das hat auch schon George Bush versucht zu Beginn des neuen Jahrtausends - und ist damit krachend gescheitert. Und weil sich der Eindruck aufdrängt, das ab sofort der transatlantische Handel komplett zum Erliegen kommt: Es geht im Moment um gerade mal anderthalb Prozent des Handelsvolumens zwischen Europa und den USA. Die ersten Reaktionen von europäischen Stahlherstellern zeigen ja auch: Die Lage ist beherrschbar, auch mit den Zöllen obendrauf.

Aber nun gut: Die Strafzölle gelten, und an der europäischen Vergeltung wird gebastelt. An der Gegen-Vergeltung mit Sicherheit auch. Das ist das Gefährliche an der Lage: dieses Hochschaukeln. Es braucht klare Antworten, klare Positionen. Europa müsste mit einer Stimme sprechen. Macht es aber nicht. Der Exportriese Deutschland, weil aller Voraussicht nach am meisten betroffen, schert sich nicht um Brüssel, sondern zieht seine eigene Linie durch. Nicht wenige Europäer wären nicht böse, wenn die ungeliebten Deutschen (Hallo Italien, wir hören euch!) mal eins auf den Deckel bekämen. Die Chinesen könnten ein neuer Partner werden, haben aber genug mit ihrem eigenen Handelskrieg mit den Amerikanern zu tun. Auch das wird eine Folge sein: noch mehr "Made in China" auf den vergleichsweise offenen Markt Europa, weil Amerika weniger davon will. Was wird Europa tun? Höhere Einfuhrzölle auf chinesische Produkte?

Alles keine schönen Aussichten       

Natürlich wäre es gut, wenn sich alle zusammentäten, die unter der sprunghaften Politik des US-Präsidenten leiden. Nur eben sieht es genau danach nicht aus. Jeder wird für sich versuchen, den Schaden für sich so gering wie möglich zu halten. Jetzt wäre eigentlich die große Stunde der Welthandelsorganisation, aber die kämpft ja gerade selbst ums Überleben. Die WTO steht wie viele internationalen Organisationen für Multilateralismus, Trump aber steht für das genaue Gegenteil. WTO-Regeln interessieren ihn nicht. Nein, das ist nicht die Stunde des gemeinsamen Handelns, so nötig das wäre. Für den Moment kann die Devise nur heißen: Augen zu und durch. Wenn Donald Trump sein Werk vollendet hat, ist hoffentlich noch genug Substanz vorhanden, um etwas Neues aufzubauen.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58