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Politik

Trumps Dekrete "rechtswidrig und dumm"

17. Februar 2017

Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty kritisiert im DW-Interview das Vorgehen der Trump-Regierung. Die nationale Sicherheitslage, die Menschenrechte und die Aufnahme von Flüchtlingen seien eng verknüpft.

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USA Amerika protestiert gegen den Einreiseverbot für Muslime Virginia
Bild: Getty Images/AFP/P. J. Richards

Deutsche Welle: Der neue US-Verteidigungsminister James Mattis hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz über das NATO-Bündnis gesprochen und die Mitglieder dazu aufgerufen, ihren Teil zum Verteidigungsetat beizusteuern. Wie bewerten Sie das?

Salil Shetty: Jeder hier versucht herauszufinden, in welche Richtung sich die Trump-Regierung bewegen wird. Wenn man sich die Rhetorik während Trumps Wahlkampf anhört und sich die Dekrete ansieht, die er nach seinem Amtsantritt erlassen hat, haben wir große Befürchtungen. Natürlich haben wir in einigen Teilen der Welt Staatsoberhäupter, die Menschenrechte nicht respektieren. Wir hatten aber noch nie einen US-Präsidenten, der schamlos über den möglichen Nutzen von Folter gesprochen hat. Dazu hat er ein Dekret erlassen, das aus einem Einreisestopp für Muslime einen Einreisestopp für Flüchtlinge macht. 

Die Münchner Sicherheitskonferenz wurde als internationale Zusammenkunft von Militaristen kritisiert. Warum ist Amnesty International dort?

Es gibt eine Sache, die wir aus der Geschichte gelernt haben: Es geht nicht um die Frage: Menschenrechte oder Sicherheit. Es geht um Menschenrechte für mehr Sicherheit. Wenn man sich anschaut, was in Syrien, Burundi, Nigeria oder anderen großen Konflikten geschah, sind die Warnsignale eindeutig: Menschen protestieren, erheben ihre Stimme und stellen rechtmäßige Ansprüche. Daraufhin prasseln Repressionen auf sie nieder wie eine Tonne Steine und die Regierung nutzt das Militär oder die Sicherheitskräfte, um ernsthafte und authentische Stimmen aus der Bevölkerung zu zerschmettern.

"Die UN sind so stark wie ihre Mitglieder"

München Sicherheitskonferenz - Salil Shetty, Amnesty International (Foto: Reuters/M. Dalder)
Menschenrechte und Sicherheit: Amnesty-Generalsekretär Salil ShettyBild: Reuters/M. Dalder

Wenn Europa und die USA nur die Entscheidung zwischen Menschenrechten und Sicherheit zulassen, kann es nur Verlierer geben. Das ist unsere Botschaft an diese Konferenz und darum ist Amnesty International hier vertreten.

Wenn Sie auf die Rolle der Vereinten Nationen schauen, sieht es so aus, dass sie bei großen Krisen wie auf der Krim oder in Syrien versagt haben. Sind die UN noch relevant?

Die UN bleiben das einzige multilaterale Gremium auf globaler Ebene, das einen gewissen Grad an Einfluss und Legitimität hat. Aber es kann nur so stark sein, wie seine Mitglieder das auch erlauben. Wir müssen abwarten, wie sich die fünf ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat verhalten werden. Die USA könnten ihre Position bei so vielen Themen dramatisch verändern. Einige der ständigen fünf Sitze im Sicherheitsrat unterstützen die Menschenrechte traditionell, aber jetzt schwanken sie.

Denken Sie beispielsweise an den Einreisestopp für Flüchtlinge, den die Trump-Regierung eingesetzt hat. Ich habe mich mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres in der vergangenen Woche getroffen. Und ich denke, dass es an der Zeit ist, dass wir uns für die Werte, für die die UN gegründet wurden, erheben und die Vereinten Nationen unterstützen. Wir müssen diesen Kampf für Menschenrechte kämpfen.

"Flüchtlinge haben Rechte"

Deutschland setzt sich als Staat immer auf der Weltbühne durch. Welche Rolle sollte Deutschland Ihrer Meinung nach spielen?

Deutschland und Kanada haben bereits in der Flüchtlingsfrage gezeigt, dass es auf die Führung ankommt. Auf der einen Seite gibt es Staatsoberhäupter wie Trump in den USA oder Orban in Ungarn oder Duterte auf den Philippinen, die die Öffentlichkeit in die Irre führen und behaupten, dass der einzige Weg zu Sicherheit und Entwicklung sei, die Menschenrechte zu missachten. Auf der anderen Seite gibt es Angela Merkel und Justin Trudeau, die sagen, dass zu ihren Werten zählt, Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist der Satz, den wir immer wieder wiederholen: Flüchtlinge haben Rechte und wir müssen diese Rechte schützen. Diese Menschen werden verfolgt. Sie flüchten vor Krieg und Verfolgung. Wir müssen sie aufnehmen. Das sind unsere Werte. Das ist es, wofür die Welt steht.

USA UN-Sicherheitsrat in New York
Kampf um Werte: Der Sicherheitsrat der Vereinten NationenBild: picture-alliance/dpa/EPA/J. Szenes

Was ist Amnestys Botschaft an die Trump-Regierung?

Der Aufnahmestopp von Flüchtlingen und die mögliche Anwendung von Folter sind rechtswidrig. Es ist in dem Sinne unrechtmäßig, gegen die US-Verfassung und es ist gegen internationales Recht. Es ist auch unmenschlich. Denken Sie an die Menschen in Somalia, die in die USA vor Folter und Verfolgung geflüchtet sind und jetzt in einem Schwebezustand stecken. Es ist moralisch falsch und unmenschlich. Und schließlich ist es dumm, weil meiner Ansicht nach der Extremismus aufblüht, wenn wir Menschen abschieben.

Salil Shetty ist seit 2009 Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Zuvor leitete er das Millenium-Programm der Vereinten Nationen.

Das Gespräch führte Phil Gayle.

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