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Politik

Trump wittert seine Chance

1. November 2016

Die nicht ausgestandene E-Mail-Affäre und neue Wikileaks-Enthüllungen stören Hillary Clintons Endspurt im US-Präsidentschaftswahlkampf empfindlich. Ihr Umfrage-Vorsprung auf Donald Trump schmilzt.

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Donald Trump international Hotel Washington USA
Bild: picture-alliance/dpa/E.Vucci

Nur noch eine Woche bis zur Präsidentschaftswahl in den USA - und Hillary Clinton kommt mit ihrer E-Mail-Affäre nicht aus den Schlagzeilen heraus. Während ihr Konkurrent Donald Trump weiter versucht, die Affäre für seine Zwecke auszuschlachten, bemüht sich das Clinton-Lager um Schadensbegrenzung. In jüngsten Umfragen musste Clinton Einbußen hinnehmen. Zuletzt wurden von Meinungsforschern mehr Bundesstaaten als noch Ende vergangener Woche als umkämpft eingestuft.

Politiker von Clintons Demokratischer Partei werfen FBI-Direktor James Comey, der Trumps Republikanern angehört, Einmischung in den Wahlkampf vor. Der Chef der Bundespolizei habe mit seinem "parteipolitisch motivierten Vorgehen" womöglich das Gesetz gebrochen, erklärte der Anführer der Demokraten im Senat, Harry Reid. Er bezog sich auf den "Hatch Act" - das Gesetz verbietet dem FBI ausdrücklich eine Wahlbeeinflussung.

"Ein einmaliger Vorgang"

Comey hatte am vergangenen Freitag in einem Schreiben an führende Kongressmitglieder erklärt, es seien neue Mails aufgetaucht, die in einem Zusammenhang mit früheren Ermittlungen in Clintons E-Mail-Affäre stehen könnten. Der Schritt des FBI-Chefs war ein Bruch mit der langjährigen Praxis, kurz vor Wahlen keine Informationen über Ermittlungen zu veröffentlichen, die sich auf das Wahlergebnis auswirken könnten. Comey setzte sich damit wohl auch über den ausdrücklichen Wunsch seiner Chefin, Justizministerin Loretta Lynch, hinweg. Clinton sprach von einem "bisher einmaligen" und "besorgniserregenden Vorgang".

James Comey (Foto: picture-alliance/AP)
James Comey: Wollte er aktiv den Wahlkampf beeinflussen?Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Matthews

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte, er wolle Comey "weder verteidigen noch kritisieren". Präsident Barack Obama sei jedoch nicht der Auffassung, dass der FBI-Chef seine Position für politische Zwecke ausnutzen wollte. Allerdings werde Obama im Wahlkampf weiter auf der Seite seiner früheren Außenministerin Clinton stehen, stellte Earnest klar. Auch er verwies auf die "alte Tradition" der Ermittlungsbehörden, wonach zu laufenden Untersuchungen möglichst nichts publik gemacht werden solle - was politische Beobachter durchaus als indirekte Kritik am FBI-Direktor interpretierten.

Clinton wiegelt ab, Trump warnt

Im Mittelpunkt der E-Mail-Affäre steht die Frage, ob Clinton während ihrer Zeit als Außenministerin (2009 bis 2013) durch die Nutzung eines privaten Servers für dienstliche Korrespondenz die Sicherheit der Nation gefährdet hat - etwa weil geheime Nachrichten über das möglicherweise hackeranfällige System verschickt wurden. Das FBI ermittelte bereits, es kam aber nicht zu einer Anklage. Comey bescheinigte Clinton im Sommer zwar extreme Sorglosigkeit, aber kein kriminelles Verhalten.

Bei einem Auftritt im umkämpften Bundesstaat Ohio zeigte sich Clinton abermals davon überzeugt, dass die kürzlich aufgetauchten Mails keine neuen Erkenntnisse liefern würden. Sie sei sich sicher, dass das FBI zu "der gleichen Schlussfolgerung" gelangen werde wie bei den vorherigen Untersuchungen. Pikant: Die Mails waren auf einem Laptop gefunden worden, der von Clintons enger Vertrauter Huma Abedin und deren Noch-Ehemann Anthony Weiner genutzt wurde. Gegen den Ex-Kongressabgeordneten Weiner ermittelt das FBI wegen mutmaßlicher Sex-Botschaften an eine 15-Jährige.

Für den Fall seines Wahlsieges hat Trump angekündigt, einen Sonderermittler auf Clinton anzusetzen; in einer der TV-Debatten drohte er ihr sogar mit Gefängnis. Bei Wahlkampfauftritten am Montag warnte der Republikaner vor einer "Verfassungskrise", sollte Clinton die Wahl gewinnen. Sie wäre eine Präsidentin, der lange Ermittlungen "und wahrscheinlich ein Strafprozess" drohten, meinte Trump. 

Und schon wieder Wikileaks

Unterdessen wird Clintons Wahlkampf-Endspurt von neuen Enthüllungen der Internet-Plattform Wikileaks belastet. Dort wurden vertrauliche E-Mails von Parteistrategen veröffentlicht, die den Verdacht nahelegen, dass Clinton bei TV-Debatten im Vorwahlkampf vorab über anstehende Fragen informiert worden sein könnte. Nach Bekanntwerden der neuen gehackten E-Mails trennte sich der Sender CNN umgehend von der prominenten Politikanalystin Donna Brazile, die die Fragen vorab an Clintons Team weitergeleitet haben soll. 

Donna Brazile (Foto: picture alliance/AP)
Donna Brazile: War sie Clintons Informantin?Bild: picture alliance/AP Photo/P. Sancya

Im konkreten Fall geht es um E-Mails, welche die damalige CNN-Mitarbeiterin Brazile an Clintons Wahlkampfchef John Podesta und andere Kampagnenmanager geschrieben hat. Sie nehmen Bezug auf bevorstehende TV-Debatten, die von CNN ausgerichtet wurden und in denen sich Clinton und ihr damaliger parteiinterner Gegner Bernie Sanders gegenüberstanden. Die Mails lassen den Schluss zu, dass Brazile der Kandidatin einen Vorteil gegenüber Sanders verschaffen wollte. 

Brazile ist eines der bekanntesten Gesichter aus dem Parteiapparat der US-Demokraten. Seit Juli ist sie sogar kommissarische Parteivorsitzende, nachdem die vorherige Chefin ihren Posten - ebenfalls wegen Wikileaks-Enthüllungen - aufgegeben hatte. Seit einigen Monaten hatte Brazile ihren Vertrag mit CNN ruhen lassen und war nicht mehr als Analystin aufgetreten.

Trump hatte im Wahlkampf immer wieder den Vorwurf erhoben, Clinton sei vorab über Fragen in TV-Debatten informiert worden - Belege hatte er dafür aber nicht vorgelegt.

wa/se (afp, dpa, rtr)